Drei Generationen auf dem Jakobsweg: ... und meine Erfahrung mit Gott! (German Edition)
jetzt noch zu bremsen. Also auf zum Ponyhof.
Es waren wirklich nur gut zwei Kilometer zu laufen, als wir bereits auf einer kleinen Anhöhe den Hof entdecken konnten. Franzi war so voller Begeisterung, dass sie gar nicht merkte, dass sie den ganzen Weg zu Fuß zurücklegte. Dort angekommen wollten wir uns umsehen, wurden aber von mindestens fünf kläffenden Hunden davon abgehalten. Davon hatte uns niemand erzählt. Durch das laute Gebell wurde die Besitzerin auf uns aufmerksam und pfiff die Hunde kurzerhand zurück. Auf Nachfrage, ob Franzi reiten könne, sagte sie uns, dass am Nachmittag ein Kinderreiten stattfände. Da es bereits vier Uhr war, fragten wir höflich, wann denn Nachmittag sei, und sie gab uns zur Antwort um sieben Uhr abends. In Spanien müsse man sich daran gewöhnen, dass der Nachmittag erst um fünf oder sechs Uhr beginnt. Erst dann beginne hier das Leben im Freien, erklärte sie uns. Wir fragten uns mittlerweile ohnehin, wann denn die Kinder in Spanien zu Bett gehen, die morgens in die Schule müssen. Das wäre bei uns zu Hause undenkbar. Jetzt wollte sie eine Ausnahme machen, pfiff ihren Stallburschen und Reitlehrer herbei und bat ihn doch für Franzi »die Molly« zu satteln. Anschließend solle er mit ihr eine halbe Stunde eine Runde um das Gestüt drehen. Unsere Kleine juchzte vor Vergnügen, und ehe wir uns versahen, kam Ricardo, ein etwas kleinwüchsiger, vollbärtiger, nicht sehr gepflegter, aber sehr freundlicher Mann Ende vierzig, mit der gesattelten Molly und einer Kinderreitkappe unterm Arm zurück. Flugs hatte Franzi die Kappe auf und schon hievte er sie in den Sattel. Die Steigbügel eingestellt und los ging es. Unsere Tochter begleitete sie. Wir saßen in der Zwischenzeit im Hof des Gestütes und schauten den Hunden beim Spielen zu. Pünktlich nach einer halben Stunde kam unsere kleine Reiterin samt Gefolge zurück und überschlug sich vor Begeisterung. Gerne bezahlte meine Tochter die geforderten 10 Euro und wir traten alle gemeinsam den Rückweg in die Altstadt an.
Glücklich über die Begeisterung von Franzi aßen wir alle vier noch Abendbrot, tranken noch ein Gläschen Weißwein, außer Franzi natürlich, die musste sich mit Wasser begnügen, und gingen dann ausgeruht zurück zu unserer Pension. Auf dem Rückweg trafen wir auf eine Asiatin, welche wir auf unseren Etappen schon öfter gesehen hatten. Sie erzählte uns, dass sie unsere Truppe und vor allem Franzi in ihrer Kinderkutsche bereits des Öfteren fotografiert habe. Sie sagte, sie heiße Seiko, komme aus Japan und würde gerne dieser kleinen und tapferen Pilgerin etwas schenken. Dabei übergab sie Franzi ihre normalerweise den Kimono zusammenhaltende, geschnitzte Spange. Wir waren wirklich baff vor Erstaunen über das sehr schöne und wertvolle Geschenk, welches Franzi höflich mit einem »gracias« entgegennahm. Eine zweite Spange schenkte sie dann Larissa mit ihren besten Wünschen für ein gutes Gelingen. Bevor wir unsere Zimmer aufsuchten, fielen mir in der Eingangshalle zum ersten Mal einige Koffertrolleys ins Auge. Da ich sehr müde war, machte ich mir keine großen Gedanken darüber, sondern dachte mir nur: Mit Koffertrolley am Camino, das ist unmöglich, oder? Aber wer besucht diese Orte wegen seiner wenigen Attraktionen? Kein Mensch, oder? Aber nun ab ins Bett. Schließlich wird der morgige Tag wieder ein langer und anstrengender Wandertag.
28. Mai Navarrete – Najera (21 km)
Aus Navarrete hinaus folgten wir erst der N 120 und wanderten dann durch wunderschöne Weinberge. Eine sehr beruhigende Gegend, wie ich meinte. Still und andächtig wanderten wir weiter. Leider verlief der weitere Weg jetzt entlang der Autobahn. Kein schöner Weg, den müssen wir einfach hinter uns bringen, so dachte ich still für mich, und das taten wir auch. Auf Hochspannungsleitungen, die über die Autobahn verliefen, hingen in Abständen immer wieder Wanderschuhe, welche vermutlich blasengeplagte Pilger dort entsorgt hatten. Ob diese wohl barfuß weitergelaufen sind? In unserem Reiseführer stand, dass, wer vor dem Ort Ventosa den Hinweisen zur Herberge folgt, der Autobahn schneller entkommt. So entschieden wir uns auch.
Endlich von der Autobahn weg, kamen wir in das mit Spannung erwartete Tal, wo bereits viele Pilger vor uns Steinpyramiden – Steinmännchen in allen Variationen und Größen – aufgeschichtet hatten. Wir waren irgendwie sehr gerührt und dachten an all die verschiedenen Schicksale und Hoffnungen, die hinter jedem
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