Drei Engel für Armand
aber es gab immer ein paar rebellische Strähnen auf seinem Rücken und an … anderen Stellen.«
»Wer war Roland?«, fragte Danielle.
»Der Mann, den meine Mutter angeheuert hat, um mir das Herz herauszuschneiden«, antwortete Schnee mit immer noch wehmütigem Lächeln.
»Aber das tat er nicht?« Danielle wusste in dem Moment, als die Frage ihren Mund verließ, dass es eine ausgesprochen dumme war.
Schnee kicherte wieder. »Ich war zwar jung, aber doch schon so viel Frau, dass es ihm nicht entgehen konnte. Er nahm mich mit sich fort in die Wälder, um mich zu beschützen. Ich lernte, für mich selbst zu jagen und zu kochen, und übte mich in meiner Magie, wenn er nicht da war. Wenn er dann zurückkam, übten wir uns in einer anderen Art von Magie.«
Ihr Lächeln wurde schwächer. »Es war fast ein Jahr später, als meine Mutter uns fand. Sie kam als alte Frau verkleidet zu uns. Ein Bissen von dem vergifteten Apfel, und ich wusste Bescheid, aber da war es schon zu spät: Sie wirkte bereits ihren Zauber und schloss mich in einen Kristallsarg ein. Ich konnte mich nicht bewegen. Ich konnte nicht einmal atmen.«
»Es tut mir leid.« Weil sie nicht wusste, was sie sonst tun sollte, drückte Danielle Schnees Hand.
»Aber ich habe alles gehört. Sie stellte Roland vor die Wahl: Entweder brächte er zu Ende, wofür er bezahlt worden war, oder er würde dasselbe Schicksal erleiden. Er versuchte zu kämpfen, aber sie war zu stark. Schließlich nahm er sein Messer und öffnete meinen Sarg. Er hätte sich selbst retten können, aber stattdessen entschied er sich dafür, mich zu befreien. Bis ich mich so weit erholt hatte, dass ich gegen meine Mutter kämpfen konnte, hatte sie ihn bereits getötet.«
Schnee schüttelte den Kopf und fuhr sich übers Gesicht. Als sie die Hände wieder wegnahm, brachte sie ein schwaches Lächeln zustande. Sie zeigte auf die Äste über ihnen. »Dieser Ort erinnert mich an unser Häuschen. Tief im Wald, fernab von den Sorgen der Welt, sicher vor –«
»Das hier ist das Labyrinth der Elfenkönigin«, rief Talia ihr ins Gedächtnis. Sie drückte Danielle einen Muffin in die Hand. »›Sicher‹ ist schwerlich das Wort, das mir in diesem Zusammenhang einfiele.«
»Sei nicht so eine Miesmacherin!« Schnee mopste sich einen Muffin und zog Talia den Wasserschlauch von der Schulter. »Die Elfenkönigin schickt nachts fast nie Gefangene in den Irrgarten, und die Wesen, die durch diesen Ort patrouillieren, bleiben dicht am Schloss. Uns wird hier nichts passieren.«
Danielle nahm einen Bissen von ihrem Muff in: Er war trocken und die kleinen Rosinen darin hart wie Holz. Er war mit Ziegenkäse überbacken. Schlichte Hausmannskost, genau wie die Streifen getrockneten Lammfleischs, die Talia als Nächstes verteilte. Ihr Magen schien jedoch dieser Tage fad zu bevorzugen, außerdem war es immer noch weitaus besser als der Abfall, den sie immer von ihrer Stiefmutter bekommen hatte. Der Geschmack erinnerte sie an einfachere Zeiten, an damals, als ihr Vater noch am Leben war. Damals, vor Bällen und Prinzen und Stiefschwestern, die schwarze Magie praktizierten.
»Die Aviare sind hinter der Biegung angebunden und mampfen den Irrgarten der Königin«, berichtete Talia. »Hoffentlich hat sie nichts dagegen. Wir wissen nicht, wann die Stiefschwestern aufkreuzen werden, also solltet ihr etwas ruhen, solange ihr noch könnt.«
Schnee reichte Talia ihr Halsband. »Der Spiegel wird aufleuchten, sobald sie sich nähern.« Ein paar Krümel fielen ihr beim Sprechen aus dem Mund. »Weck mich auf, wenn es so weit ist, damit ich nachsehen kann, wo genau sie sind.«
»Falls sie heute Nacht nicht auftauchen, fangen wir morgen früh an, die Schlucht nach der Herzogin abzusuchen«, sagte Talia. Sie zog ihr Schwert und brachte Schnees Halsband dicht daran, um in dessen Licht die Schneide zu inspizieren.
»Was geschieht, wenn meine Stiefschwestern noch mehr von diesen Dunkelingen haben?«, fragte Danielle.
»Dann werden wir vermutlich sterben.« Talia drehte ihr Schwert um, um die andere Seite in Augenschein zu nehmen. Sie fuhr mit einem Fingernagel über die Schneide und schnalzte mit der Zunge, dann zog sie einen kleinen Wetzstein aus der Hosentasche, machte es sich bequem und begann die Klinge zu schärfen. »Schlaf ein bisschen, Prinzessin!«
Kapitel 10
Vielleicht war es die Magie Elfstadts, die Danielles Träume zu Albträumen verzerrte. Vielleicht war es auch das Kind in ihrem Schoß oder die Angst und Sorge der
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