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Drei Kameraden

Drei Kameraden

Titel: Drei Kameraden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Maria Remarque
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hätte er keine Lust, sich allein etwas zu essen zu machen. Er hätte auch nicht viel Hunger; er sei viel zu müde dazu.
     Ich sah ihn von der Seite an, während er mit hängenden Schultern neben mir herging. Vielleicht glaubte er wirklich, was er sagte, aber es war doch jammervoll, es mit anzuhören. Es war nur ein bißchen Sicherheit und ein bißchen Geld, woran diese Ehe und dieses sanfte, bescheidene Leben scheiterte. Ich dachte daran, daß es Millionen solcher Menschen gab und daß es immer nur das bißchen Sicherheit und das bißchen Geld war. Das Dasein war in einer entsetzlichen Weise zusammengeschrumpft zu dem armseligen Kampf um die nackte Existenz. Ich dachte an die Prügelei heute nachmittag, ich dachte an das, was ich in den letzten Wochen gesehen hatte, ich dachte an alles, was ich schon gemacht hatte, und dann dachte ich an Pat und hatte plötzlich das Gefühl, daß das nie zusammenkommen könnte. Der Sprung war zu groß, das Leben war zu dreckig geworden für das Glück, es konnte nicht dauern, man glaubte nicht mehr daran, es war eine Atempause, aber kein Hafen.
     Wir stiegen die Treppe hinauf und schlossen die Tür auf. Auf dem Vorplatz blieb Hasse stehen. »Also dann auf Wiedersehen...«
     »Essen Sie heute mal was«, sagte ich.
     Er schüttelte den Kopf mit einem schwachen Lächeln, als
    wollte er um Entschuldigung bitten, und ging in sein leeres dunkles Zimmer. Ich blickte ihm nach. Dann ging ich weiter den Schlauch des Korridors entlang. Plötzlich hörte ich leises Singen. Ich blieb stehen und horchte. Es war nicht Erna Bönigs Grammophon, wie ich zuerst glaubte; es war die Stimme Pats. Sie war allein in ihrem Zimmer und sang. Ich sah nach der Tür hinüber, hinter der Hasse verschwunden war, ich beugte mich wieder vor und lauschte, und dann preßte ich plötzlich die Hände zusammen – verflucht, mochte es tausendmal nur eine Atempause und kein Hafen sein, mochte es tausendmal zu weit auseinanderliegen, so daß man nicht daran glauben konnte – gerade weil man nicht daran glauben konnte, gerade deshalb war es immer und immer wieder bestürzend neu und überwältigend, das Glück!

     Pat hörte mich nicht kommen. Sie saß auf dem Boden vor dem Spiegel und probierte an einem Hut herum, einer kleinen schwarzen Kappe. Neben ihr auf dem Teppich stand die Lampe. Das Zimmer war voll von einer warmen braungoldenen Dämmerung, und nur ihr Gesicht war hell vom Licht bestrahlt. Sie hatte sich einen Stuhl herangerückt, von dem ein bißchen Seide herunterhing. Auf dem Sitz lag eine Schere und blitzte.
     Ich blieb ruhig an der Tür stehen und sah zu, wie sie ernsthaft an der Kappe arbeitete. Sie liebte es, auf dem Boden zu sitzen, und ich hatte sie manchmal schon abends eingeschlafen in irgendeiner Zimmerecke auf dem Boden gefunden, neben sich ein Buch und den Hund.
     Der Hund lag auch jetzt neben ihr und begann zu knurren. Pat blickte auf und sah mich im Spiegel. Sie lächelte, und mir schien, als ob alles in der Welt heller dadurch würde. Ich ging durch das Zimmer, kniete hinter ihr nieder und legte meinen Mund nach all dem Dreck des Tages auf die warme, weiche Haut des Nackens vor mir.
     Sie hob die schwarze Kappe hoch. »Ich habe sie geändert, Liebling. Gefällt sie dir so?«
    »Es ist ein ganz herrlicher Hut«, sagte ich.
     »Aber du siehst ja gar nicht hin! Ich habe hinten den Rand abgeschnitten und ihn vorn hochgeklappt.«
     »Ich sehe ihn ganz genau«, sagte ich mit dem Gesicht in ihrem Haar, »es ist ein Hut, bei dem die Pariser Schneider
    vor Neid erbleichen würden, wenn sie ihn sähen.«
     »Aber Robby!« Lachend schob sie mich zurück. »Du hast keine Ahnung davon. Siehst du überhaupt manchmal, was ich anhabe?«
     »Ich sehe jede Kleinigkeit«, erklärte ich und hockte mich dicht neben sie auf den Boden, allerdings etwas in den Schatten, wegen meiner Nase.
     »So? Was habe ich denn gestern abend angehabt?«
     »Gestern?« Ich dachte nach. Ich wußte es tatsächlich nicht.
     »Das habe ich erwartet, Liebling! Du weißt ja überhaupt fast gar nichts von mir.«
     »Stimmt«, sagte ich, »aber das ist gerade das Schöne. Je mehr man voneinander weiß, desto mehr mißversteht man sich. Und je näher man sich kennt, desto fremder wird man sich. Sieh mal die Familie Hasse an; – die wissen alles voneinander und sind sich mehr zuwider als die fremdesten Menschen.«
     Sie setzte die kleine schwarze Kappe auf und probierte sie vor dem Spiegel. »Was du da sagst, stimmt nur halb,

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