Drei Frauen und ein Braeutigam
die Soße vom Herd genommen, meinen Kopf aber vergessen habe.
Ich bringe den größten Teil des Mittagsansturms hinter mich und überlasse es dann Melanie, Claude und einer meiner studentischen Aushilfen, mit den letzten Zuckungen der sonntäglichen Esser zurechtzukommen. Ich gehe nach oben und lasse mich rückwärts aufs Bett fallen, zu müde, um auch nur die Schürze abzunehmen oder mich ins Bad zu schleppen, wo ich das Übermaß an Frittierfett abwaschen könnte. Doch ich habe die Augen noch keine dreißig Sekunden geschlossen, als es klopft. Stöhnend schleppe ich mich zur Tür.
»Könnt ihr nicht mal zwei Minuten ohne mich zurechtkommen? Es ist mir egal, ob gerade die gesamte Mannschaft von Arsenal London im Bus angekarrt wurde und nach einem Vier-Gänge-Menü verlangt. Ich komme nicht wieder runter«, verkünde ich und reiße die Tür auf.
Ich brauche einen Moment, um das Gesicht des Mannes wiederzuerkennen, der da auf meiner Türschwelle steht. Es ist ein sehr attraktives Gesicht mit lebhaften grünen Augen und einem Mund, dessen Winkel bei meinem Anblick zucken. Und wenn ich von Anblick rede, dann meine ich einen echten »Anblick«. Er ist tadellos, aber lässig angezogen, in schwarzer Hose und einem beigen Pullover von Nicole Fahri. Sein von der Sonne gebleichtes goldbraunes Haar ist gepflegt und nachlässig-sorgfältig verwuschelt.
Ich habe Butter im Haar, dunkelrote Kohlflecken überall auf der Hose, angesengte Augenbrauen, die wahrscheinlich immer noch kokein, und eine Spur angetrockneter Soße auf der Stirn.
Das perfekte Timing.
»Hallo, Finn«, murmle ich und erhöhe mein attraktives Aussehen noch, indem ich mir den Schlaf aus den Augen reibe, der prompt an meiner Wange kleben bleibt.
Vielleicht habe ich ja Glück und er steht auf den Look der katastrophalen Köchin - schön wär‘s.
Doch Finn gibt keinen Kommentar ab. Stattdessen beugt er sich vor und küsst mich auf die Wange, die nicht mit Augenschmiere bedeckt ist. Er grinst breit. »Du riechst wundervoll!«, eröffnet er.
»Ach ja?« Ich fahre erstaunt zurück, sowohl wegen des Kusses als auch wegen des Kompliments.
»Aber hallo. Roastbeef und Yorkshire Pudding. Lecker. Ich könnte dich aufessen.« Er schaut genauer hin. »Oder auch von dir essen. Es kleben genug Speisereste an dir, um noch mindestens drei weitere Personen zu verköstigen.«
»Oje.«
»Nein, ist doch toll, du siehst aus wie abstrakte Kunst.«
Es mag zwar blöd klingen, aber es ist das Netteste, was ein Mann in letzter Zeit zu mir gesagt hat. So ein kleines Kompliment tut dem angeknacksten Selbstbewusstsein einer Frau echt gut. Er grinst mich an. Ebenmäßige weiße Zähne. Ich würde das Lächeln ja erwidern, aber wahrscheinlich sitzt ein Stück Kruste vom Schweinebraten zwischen meinen Vorderzähnen.
»Tut mir Leid, dass ich nicht vorher angerufen habe. Aber neben einem Großteil meiner kleinen grauen Zellen ist mir bei Grace‘ Party auch deine Telefonnummer abhanden gekommen. Das heißt, falls du sie mir überhaupt gegeben hast. Ich fürchte, ich kann mich nicht mehr daran erinnern. Ich weiß, dass ich sie auch von Grace hätte bekommen können«, fügt er hinzu und spricht damit den Gedanken aus, der mir gerade durch den Kopf fuhr, »aber ich mag es, die Leute zu überraschen. Das ist wohl der Journalist in mir. Hättest du gern einen Journalisten in dir?«
»Wie bitte?«
Er bricht in schallendes Gelächter aus. »Du hast richtig verstanden. Einen Versuch ist es wert. Aber wenn dir nicht nach hemmungslosem Sex am Nachmittag ist, wie wäre es dann mit einem Drink?«
»Ich hatte vor, diesen Nachmittag im Bett zu verbringen... allein und im Tiefschlaf!«, betone ich, als das durchtriebene Grinsen auf Finns Gesicht zurückkehrt.
»Der erste Teil hörte sich viel versprechend an... Komm schon, Ollie, ich brauche ein bisschen Gesellschaft. Mir fällt niemand sonst ein, mit dem ich den Rest des Tages verbringen möchte.«
Noch ein Kompliment. Es gefällt mir. Außerdem war ich in letzter Zeit so viel hier, dass es mir wohl einmal ganz gut Tate‘s rauszukommen. Einige Stunden alles hinter mir zu lassen und mal für wenigstens zehn Minuten an etwas anderes als Essen zu denken.
»Ich dachte, wir könnten ein bisschen raus aufs Land fahren und zu Abend essen«, fährt Finn fort, der meint, er müsse mir die Sache schmackhaft machen, da ich noch nicht geantwortet habe.
Na ja, es ist zwar immer noch Essen, aber wenn jemand anders es kocht, wer wird da Nein sagen?
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