Drei Eichen (German Edition)
brave Wanderin ausgegeben.«
»Ganz genau«, pflichtete ihm Haderlein bei.
»Und nach unserer Vernehmung haben alle drei dann frank und frei den Tatort verlassen, während wir uns wilden Theorien hingegeben haben.« Wieder saßen sie eine Weile schweigend da und sagten nichts, nur das genüssliche Schmatzen von Riemenschneider drang leise unter dem Tisch hervor. »Jetzt müssen wir unsere Theorie nur noch irgendwie beweisen, sonst machen die immer weiter. Weiß der Teufel, wie viele Menschen sie noch umbringen wollen.«
Nun musste auch Haderlein anerkennen, dass Lagerfeld die Situation durchaus völlig realistisch einschätzte. Sie mussten jetzt das beweisen, was sie bereits herausgefunden hatten. Blieb nur noch die Frage nach dem Wie. Doch Lagerfeld hatte schon eine Idee.
»Wenn ich das richtig sehe, Franz, dann sind die ehemals Schuldigen zu Gejagten geworden, und das heißt«, nachdenklich kratzte er sich an seinem unrasierten Kinn, »dass wir die potenziellen Ziele ausfindig machen und sie überwachen müssen. Irgendwann werden die beiden Ladys samt männlicher Unterstützung dort schon auftauchen, um ihr Werk zu vollenden.«
Haderlein brummte zustimmend.
»Und eigentlich wissen wir ja auch schon, von wem wir reden: Irrlinger, Grosch und deren Burschenschaft aus Coburg«, fuhr Lagerfeld fort. »Dieser Coburger Convent findet doch jedes Jahr an Pfingsten statt. Dann kommen die Mitglieder aus aller Herren Länder eingeflogen. So wie unser Bräutigam Simon. Ich vermute fast, dass Irrlinger und seine Freunde die jährlichen Treffen für ihre Mordkommandos genutzt haben. So zufällig kann doch kein Zufall sein, dass immer um Pfingsten Menschen verschwanden.«
Haderleins Handy klingelte und vibrierte auf dem Tisch in der Staffelbergklause. »Was gibt’s?«, meldete sich der Hauptkommissar. Er hörte interessiert zu, was Honeypenny ihm zu erzählen hatte, und legte nach wenigen Augenblicken mit einem kurzen Gruß auf.
»Langsam scheint es eng für unseren zukünftigen Ministerpräsidenten zu werden«, sagte Haderlein zu Lagerfeld, der ihn fragend anblickte.
»Der Jagdpächter auf den Eierbergen ist Gerhard Irrlinger. Und zwar seit dem Tod von Marco Probst, dem Jäger, den wir als Skelett gefunden haben. Was für ein Zufall, findest du nicht?« Mit der rechten Faust schlug er auf den hölzernen Tisch. »Wir müssen herausfinden, wo Irrlinger sich aufhält, und zwar sofort.« Haderlein sprang auf. Der Tatendrang hatte ihn wieder gepackt. »Und ich weiß auch schon jemanden aus unserer Dienststelle, der uns bei der Aufgabe weiterhelfen kann. Los, zurück zum Auto!« Haderlein stürmte zur Tür der Klause hinaus, Lagerfeld und Riemenschneider hinterher. Draußen deutete Haderlein zuerst auf Lagerfeld, dann auf die vom Mond beschienene Staffelbergklause-Tür. »Abschließen, Bernd, wir hatten schließlich keinen Durchsuchungsbeschluss.« Während Lagerfeld sich artig mit seinem Spezialwerkzeug der Tür widmete, fingerte Haderlein einmal mehr nach seinem Mobiltelefon.
In Coburg stiegen Werner Grosch und Gerhard Irrlinger aus dem Auto und gingen zur gelben Villa hinauf. Eigentlich war Irrlinger heute in Bamberg unentbehrlich, aber er hatte beschlossen, das Ergebnis der Abstimmung im engsten Kreis abzuwarten. Alle Augen waren heute auf ihn, den Vorsitzenden der Frankenpartei, gerichtet, aber er plante, sich erst wieder blicken zu lassen, wenn ein Ergebnis abzusehen war.
Die anderen waren bestimmt schon da, aber das war egal. Seit Josefs Tod mussten sie sowieso improvisieren. In der Luft lag eine Gefahr, von der sie nicht genau wussten, was von ihr zu befürchten war. Über die Schlimmste aller Möglichkeiten wagte Grosch gar nicht nachzudenken, immerhin war sie faktisch eigentlich unmöglich. Sie konnten nichts übersehen haben, und trotzdem konnte es kein Zufall gewesen sein, dass Josef mit einem Bogen erschossen worden war und sie diese merkwürdigen Steine mit der Botschaft erhalten hatten.
Einige Kameraden der freien Landsmannschaft »Rhenania Bavaria« empfingen sie, indem sie über ihnen auf dem Balkon der Villa standen. Von dort hatte man einen weiten Blick bis hinunter zum Coburger Bahnhof.
»Hallo, Herr Ministerpräsident!«, tönte es fröhlich, und Irrlinger winkte und lächelte zum Balkon hinauf. In seinem Innern sah es anders aus. Ihm war nicht nach Feiern zumute. Wenn er ehrlich war, hatte er wegen des toten Simon und auch wegen der Wahl ein ungutes Gefühl. Allein die extrem hohe Wahlbeteiligung von
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