Drei Hände Im Brunnen
kannten seinen fiesen Charakter längst.
Sie waren immer noch verheiratet. Lenia hatte Jahre gebraucht, sich dazu durchzuringen, ihr Vermögen mit ihm zu teilen, und würde wahrscheinlich genauso lange mit dem Rauswurf warten. Bis dahin blieb ihren alten Freunden nichts anderes übrig, als sich endlose Debatten über das Thema anzuhören.
Leinen voll nasser Wäsche hingen vor dem Eingang, was mir die Möglichkeit gab, mich vorbeizuschleichen und auf der Treppe zu sein, bevor Lenia mich bemerkte. Aber Nux, das freche Fellknäuel, sauste hinein und bellte wie wild. Wütende Schreie der Bottichstampferinnen und Kremplerinnen ertönten, dann kam Nux mit einer Toga im Maul wieder herausgerannt, verfolgt von Lenia selbst.
Sie war eine wildäugige, übergewichtige Furie mit wirrem Haar, verfügte aber dank ihrer Arbeit über ansehnliche Muskeln. Ihre Hände und Füße waren durch den ständigen Umgang mit warmem Wasser rot und geschwollen, und ihr Haar gab sich den Anschein, ebenfalls grellrot zu sein. Ein bisschen außer Atem, brüllte sie meinem Hund Obszönitäten nach, doch der hatte sich schon über die Straße davongemacht.
Lenia hob die Toga auf. Sie schüttelte sie lethargisch aus und tat so, als würde sie die neuen Dreckstreifen darauf nicht sehen. »Ach, du bist zurück, Falco?«
»Hallo, du alte Schreckschraube. Wie läuft das Geschäft mit der dreckigen Wäsche?«
»Es stinkt, wie immer.« Sie hatte eine Stimme, die man bis zum Palatin hören konnte, von der Süße einer eintönigen Trompete, die bei einer Legionärsparade Signal blies. »Hast du diesem Drecksack Petronius erlaubt, oben zu pennen?«
»Ja, hab ich. Wir arbeiten jetzt zusammen.«
»Deine Mutter war hier, mit ihrer zahmen Schlange im Schlepptau. Sie behauptet, du würdest für ihn arbeiten.«
»Lenia, ich mach seit zwanzig Jahren schon nicht mehr das, was meine Mutter mir sagt.«
»Große Töne, Falco!«
»Ich arbeite für mich und mit Leuten, die ich auf Grund ihrer Fähigkeiten, ihrer Verwendungsfähigkeit und ihres freundlichen Wesens auswähle.«
»Deine Mama sagt, Anacrites wird dich auf Trab halten.«
»Und ich sage, er kann auf ein Katapult krabbeln und sich über den Tiber schießen lassen.«
Lenia lachte. Ihre Heiterkeit hatte etwas Spöttisches. Sie kannte die Macht, die Mama über mich hatte – oder zu haben meinte.
Atemlos kam ich oben an, nicht mehr an den Aufstieg gewöhnt. Petronius schien überrascht, dass nur ich es war. Aus irgendeinem Grund nahm er an, dass ihm wegen seiner kunstvollen Werbung am Forum vornehme Klienten mit interessanten Rechtsproblemen die Tür einrennen würden. Natürlich war keiner gekommen.
»Hast du unsere Adresse angegeben?«
»Bring mich nicht zum Weinen, Falco.«
»Also, hast du’s getan?«
»Ja.« Ein unbestimmter Ausdruck huschte über sein Gesicht.
Die Wohnung sah kleiner und schäbiger denn je aus. Es gab zwei Zimmer, eines zum Schlafen und das zweite für alles andere, dazu noch einen Balkon. Der hatte das, was Smaractus als »Flussblick« bezeichnete. Was stimmte, wenn man bereit war, vollkommen verdreht auf der Balkonbrüstung zu sitzen. Es war gerade genug Platz, um mit einer Liebsten draußen auf einer Bank zu hocken, wobei man klugerweise nicht allzu viel wackeln sollte, damit die Balkonstützen nicht abbrachen.
Das Einzige, was ich bei unserem Umzug auf die andere Straßenseite mitgenommen hatte, waren mein Bett, ein antiker Dreibeintisch, den Helena mir einst geschenkt hatte, und unsere Küchenutensilien (nicht gerade von kaiserlichem Standard). Das hieß, dass es jetzt nichts mehr gab, worauf man schlafen konnte, aber Petro hatte es sich mit einer Art Bettzeugrolle auf dem Boden bequem gemacht, offenbar einem Überbleibsel aus unseren Armeetagen. Ein paar Kleidungsstücke hingen an den Haken, die ich angebracht hatte, als ich noch hier wohnte. Auf einem Hocker waren pedantisch seine persönlichen Toilettenartikel aufgereiht: Kamm, Zahnstocher sowie Strigilis und Ölflasche für die Bäder.
Im äußeren Zimmer hatte sich kaum etwas verändert. Es gab einen Tisch, eine Bank, eine kleine steinerne Kochstelle, zwei Lampen und einen Eimer für den Abfall. Auf dem Rost stand ein blank gescheuertes Essgeschirr, das ich nicht kannte. Der Tisch war mit einer Schale und einem passenden Becher aus rotem Ton gedeckt, dazu ein Löffel und ein Messer. Umsichtiger, als ich es je gewesen war,
Weitere Kostenlose Bücher