Drei Hände Im Brunnen
zerrieben wird, wie lange würde es dauern, bis es in Rom ankommt?«
»Sie werden überrascht sein. Selbst die Aqua Marcia, die sechzig Meilen lang ist, weil sie zur Beibehaltung des Gefälles über Land geführt wird, braucht nur einen Tag, um das Wasser in die Stadt zu bringen. Bei den Kürzeren dauert es manchmal nicht mehr als zwei Stunden. Natürlich würde der Abrieb schwimmende Gegenstände etwas verlangsamen. Aber nicht allzu viel, würde ich sagen.«
»Sie wollen mich also davon überzeugen, dass dieser Wahnsinnige auf dem Land in der Nähe von Tibur sein Unwesen treibt?«
»Ich würde es noch genauer eingrenzen. Ich wette, er wirft die abgetrennten Stücke in den Anio.«
»Das kann ich nicht glauben.«
»Na ja, das ist ja auch nur eine Vermutung.«
Ich redete hier mit einem Mann, der daran gewöhnt war, gute Vorschläge zu machen, die von inkompetenten Vorgesetzten einfach ignoriert wurden. Ihm war das inzwischen egal. Ich konnte es annehmen oder sein lassen. Seine Theorie klang zu weit hergeholt und doch gleichzeitig auf absurde Weise möglich.
Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte.
XXVI
Zum Glück konnte ich die Beurteilung noch rausschieben. Zunächst einmal musste etwas Dringenderes überprüft werden.
Ich hatte mich mit Petronius in der Brunnenpromenade verabredet. Als ich am frühen Nachmittag dort eintraf, fand ich als Erstes heraus, dass ich das Mittagessen mit Helena verpasst hatte; sie hatte ihres bereits verspeist, da sie annahm, ich würde woanders essen. Als Zweites entdeckte ich, dass Petronius vor mir angekommen war und mein Mittagessen serviert bekommen hatte.
»Schön, dich in der Familie zu haben«, bemerkte ich.
»Danke.« Er grinste. »Wenn wir gewusst hätten, dass du hierher unterwegs bist, hätten wir natürlich gewartet.«
»Da sind noch ein paar Oliven«, meinte Helena tröstend.
»Wie großzügig!«, erwiderte ich.
Nachdem wir uns gesetzt hatten, berichtete ich, was Bolanus mir erzählt hatte. Petronius fand die Idee, dass der Mörder auf dem Land lebte, noch absurder als ich. Er war auch nicht sonderlich an meinem neu erworbenen Wissen über die Aquädukte interessiert. Ja, man muss sagen, dass er als Partner eifersüchtig wie der Hades war. Er wollte nur darüber reden, was er selbst herausgefunden hatte.
Zuerst mochte ich nichts davon hören. »Wir sitzen ganz schön in der Tinte, falls Bolanus Recht hat und die Morde in der Campania oder oben in den Bergen verübt werden.«
»Vergiss es.« Petros Erfahrung als Offizier der Vigiles kam zum Tragen. »Die Jurisdiktionsprobleme sind der reinste Alptraum, wenn du dich außerhalb Roms begeben musst.«
»Julius Frontinus könnte in der Lage sein, dieses ganze bürokratische Brimborium zu umgehen.«
»Dafür würde er mehrere Legionen brauchen. Eine Ermittlung über die Stadtgrenze hinaus durchzuführen ist so gut wie unmöglich. Lokalpolitik, senile örtliche Magistrate, hirnlose Banden, die noch nicht mal einen Pferdedieb dingfest machen können, uralte pensionierte Generäle, die meinen, allwissend zu sein, weil sie mal gehört haben, wie Julius Cäsar sich räusperte …«
»Na gut. Dann verfolgen wir erst mal jeden möglichen Hinweis in Rom.«
»Danke für deine Einsicht. Ich werde zwar stets ein Bewunderer deiner intuitiven Herangehensweise sein, Marcus Didius, aber …«
»Du findest, dass meine Methode nichts taugt.«
»Ich kann es sogar beweisen. Legitime polizeiliche Vorgehensweisen sind diejenigen, die Ergebnisse bringen.«
»Ach ja?«
»Ich bin dem Mädchen auf die Spur gekommen.«
Offensichtlich hatte seine Methode wirklich etwas für sich – die mystische Zutat, die man Erfolg nennt.
Helena und ich brachten ihn auf die Palme, indem wir uns weigerten, weitere Fragen zu stellen, obwohl er darauf brannte, es uns zu erzählen.
Wir blieben trotzdem gelassen, nervten ihn mit einer Erörterung darüber, ob seine eine Identifikation mehr wert war als die Hintergrundinformationen, die ich erhalten hatte und die neue Ideen zünden und schließlich zu einer Lösung führen konnten …
»Entweder hört ihr auf damit«, knurrte Petro, »oder ich gehe allein los und befrage den Mann.«
»Welchen Mann, lieber Lucius?«, erkundigte sich Helena sanft.
»Den namens Caius Cicurrus, der heute Morgen der Sechsten Kohorte Meldung gemacht hat, dass seine geliebte Frau Asinia vermisst
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