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Drei Frauen im R4

Drei Frauen im R4

Titel: Drei Frauen im R4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Weiner
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zweihundertfünfzig weiblichen Nacktschnecken, die sich an diesem Lächeln festgesaugt hatten. Auf Renate war er wenigstens richtig abgefahren. Sie hatte er sich vom Mund geklaubt und tatsächlich geküsst.
    »Wieso eigentlich Maurizio? Wir sollten Fabian finden.«
    »Hab ich bereits«, gab Nele ganz unerwartet zu und schaltete dabei so heftig, dass das Getriebe wiederholt gequält aufjaulte. »Er war in der Dreißig-Jahre-Abi-Zeitung abgebildet.« Sie blickte schräg zu mir herüber und knirschte weiter mit der Kupplung. »Keine Haare mehr, zwei Kinder, Job als Streetworker und Mitglied in einer Alte-Herren-Tischtennismannschaft.«
    »O Gott«, stöhnte ich auf und bedeutete ihr mit einer Handbewegung, schleunigst das Thema zu wechseln.
    Das war nicht der Fabian, den ich sehen wollte. Und Renate hatte sicher auch andere Bilder im Kopf, etwa die, wie sie am WG -Tag rund um den Küchentisch saßen, Tee aus kleinen braunen Tonkannen einschenkten und aus kleinen braunen Bechern tranken, dazwischen kreiste ein Joint für alle. Zu Besuch kommen durfte nur, wer die Zustimmung aller Mitbewohner hatte. Nele und ich hatten Glück und bekamen den Segen von Fabian, dem damals noch langhaarigen WG -Fürsten. Das war vor unserer eigenen WG gewesen.
    »Vielleicht lebt Maurizio ja noch dort, in den italienischen Bergen.« Nele trat aufs Gas und überholte halsbrecherisch einen Traktor. »Das war doch irgendwo bei Bologna, oder? Auf der einen Postkarte hatte das Renate doch geschrieben.« O ja, die eselsohrige Postkarte, die uns damals in die Emilia lockte und jetzt als glasklares Ziel definiert worden war.
    »Erstens hat er, da Italiener, sicher einen Haufen Kinder und ist eingewebt in ein Spaghettinetz von dicken Frauen. Und was Renate angeht, vergiss es. Sie hat von Männern die Schnauze voll.«
    »Na gut«, lenkte Nele ein.
    »Die letzten Beziehungen, die Renate hatte, sind alle mehr oder weniger gescheitert«, erinnerte ich sie. »Sie hat keinen Bock darauf, sich das Herz wieder brechen zu lassen, und sie sagt, sie findet es schöner allein. So ist sie auf der sicheren Seite.«
    »Wann hat sie das gesagt?«, wollte Nele wissen, und ich konnte nicht antworten, weil ich mir auf einmal nicht mehr sicher war, ob sie es wirklich gesagt hatte oder ob ich das in sie hineinphantasierte.
    Nele wünschte sich so sehr, dass Renate wieder eine berauschende Liebe fand. Ich wusste, dass das Thema nicht abgehakt war, auch wenn wir nicht mehr darüber sprachen.
    »Warten wir ab, was die Reise bringt«, erklärte Nele energisch, und um dem Gesagten Nachdruck zu verleihen, streifte sie mit dem rechten Vorderrad einen Bordstein. Der R4 stöhnte bös getroffen auf, und Nele fing an, Blowing in the wind zu pfeifen.

Kapitel 2
    Computer sind doof
    - Spliff -
    Der R4 wackelte beängstigend, als Nele ihn in das Weingut von Renates Eltern lenkte. Die Einfahrt war extrem eng und die Dorfstraße bis auf den letzten Winkel zugeparkt. Ich malte mir bereits aus, wie wir an der sandsteinernen Bank vor dem Gitter hängenbleiben würden, aber Nele führte den Wagen bereits mit einer jugendlichen Leichtigkeit, als sei sie ihr ganzes Autofahrerleben ohne Servolenkung ausgekommen.
    »Hoppla!«, trällerte sie fröhlich, als Fuchur wie ein angestochener Osterhase in die Mitte des Hofes hoppelte, wo bereits Renates Urlaubssammelsurium auf uns wartete. Die Situation mutete exakt wie anno dazumal an. Genau so war es immer gewesen. Eine Lastwagenladung voll Zeug, das es in das Vakuum eines Kleinstwagenkofferraums zu stopfen galt. Und ganz klar: es musste ALLES mit. Deswegen waren wir immer im Hof von Renates Eltern gestartet, weil das Gut genügend groß war, um einhundertfünfzigtausend Dinge erst einmal kritisch auseinanderzusortieren, um sie dann gegeneinander abzuwägen und dann nach reiflicher Überlegung und fünf Kaffeetassen später doch in den R4 zu packen. Außerdem hatte keiner unserer Eltern so viel Langmut wie die Eltern von Renate. Auch jetzt zeigte sich Renates Mutter von der besten Seite und schien überhaupt nicht irritiert zu sein, dass ihre in die Jahre gekommene Tochter wieder in hochgekrempelten Latzhosen steckte. Ausgelassen wie ein junges Mädchen winkte sie uns vom Balkon aus zu.
    Ich schien hier die Einzige zu sein, die diese Art des Urlaubs seltsam fand. Um mich herum standen offenbar alle unter Drogen und taten so, als sei es das Logischste auf der Welt, als Ökokarawane durch das Land zu reisen, mit Henna im Haar und Papageienfedern als

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