Drecksspiel: Thriller (German Edition)
Sie herausgefunden?«
Oh, David hatte eine Menge herausgefunden. Doch die Dinge, die Shirin ihren Eltern offenbar schon seit vielen Wochen vorenthalten hatte, waren nur Heimlichkeiten, mit denen ein Teenager sich von seinem strengen Elternhaus abzunabeln versuchte. Nichts davon stand mit der Entführung in Zusammenhang, davon war David mittlerweile überzeugt.
Er setzte sich auf einen knarzenden Ledersessel. »Was glauben Sie, Herr Rosenfeldt, gibt es jemanden, der Ihnen Schaden zufügen möchte?«
»Nein, das habe ich gestern Abend schon gesagt.«
»Denken Sie bitte noch einmal nach.«
»Das tue ich doch.«
»Nein, das tun Sie keineswegs! Sie haben mir geantwortet, ohne auch nur eine Sekunde innezuhalten.«
Rosenfeldt ruderte verzweifelt mit den Armen.
»Hatten Sie oder Ihre Frau Streit mit irgendjemandem?«
»Selbstverständlich, streiten Sie sich nie mit anderen Leuten?«
»Was waren die Gründe dafür?«
»Herrgott, nichts, was die Entführung unserer Tochter rechtfertigt.«
»Ich bin mir da nicht so sicher.«
Shirins Vater blinzelte argwöhnisch durch die Brille. »Warum genau sind Sie hier?«
»Haben Sie schon mal den Namen Kristian Janowski gehört?«
»Nein, wer ist das?«
»Rotlichtmilieu.«
Rosenfeldts Gesicht wechselte die Farbe. Er setzte zu einer Erwiderung an.
Seine Frau betrat den Raum. »Vielleicht solltest du mal mit Matthias reden.«
*
Hannah hielt ihre heulende Tochter im Arm. Erneut pochte es an der Tür, diesmal mit Nachdruck.
»Mach, dass sie still ist«, befahl ihr Peiniger.
Hannah flüsterte besänftigend auf Millie ein. Sie strich ihr durch das besudelte Haar, aber die Kleine wollte sich nicht beruhigen lassen.
»Bring sie zum Schweigen!«
Hannah gab ihrer Tochter den kleinen Finger zum Nuckeln. Millie spuckte ihn widerwillig aus. Ihr Weinen wurde noch lauter.
Wütend kam der Fremde auf sie zu.
»Sie ist noch ein Baby!« Hannah umschlang ihre Tochter entsetzt mit beiden Armen. »Sie ist nicht einfach auf Kommando still und …« Ihre Stimme erstickte unter einem Streifen Klebeband. Im selben Moment riss er Millie aus ihren Armen. Er schwang das Baby im hohen Bogen über den Tisch.
Oh Gott, Millie, nein!
Millie landete auf dem Sofa und brüllte wie am Spieß.
Hannahs Schockstarre wich grenzenloser Wut. Sie sprang auf, ohne auf ihre Fußfesseln zu achten, strauchelte und fiel dem Fremden direkt in die Arme. Der Scheißkerl drückte sie zurück auf den Stuhl und bog ihre Arme hinter die Lehne, bis die Sehnen in ihren Schultern schmerzten. Er fesselte ihre Hände.
Ihr Blick suchte Millie, die noch immer schreiend auf dem Sofa lag. Ihr Köpfchen war feuerrot.
Aus dem Klopfen an der Tür wurde ein besorgtes Hämmern.
Hannahs Peiniger wandte sich zum Flur. Auf halbem Weg blieb er stehen und sah an sich herab. Seine Klamotten waren unbefleckt, nur an seiner Stiefelspitze klebte Blut. Er wischte mit seinen Handschuhen darüber und warf sie zu Boden. Dann verließ er den Raum. Die Wohnzimmertür fiel ins Schloss.
Millies Heulen nahm kein Ende. Hannahs Herz raste, trotzdem begann sie, ein Kinderlied zu summen. Wir fahren mit dem Auto auf die Wolken zu, es wird schon dunkel. Eine jener lieblichen Melodien, die sie ihrer Tochter immer zum Einschlafen vorsang. Jetzt beruhigte sie mit dem Lied nicht nur ihr Baby, sondern auch sich selbst.
Millies Weinen ging in ein leises Wimmern über. Trotzdem verstand Hannah kaum, was an der Haustür besprochen wurde. Sie hielt die Luft an.
Eine fremde Stimme sagte: »Ich sah Ihren Wagen … stehen … Starthilfe?«
»… gleich?«, fragte ihr Peiniger.
»… wunderbar, es sei … ihr Baby …«
»… meine Frau kümmert …«
»Geht es …?«
»… erstes Zähnchen … warten Sie.«
Schritte.
Die Wohnzimmertür öffnete sich einen Spalt.
»Schatz«, sagte der Scheißkerl betont laut und liebenswürdig, »es ist nur der Nachbar, er hat Probleme mit seinem Auto. Ich helfe ihm schnell. Ja, keine Sorge. Ich bin gleich zurück.«
Die Haustür schlug zu. Ein Motor startete.
Hannah war mit ihrer Tochter allein.
Zwanzig
David drehte sich zur Tür.
Katharina Rosenfeldt war unbemerkt in das Arbeitszimmer ihres Mannes getreten. Ihr blondes Haar hatte sie zu einem Knoten geschlungen. Sie trug einen schwarzen Rock, eine Bluse und Pumps. Das Rouge auf den Wangen ließ sie gefasster wirken als noch am Vorabend. Als sie jedoch David die Hand reichte, zitterten ihre Finger. Auch die Lippen, nur schmale Linien in ihrem Gesicht, und
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