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Drei Engel für Armand

Drei Engel für Armand

Titel: Drei Engel für Armand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim C. Hines
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Felswand.
    Sockes Flügel standen vollkommen still, als sie Talia dichter an die am nächsten stehenden Bäume trug. Im letzten Moment nahm der Aviar den Kopf herunter und ließ seine Flügel mit einem Geräusch zurückschnellen, das an einen Riesen beim Teppichklopfen erinnerte. Er fetzte durch die Äste und verschwand; nur ein paar fallende Blätter zeugten von seinem Durchflug.
    Schnee folgte Talia und zog den Kopf ein, als ihr Aviar durchs Geäst brach, und dann war Danielle an der Reihe. Sie grub ihre Finger in Winds Haut und presste ihr Gesicht gegen das schweißglänzende Fell.
    Dünne, biegsame Zweige schlugen ihr wie Peitschen gegen Arme und Kopf, und dann galoppierte Wind über feste Erde und bremste mit halb ausgebreiteten Flügeln. Danielle biss die Zähne zusammen, weil diese letzten Schritte neue Prellungen in ihr Hinterteil hämmerten, vom Durchgerütteltwerden ihrer Blase ganz zu schweigen. »Das war doch gar nicht so schlimm«, meinte sie mit zitternder Stimme. Sie presste die Kinnladen zusammen, um nicht aufzuschreien, als sie ein Bein über Winds Rücken hievte, und sprang herunter. Augenblicklich gaben ihre Beine unter ihr nach und sie fiel der Länge nach hin.
    Diesen Moment erkor Wind für eine Blähung.
    Schnees Halsband leuchtete bereits und zeigte ihnen, wo die Bäume zurückgeschnitten worden waren und einen breiten, überwölbten Korridor bildeten. Violette Knospen sprenkelten die Zweige und verströmten einen intensiven Geruch nach Nektar. Splitter von Mondlicht drangen durch die Blätter und verwandelten Staub in der Luft in schwebende Diamantteilchen. Die Bäume formten eine Art Tunnel; die Zweige zu beiden Seiten waren so fest miteinander verflochten, dass sie stabil wie eine Wand waren.
    Talia war schon von Socke heruntergeglitten, ohne dass ihr irgendwelche Zeichen körperlicher Beschwerden anzumerken waren. Sie warf ihre Taschen auf den Boden und streckte dann die Hand aus, um Schnee von ihrem Aviar zu helfen.
    »Du musst an den Rand!«, sagte Talia.
    »Bin schon dabei!« Schnee hastete an Danielle vorbei. Wenigstens sie besaß so viel Anstand, ein wenig Steifheit in ihren Beinen zu zeigen.
    »Du verkrampfst beim Reiten«, sagte Talia, als sie Danielle auf die Füße half. »Entspann dich! Lass deinen Körper sich mit dem Pferd bewegen – oder dem Aviar, in diesem Fall.«
    »Danke«, sagte Danielle und suchte hastig an einem der Bäume Halt. Die Äste waren härter, als sie erwartet hatte, und die Blätter zogen blutige Linien über ihre Hand.
    In ihren Beinen kribbelte es bei jeder Bewegung, als ob darin tausend winzige Kobolde mit Nähnadeln zugange wären. Sie biss auf die Zähne und zwang sich zu einem Schritt, dann zu einem zweiten. Bis sie eine relativ ungestörte Stelle gefunden hatte, wo sie sich erleichtern konnte, zitterte sie vor Kälte. Sie löste das Vorderteil des schweißgetränkten Hemds von ihrem Körper ab, was der ihr mit einer erneuten Welle Gänsehaut dankte.
    »Wir haben jede Menge Decken in den Taschen«, sagte Talia, als sie zurückkam.
    Danielle hatte die Strecke bis zur Tasche zur Hälfte geschafft, ehe Talia Mitleid bekam und ihr die Decke zuwarf.
    Während sie den groben Stoff um ihren Körper wickelte, humpelte sie zu Schnee, die direkt am Rand der Schlucht kniete. Die Äste waren hier nur noch wie ein dünner Vorhang, der in der Brise schaukelte. »Was machst du?«
    »Ausschau nach deinen Stiefschwestern halten«, antwortete Schnee. Sie hatte ihr Halsband abgenommen; ihre ungeschützte Kehle war bleich und wirkte seltsam verwundbar. Sie ließ ihre Finger über die Spiegel wandern und liebkoste sie wie Schmusetiere. Als sie den letzten Spiegel leicht antippte, fing der Golddraht, der ihn an Ort und Stelle hielt, sich zu lösen an.
    Der Spiegel fiel zu Boden und kroch auf den Rand zu: Vier Drähte zogen ihn hinter sich her wie ein leuchtendes Insekt. Schnee tippte ihn noch einmal an, und der Spiegel kehrte in ihre Handfläche zurück. Sie blies einen Luftstoß in seine Richtung und löschte sein Licht wie eine Kerzenflamme.
    »Geh!«, flüsterte sie. Der Spiegel hüpfte in die Zweige und verschwand in der Schlucht.
    »Arlorrans Schnitzerei zeigte die Herzogin, wie sie von unter der Brücke aus zusah«, sagte Talia. »Ihr Zuhause muss irgendwo hier in der Gegend sein.«
    Schnee nickte, während sie einen zweiten Spiegel befreite. Dieser huschte den Baum hoch und verschwand im Laubwerk. »Ich schicke drei nach unten, um nach der Herzogin zu suchen. Drei

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