Drecksspiel: Thriller (German Edition)
die Kiefer aufeinander, knirschte mit den Zähnen. »Da musst du irgendwas falsch verstanden haben.«
Heiko machte ein enttäuschtes Gesicht. »Dann kann ich mir meine Kohle wohl …?« Er schob seine Hornbrille den Nasenrücken hoch, sah Philip durch die dicken Gläser fragend an.
Der reagierte nicht.
»Na dann.« Angesäuert klappte Heiko seinen Laptop zusammen und schlurfte zum Ausgang. Die Türklinke schon in der Hand, drehte er sich noch einmal um. »Den Schlüssel lass ich dann wohl besser hier, oder?«
Philip wich seinem Blick aus.
Draußen vor den Fenstern flanierten die Menschen über den Hackeschen Markt, fläzten sich mit Sonnenbrillen und kühlen Cocktails an den Tischen vor den Cafés, amüsierten sich, als herrschte in der Welt nur eitel Sonnenschein.
Aber am Himmel formten sich dunkle Wolken.
Die Tür schlug hinter Heiko zu, ein vorwurfsvoller Knall.
Philip schritt in das benachbarte, kleinere Zimmer, das er sich mit seinem Partner teilte. Unser Chefbüro , wie Arthur immer scherzte.
Philip sah sich um, als erwartete er ein Zeichen von Arthur, eine kleine Notiz am Rechner, einen Zettel auf der Tastatur, einen Hinweis am Clipboard, irgendetwas, das er die letzte Nacht übersehen hatte und das die Magenkrämpfe und die Panik lindern würde.
Aber da war nichts außer den weißen Schreibtischen, den weißen Computern und dem großen weißen Aktenschrank, der sich trotz seiner Imposanz vortrefflich einfügte.
Weiß ist die Farbe der Auferstehung ,hatte Arthur vor Jahren erklärt, als sie die Pixelschubser gegründet hatten, und eine Anekdote von seiner Oma erzählt. An die Details konnte sich Philip nicht mehr erinnern, er wusste nur noch, dass Arthur gesagt hatte: Weiß steht für den Schöpfungsmythos. Und schöpferisch seien schließlich auch sie als Graphikagentur.
Damals hatte Philip seine Kreativität geschätzt und ihn mehr als Freund denn nur als seinen Partner betrachtet.
Doch jetzt?
Jetzt hatte Arthur das Geld an sich genommen und war verschwunden. Was das bedeutete, für Hannah und Millie, mein Würmchen ,das mochte Philip sich nicht ausdenken. Verzweifelt knirschte er mit den Zähnen.
Die Türklingel rasselte. Philip rannte zur Gegensprechanlage. »Bist du das, Arthur?«
»Ja, mach mal auf!«
*
David drückte die winzige Klingel. Schon nach wenigen Sekunden schwang das schwere Eisentor beiseite. Über dem Grundstück hing der satte Duft von frisch gesprengtem Gras.
Theodor Rosenfeldt, der auf den Stufen zur Villa wartete, trotzte der Hitze in einem grauen Anzug. Er machte einen übernächtigten Eindruck. Als er David alleine die Auffahrt hochlaufen sah, erlosch hinter den schmalen Brillengläsern die Hoffnung in seinen Augen. »Sie haben Shirin … noch nicht gefunden?«
»Nein, tut mir leid.«
»Gibt es eine Spur? Irgendetwas?«
»Deshalb bin ich hier.«
Rosenfeldt sah ihn erwartungsvoll an.
David zeigte zur Tür. »Können wir drinnen reden?«
»Ja, natürlich«, antwortete Rosenfeldt, als würde ihm diese Möglichkeit erst jetzt bewusst.
Das Foyer war wie bei Davids erstem Besuch klimatisiert. Und wie schon am Abend zuvor fiel ihm die penible Strenge auf, mit der die Vasen auf der Marmortreppe und die Ölbilder an den Wänden gruppiert worden waren.
Shirins Vater ging voran in ein Arbeitszimmer, in dem überraschend wenig Ordnung herrschte. Akten stapelten sich auf einem mächtigen Schreibtisch aus Kirschholzfurnier. Neben einem Bilderrahmen, der ein Kinderfoto von Shirin zeigte, surrte der Lüfter eines PC-Flachbildschirms. Die Bücherregale bogen sich unter Folianten und Bildbänden, von denen die meisten das Wort Architektur im Titel trugen.
Rosenfeldt klappte eine Kommode auf, in der sich zwischen anderen Spirituosen der Château Montifaud befand. »Möchten Sie?«
»Nein. Ist Ihre Frau nicht zu Hause?«
»Doch, natürlich, aber …« Während er den Cognac in einen Schwenker goss, wies Rosenfeldt mit dem Kinn zur geschlossenen Wohnzimmertür. »Sie telefoniert. Eine Besprechung mit der Fraktionsspitze.«
»Es geht ihr besser?«
»Herrgott, nein, das alles kostet sie Kraft, sehr viel Kraft, aber …«, er leerte das Glas in einem Zug, »… es muss ja irgendwie weitergehen, wenn wir, also … Wenn wir nicht wollen, dass jemand etwas merkt, verstehen Sie?«
Er räumte die Flasche weg und nahm hinter dem Schreibtisch Platz. Die Aktentürme wirkten wie ein Schutzwall, hinter dem er sich vor weiteren schlechten Nachrichten verschanzen wollte. »Was haben
Weitere Kostenlose Bücher