Drecksspiel: Thriller (German Edition)
Leuchtreklame. Open 24 Stunden. Im Hinterhof befand sich ein Bordell. Freudenhaus Hase.
Janowski trat aus dem Gebäude. An seiner Seite befanden sich zwei Frauen, die eine brünett, die andere platinblond, beide freizügig in hohen Hackenschuhen, Strapsen und Korsett. Sie stritten miteinander.
Was der Grund ihrer Auseinandersetzung war, konnte David aus der Entfernung nicht verstehen. Aber Janowski war ziemlich wütend. Er brüllte eine der Huren an, holte demonstrativ zum Schlag aus. Wie geprügelte Hunde schlichen die beiden Frauen zurück in den Puff. Janowski rief ihnen noch etwas hinterher. Dann wandte er sich seinem Wagen zu.
Er hatte den Mazda fast erreicht, als eine Stimme rief: »Ruben!«
Janowski hob verwundert den Kopf.
Mit ihren Flipflops stolperte Maria auf ihn zu. »Ruben, wo ist Shirin?«
Fluchend setzte David sich in Bewegung.
Janowski rannte los.
*
Toni bekam Mozarts »Kleine Nachtmusik« zu hören, während sich der Augenblick zu einer halben Ewigkeit dehnte.
Ungeduldig trommelte er auf dem Lenkrad rum und steckte sich schließlich eine Marlboro an. Binnen Sekunden war die Luft im Wagen zum Schneiden dick. Er kurbelte wieder das Fenster runter.
Auf der Baustelle gegenüber ratterte ein Presslufthammer. Ein Streifenwagen quälte sich mit heulender Sirene durch den Stau. Auf Höhe des Alten Palais hatten sich zwei Fahrzeuge ineinander verkeilt.
Der Polizist tauchte neben dem Wagen auf. »Alles in Ordnung?«
Nein, gar nichts war in Ordnung. Toni nickte und blickte rauchend an dem Beamten vorbei.
Dieser wischte sich die Stirn. Er schielte zur Botschaft. »Muss ich mir Sorgen machen?«
Toni schüttelte den Kopf. Der Einzige, der Grund zur Sorge hatte, war er selbst. »Nein, ich bin gleich weg.«
Sichtlich erleichtert marschierte der Beamte zurück an seinen Platz an der Sonne.
Die Hupe eines Trucks dröhnte in Tonis Ohren. Ein norwegischer Reisebus scherte auf den Standstreifen aus. Touristen entflohen dankbar dem Berliner Wahnsinn.
Aus dem Handy fiedelte nach wie vor Mozart.
Toni saugte an der Marlboro und malte sich aus, wie es wäre, einfach mit den Touristen in den Bus zu steigen, einer von ihnen zu werden, wegzufahren und nie wiederzukehren.
Was hielt ihn davon ab?
»Hallo, hier ist Lorenz, wer ist denn da?«, meldete sich eine Stimme im hohen, nasalen Singsang.
Vor Tonis Augen formte sich das Bild eines Mannes in Glitzerhemd und Karottenjeans, der aufgebrezelt über einen Laufsteg stelzte.
Toni warf die Kippe raus auf den Asphalt und schloss das Fenster. »Kriminalhauptkommissar Risse, ich muss mit Frau Leroux sprechen.«
»Worum geht es denn?«
»Um Mord!«
Lorenz schnappte schrill nach Luft. »Ist ihr etwas …?«
»Dann würde ich nicht nach ihr fragen!«
»Ach so, natürlich«, Lorenz kicherte erleichtert, vermutlich fächelte er sich dabei Luft mit gepflegt manikürten Fingerchen zu.
Toni fragte: »Wo kann ich Frau Leroux erreichen?«
»Das darf ich Ihnen nicht sagen.«
»Wie bitte? Warum nicht?«
»Wer garantiert mir, dass Sie tatsächlich Polizist sind?« Noch bevor Toni etwas erwidern konnte, fügte Lorenz hinzu: »Sie glauben ja gar nicht, wie viele Leute unter falscher Identität bei uns anrufen. Boulevardreporter zum Beispiel.«
»Ich bin kein Journalist!«
»Oder Fans. Verehrer. Stalker. Verrückte. Solche Leute.«
»Klinge ich wie ein Verrückter?«
»Nun«, Lorenz atmete geräuschvoll durch, »wie ein Polizist klingen Sie jedenfalls nicht.«
Toni schwieg konsterniert. In sein Schweigen tönte ein Signal, mit dem sein Handy einen weiteren Anrufer meldete.
»Hören Sie«, singsangte Lorenz, »warum kommen Sie nicht einfach vorbei?«
»Weil ich in Berlin bin.«
»Wenn Sie gleich losfahren, sind Sie in fünf Stunden hier.«
»Haben Sie mir nicht zugehört?« Toni konnte nicht mehr an sich halten. »Es geht um Mord. Es ist wichtig und …«
»Es tut mir leid«, bedauerte Lorenz.
Toni mahnte sich zur Ruhe. Wut brachte ihn nicht weiter. Außerdem piepste noch immer sein Telefon. Er warf einen Blick aufs Display. Es war Blundermann.
»Bleiben Sie in der Leitung«, sagte Toni und nahm den Anruf seines Kollegen entgegen.
»Wo steckst du?«, wollte dieser wissen.
»Warum?«
»Ich steh vor deiner Wohnung!«
*
David spurtete hinterher.
Doch schon nach wenigen Schritten begann er, sich wie eine Fliege zu fühlen, die in einen Honigtopf gefallen war. Zäh und klebrig hing die schwüle Luft an seinen Beinen und machte jeden Schritt zur
Weitere Kostenlose Bücher