Drei Generationen auf dem Jakobsweg
sofort einen Schuhwechsel vornehmen. Mit meinen Sandalen konnte ich dann wieder langsam weiterlaufen.
Endlich in Reliegos angekommen, saßen Larissa und Franzi bereits in der einzigen Pausenstation für Pilger. Froh sie wiederzusehen, sagte ich nichts von meinem Erlebnis, denn vielleicht wäre ich bei der Erzählung zornig geworden, weil ich dachte, dass auch ich ein bisschen Rücksicht erwarten konnte. Aber der Weg hat mich auch gelehrt, dass es besser ist, manche Dinge nicht auszusprechen. Franzi hatte ihren Spaß mit den Malkreiden. Mittlerweile blinzelte auch mal ein Sonnenstrahl durch die Wolken. Als die junge Bedienung der Pausenstation unsere Franzi sah, brachte sie ihr umgehend eine große Schiefertafel und noch weitere Malkreiden. Wir bestellten uns heute mal Spiegeleier mit Speck und Pommes. Franziska bekam natürlich eine extra Portion auf Einladung des Hauses. Alles war wieder gut. Ich musste nur einsehen, dass ich ein gewisses, aber gleichmäßiges Tempo gehen musste, um meinen Fuß nicht zu überanstrengen. Franzi machte nach unserer Rast wieder ihren Mittagsschlaf im Wagen und wohl wissend, dass nur noch weitere acht Kilometer vor uns und unser Zimmer bereits reserviert waren, konnten wir den Rest des Weges langsam und entspannt zurücklegen.
In Reliegos angekommen suchten wir unser Hostal natürlich erst einmal auf der falschen Seite des Ortes. Peter lief etwas voraus, Larissa schob Franzi und ich ging hinter ihr, als ich merkte, dass Larissa plötzlich etwas schwankte. Ich nahm sie am Arm, aber sie tat natürlich, als ginge es ihr super. Nur keine Schwäche zeigen, trotzdem setzte sie sich sofort auf den Treppenabsatz eines Geschäftes und ich spürte, dass es ihr nicht gut ging. Jetzt signalisierte uns Peter, dass er den Eingang zu unserem Hostal auf der gegenüberliegenden Seite gefunden hatte. Larissa stand immer noch etwas schwankend auf und Franzi hüpfte ausgeschlafen aus ihrem Wagen, als wir in der Eingangshalle des Hostals ankamen. Der Herr am Empfang rief uns sofort entgegen, dass das Haus ausgebucht sei. Wir staunten nicht schlecht, sagten ihm aber, dass wir reserviert hätten. Schnell schaute er in den Computer und übergab uns anschließend unseren Zimmerschlüssel. Die Kinderkutsche kam in einen Nebenraum der Rezeption und was stand da noch? Zwei rote, zwei schwarze, ein hellblauer und ein hellgrauer Koffertrolley mit bunten Quasten dran, wartend, um von ihren Besitzerinnen abgeholt zu werden. Jetzt wussten wir, dass wir unter einem Dach mit den frisch manikürten Damen vom französischen Kegelklub nächtigen durften. Franzi wollte mit den Quasten an den Koffern spielen, aber Larissa untersagte ihr das schnell. Ich dagegen stellte mir gerade vor, ob ich sie schimpfen würde, hätte sie, versehentlich natürlich, ein Quaste abgerissen.
Nun betrat ein Mitpilger den Vorraum. Er hatte leider nicht reserviert. Auch er trug einen großen Rucksack und wir trafen ihn seit geraumer Zeit täglich auf unserem Weg. Er war einer der wenigen Deutschen, die wir bisher getroffen hatten. Losgelaufen war er mit seiner Freundin, mit der er seit fünf Jahren zusammenlebte. Auf dem Camino hatten sie festgestellt, dass sie doch nicht zueinanderpassten, zu unterschiedlich waren, zu wenige gemeinsame Interessen hatten und auch die verschiedenen Berufswege nicht ganz kompatibel waren. So spricht man heute von der Liebe! Nicht kompatibel. In Burgos hatten sie sich endgültig getrennt. Er hatte sie noch ins Flugzeug gesetzt und seine Reise alleine fortgesetzt. Sie würde bis zu seiner Rückkehr aus der gemeinsamen Wohnung ausziehen und sich etwas Eigenes suchen. Auch das gibt es auf dem Camino. Etwas unglücklich aussehend verabschiedete er sich von uns und musste sich weiter um ein Zimmer bemühen.
Wir hingegen erhielten unseren Zimmerschlüssel, mehr als ein Dreibettzimmer hatten wir für heute Nacht auch nicht bekommen. Im Zimmer angekommen waren wir überglücklich. Es hatte große, saubere Betten und ein schönes und sauberes Bad. Larissa verpasste ich ein paar Kreislauftropfen und für abends verordnete ich eine größere Portion an Essen. Jetzt ruhten wir uns noch ein bisschen aus, bevor wir dann nach unten in den Speisesaal gingen. Vor dem Essen mussten wir uns noch etwas gedulden und uns in den hinteren Bereich in eine kleine Bar setzen. Ich war so dankbar, dass wir alle wieder den Weg unbeschadet überstanden und unser heutiges Ziel erreicht hatten. Zwei Damen aus Frankreich, die wir auch von Anfang
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