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Drei Irre Unterm Flachdach

Drei Irre Unterm Flachdach

Titel: Drei Irre Unterm Flachdach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastienne Voss
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Fassade war das Flac h dach. Die Bauaufsicht hatte bei der Abnahme des Hauses wegen der Dac h konstruktion Bedenken angemeldet, doch Großvater hatte den Genossen g e trotzt: »Auf diesem Dach kann ein Elefant scheißen, und es hält!« Das verstand ich nicht. Es hätte doch gereicht, zum Beweis einen Elefanten draufz u stellen, warum sollte der auch noch scheißen?
    Am Ende klappte es mit unserer Ranch auch ohne Elefa n tentest, aber die Staatliche Bauaufsicht hatte vorsicht s halber die Nutzungsgenehmigung um e i nen Punkt ergänzt: »Das Einfamilienhaus kommt hinsichtlich der Fassadenau s führung, z.T. auch der Konstruktionen und der Ausbauausführung einem Exp e rimentalbau nahe ... Schäden, die sich daraus ergeben sollten, gehen zu Lasten des Bauherrn.«
    Nach Gustavs Einschätzung hielt das Dach die nächsten hundert Jahre. Alle r dings stand unsere fetzige Ranch mehrmals im Jahr unter Wasser, weil der Regen durch das undichte Flachdach pladderte. Wir stolperten über Eimer und Wa n nen, die von allen Familienmitgliedern im Akkord geleert werden mußten. Manchmal halfen sogar die Nachbarn mit.
    Während wir im Einsatz an der Wasserfront waren, schlurfte Großvater mit aufgespanntem R e genschirm im Haus umher und erteilte Anweisungen. Er führte sich auf wie der Leiter eines Kat a stropheneinsatzkommandos und brüllte: »Jenni, Wanne fünf hi n ten links neben Kamin voll! Leeren! Wilma, steh nicht rum, Eimer eins und zwei aus der Veranda raus! Leeren und wieder an den Platz!« An so l chen lagen wünschte ich mir, wir hätten ein Haus mit ganz gewöhnlichem Spit z dach, wie andere Leute auch. Ich durfte nicht in den Garten, wurde dauernd gescheucht und mußte schwere Eimer schleppen.
    Wenn es nicht regnete, turnte ich gern auf unserm Flachdach rum. Über eine Leiter an der Hauswand kam man leicht hinauf. Die Sicht von da oben war toll, und Papierflugzeuge segelten schön lange bis zur Erde. Ich stützte die Ellenb o gen in der Rege n rinne ab, die sich unter meiner Last stark nach unten bog, und sah einer selbstgefalteten P a pier-Iljuschin hinterher. Ich stellte mir vor, daß sie bis nach Moskau flog, wo die Eltern tanzten.
    Manchmal nahm ich Freunde mit auf das Dach, und wir spielten Fangen. Wenn Großvater unten im Haus war und das Getra m pel hörte, kam er schreiend rausgelaufen und machte den Ki l lerblick. »Ihr Rindviecher! Ich hau euch die Schädel ein! Ihr trampelt mir meine Dachpappe kaputt!« Dabei tat er das selbst. Immer wenn er mit Großmutter zur gleichen Zeit ins Bett wollte, die aber noch keine Lust hatte, stieg er aufs Dach und machte Krach. Großmutter verstand u n ten kein Wort mehr von ihrem Fernsehlustspiel und drehte den Lautstä r keknopf bis zum Anschlag. So merkte sie nicht, daß Großvater längst wieder unten im Wohnzimmer stand. Er hielt sich die Ohren zu und kreischte, Großmutter solle auf der Stelle den Fernseher leise drehen, sonst platze ihm das Trommelfell.
    Wenn er uns wieder mal auf dem Dach erwischt hatte, kletterten wir schnell die Leiter runter und sagten, der Ball sei aus Ve r sehen hochgeflogen. Großvater glaubte uns nicht. Er schickte meine Freunde nach Hause. Den Rest des Tages mußte ich in meinem Zimmer verbringen. Aus Rache verstopfte ich die Rege n rinne mit Blättern. Sie war sowieso schon verbogen.
    Immer wenn das Wetter schön wurde, begann Großvater, das Dach neu zu teeren. Er war unentwegt auf der Suche nach Dachpappe. Für unser ewig undichtes Flachdach brauchten wir ma s senhaft davon. Dachpappe war, genau wie Ziegelsteine, knapp in der DDR. Da u ernd wurden wir ermahnt. »Daß mir ja keiner an die Dachpappe geht!« Ich konnte den Satz nicht mehr hören. Heimlich trennte ich von jeder Rolle ein Stück ab und legte damit meine Gartenhöhle aus. Die ganze Teererei war völlig sinnlos, es re g nete sowieso jedes Jahr wieder durch.
    In das Fundament unseres Bungalows hatte Großvater diverse Gege n stände zur Stabilisierung eingemauert. Besonders stolz war er auf einen alten Fahrra d rahmen, auf dessen erstklassige Stüt z funktion im Fundament er schwor. Ich glaubte nichts von dem, was er erzählte. In der Schule aber gab ich mit dem Fahrradrahmen an und erntete hämische Blicke. »Die Vossen ihr Opa spinnt ja!« tuschelten sie hinter meinem Rücken.
    Neben Fahrradrahmen, Blechschüsseln, alten Schuhen und Bratpfannen war auch eine Urkunde in den Grundmauern ve r steckt, und in Großvaters Bücherr e gal entdeckte ich ein goldenes Buch. Gustav hatte

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