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Drei Eichen (German Edition)

Drei Eichen (German Edition)

Titel: Drei Eichen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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seinem Zelt und schaute zu ihm herüber. Er hatte sich eine Art Holz in den Mund gesteckt, das plötzlich rotgelb aufglühte. Bald darauf roch es leicht, aber dennoch störend nach verbrannten Tabakblättern. Das durfte ja wohl nicht wahr sein! Missmutig trollte sich der Bibervater zurück auf sein Reisigbett. Sein Weibchen warf ihm zwar einen verlangenden Blick zu, aber die Lust zum Bibern war ihm für heute vergangen.
    »Komm, wir haben keine Zeit zu verlieren.« Haderlein deutete nach links. »Drüben am Skilift vorbei gibt’s eine Teerstraße, die können wir hochfahren.«
    »Ich kenne den Weg, ich bin von hier, schon vergessen?« Lagerfeld seufzte.
    Doch der Kriminalhauptkommissar hörte gar nicht hin, sondern hatte seine Hand bereits nach hinten ausgestreckt, um Riemenschneider hinter den Ohren zu kraulen, sie sozusagen aufzuwärmen. Im Laufe der Jahre hatte er festgestellt, dass Ohrenkraulen bei Riemenschneider zweierlei bewirkte: erstens gesteigerte Leistungsbereitschaft und zweitens Harndrang.
    Nach der Ankunft an der schon geschlossenen Staffelbergklause pinkelte das kleine Ferkel denn auch ausgiebig an die Mauer, stellte aber anschließend die rosa Ohren senkrecht und schaute zu seinem Herrchen, gespannt, was es heute Abend noch für eine spannende Aufgabe zu lösen gab. Haderlein leinte Riemenschneider an, dann liefen die drei im Schein des gerade aufgegangenen Mondes an der Adelgundiskapelle vorbei und zur Abbruchkante des Staffelberg-Plateaus, wo der Weg nach Horsdorf hinunterführte.
    Dort blieb Haderlein stehen. »Such, Riemenschneider, such«, flüsterte er leise.
    Sofort ging Riemenschneiders Rüssel nach unten, und sie nahm Witterung auf. Sie war schon drauf und dran, sich erneut auf den Weg bergab zu begeben, als sie plötzlich stockte und sich umdrehte. Sie warf einen prüfenden Blick auf Haderlein und einen bitterbösen zu Lagerfeld hinüber. Das kleine Ferkel konnte logischerweise nicht reden, aber das war auch gar nicht notwendig. Sein Blick sprach Bände. »Wenn ich dir helfen soll, Franz, dann sieh zu, dass dieser drüsenkranke Halbaffe neben dir mir nicht noch einmal in die Quere kommt.« So oder so ähnlich hätte es sich angehört, wäre Riemenschneider des Sprechens mächtig gewesen.
    Doch Haderlein verstand sein kleines Schwein auch ohne Worte. »Mach dir keine Gedanken, Süße, Lagerfeld wird dich diesmal nicht anfassen. Das verspreche ich dir hoch und heilig.«
    Lagerfeld verschränkte missmutig die Arme vor der Brust und beschloss, sich erst einmal der Stimme zu enthalten. Nichtsdestotrotz warf ihm Riemenschneider noch einmal einen vernichtenden Blick zu. »Schweineschänder!«, stand groß und breit in ihrem verärgerten Gesicht geschrieben. Dann drehte sie sich um und stürmte genauso ungeduldig den Wanderweg hinunter wie am Tag zuvor. Wieder lief sie wie der Blitz, bis der Pfad in den breiteren Fahrweg mündete. Die Kommissare stolperten in der Dunkelheit hinterher. Sie hatten zwar Taschenlampen dabei, aber das Tempo, das Riemenschneider vorlegte, war zu flott, als dass sie diese hätten hervorkramen können. Wieder lief das kleine Ferkel vor Ort immer größer werdende Kreise, dann ging’s im gleichen hohen Tempo wieder bergauf, den gleichen Weg zurück, den sie gekommen waren.
    »Verfluchte Rennerei!«, schimpfte Lagerfeld, dem das Nikotin seiner zigarettenverseuchten Lungen rechts und links aus den Ohren kam. Wieder oben auf dem Plateau, blieb die Riemenschneiderin kurz stehen und schaute sich sicherheitshalber um, ob nicht doch noch ein gewisser Lagerfeld angeflogen kam, um sie zu meucheln. Doch der stand ausgepumpt hinter ihr und stützte seine Hände auf die Knie, um sich kurz zu erholen. Ihr Herrchen, das zwar weit älter war, aber besser trainiert, gab ihr mit dem Kopf ein aufmunterndes Zeichen, woraufhin Riemenschneider erneut losstürmte, diesmal an der Kapelle vorbei und auf die Staffelbergklause zu. Vor der verschlossenen Eingangstür blieb sie stehen und grunzte laut und vernehmlich.
    »Sie will da rein«, stellte Haderlein wenig überrascht fest.
    »Ist zu, oder?«, keuchte Lagerfeld sinnloserweise. Die Zunge hing ihm bis zum Boden.
    Haderlein drehte sich um und bedachte seinen jungen Kollegen mit einem mitleidigen Blick. »Natürlich ist zu, Feierabend ist schon lange vorbei. Aber dafür darfst du jetzt die Tür öffnen, das kannst du hoffentlich besser als Laufen.« Sein Tonfall war bissig.
    »Aber wir haben keinen Durchsuchungsbeschluss, das ist doch Einbruch«,

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