Drei Generationen auf dem Jakobsweg
nur leider stellte sich heraus, dass das Hostal ausgebucht war. Der nette Rezeptionist erklärte sich aber bereit bei einem Kollegen anzurufen und siehe da, er hatte zwei Zimmer für uns frei. Leider mussten wir unsere Rucksäcke erneut nach unten schleppen und uns nochmals auf den Weg machen. Es war gegen fünf Uhr, als wir dort ankamen. Gleich um die Ecke sahen wir zu unserer Freude ein Lokal mit nettem Vorgarten, in dem wir auch bereits zu dieser Zeit essen konnten. Wir waren überglücklich, wollten nur schnell unter die Dusche, um anschließend zu essen und eventuell noch in die Kathedrale zu gehen. Vielleicht hatten wir ja Glück und wir bekämen vielleicht heute unseren Pilgersegen. Am nächsten Tag wollten mein Mann und ich einen Ruhetag einlegen, schließlich waren wir ja bereits den sechsten Tag ohne Unterbrechung unterwegs und hatten bereits 160 Kilometer bewältigt. Nun mussten wir das nur noch Larissa beibringen. Das war kein leichtes Unterfangen.
Nach der Dusche trafen wir uns dann zum Abendessen wieder. Wir bestellten im nahegelegenen Restaurant für jeden eine große Fleischplatte mit Salat und für unsere Kleine gebackene Calamari. Diese liebt sie, schmeckten wie Fischstäbchen ihrer Aussage nach. Nun machte mein Mann den Vorschlag, doch morgen einen Ruhetag einzulegen, um unsere müden Knochen auszuruhen und auch, um uns Logroño anzusehen. Zuerst war Larissa ganz und gar nicht einverstanden, meinte aber dann: »Na ja, was soll’s, machen wir halt einen Ruhetag .« Am Nebentisch saß zufällig die nette, rothaarige Österreicherin, die wir bereits in der Herberge von Torres del Río getroffen hatten. Sie erzählte, dass sie von Torres del Río aus mit dem Bus hierher gefahren sei, da ihre Füße unglaublich schmerzten und sie nur noch schwerlich weiterlaufen konnte. Morgen würde sie hier einen Ruhetag einlegen und anschließend überlegen, wie es weitergehen sollte. Sie überlege sich den Weg abzubrechen. Ich merkte, dass sie gerne das Gespräch mit mir fortsetzen wollte, wir jedoch wollten unbedingt in die Pilgermesse und so kam es, dass ich das Gespräch beendete, obwohl mir die nette Dame sehr leidtat, weil sie sich offensichtlich sehr alleine fühlte.
Also gingen wir noch nach dem Abendessen, genauer gesagt um acht Uhr, in die Kathedrale zur Pilgermesse. Und nun geschah für mich das Unglaubliche. Während dieser Messe wandte sich wieder der liebe Gott an mich. Erst leise und dann immer lauter. Ich war so gerührt, dass ich vor lauter Glück anfing zu heulen. Ich konnte es nicht fassen, dass ausgerechnet mir das passierte. Dass Er sich an diesem schönen Ort ausgerechnet an mich wendete! Warum nicht an meinen Mann, der sicher der bessere Christ ist von uns beiden? Der im Gegensatz zu mir pünktlich seine Kirchensteuern bezahlt und nicht wie ich beim geringsten Problem mit Ihm haderte! Oder vielleicht spinn ich jetzt? Hatte ich doch wie bereits vermutet Halluzinationen? Bei diesen Gedanken ging es mir immer schlechter und ich konnte nicht mehr aufhören zu heulen. Bis die Stimme sagte: »Habe Ich dir nicht in den letzten Tagen bewiesen, dass Ich bei dir bin ?« Nach diesem Satz war mir schlagartig klar, dass es sich um Gott handelte, der mit mir sprach. Nun ließ ich meinen Tränen freien Lauf, ich konnte ja ohnehin nichts ändern. Mein Mann nahm mich liebevoll in den Arm, stellte keine Fragen und reichte mir nur Papiertaschentücher, eins nach dem anderen. Larissa und Franziska waren etwas irritiert, nahmen es aber gelassen und stellten ihrerseits ebenfalls keine Fragen.
Zum Abschluss der Pilgermesse gingen wir zur Kommunion und ich hatte das Gefühl, dass der Pfarrer, der die Messe hielt, wusste, was soeben mit mir geschehen war. Er lächelte mich liebevoll an, legte seine Hand auf meinen Kopf und segnete mich, was zudem noch ein ganz spezielles Glücksgefühl in mir auslöste. Von diesem Tag an wusste ich ganz genau, dass Gott uns begleitet und wir alle vier gesund in Santiago de Compostela ankommen würden.
Danach gingen wir zurück und tranken zur Feier des Tages noch ein Bier, bevor wir müde ins Bett sinken würden. Beschwingt von diesen Ereignissen beschlossen wir am nächsten Tag keinen Ruhetag in Logroño einzulegen, sondern die Strecke von Logroño bis Navarette , dies sind ungefähr zwölf Kilometer, mit dem Bus zurückzulegen. Von Navarette aus hätten wir dann am nächsten Tag nur neunzehn Kilometer bis zum eigentlichen Etappenziel in Najera zu gehen. In Navarette wollten wir
Weitere Kostenlose Bücher