Drei Kameraden
hinein.«
Wir standen vor den hellen Fenstern des Reisebüros der Hamburg-Amerika-Linie. In der Mitte war das Modell eines Dampfers aufgestellt. Es schwamm auf blauen Pappwellen, und dahinter erhob sich mächtig die vergrößerte Fotografie der Wolkenkratzer Manhattans. An den Fenstern hingen große, bunte Landkarten mit rot eingezeichneten Routen.
»Nach Amerika fahren wir auch«, sagte Pat. »Nach Kentucky und Texas und New York und San Franzisko und Hawaii. Und dann über Südamerika weiter. Über Mexiko und den Panamakanal nach Buenos Aires. Und dann über Rio de Janeiro zurück.«
»Ja...« Sie sah mich strahlend an.
»Ich war noch nicht da«, sagte ich. »Ich habe dir das damals vorgeschwindelt.«
»Das weiß ich«, erwiderte sie.
»Das weißt du?«
»Aber, Robby! Natürlich weiß ich es. Ich wußte es gleich.«
»Ich war damals ziemlich verrückt. Unsicher und dumm und verrückt. Deshalb habe ich geschwindelt.«
»Und heute?«
»Heute noch mehr«, sagte ich. »Du siehst es ja.« Ich zeigte
auf den Dampfer im Schaufenster. »Verflucht, daß man nicht mitfahren kann!«
Sie lächelte und legte ihren Arm in meinen. »Ach, Liebling, warum sind wir nicht reich? Wir wüßten so großartig, was wir damit anfangen sollten! Es gibt doch so viele reiche Leute, die nichts Besseres kennen, als immer wieder in ihre Büros oder ihre Banken zu gehen.«
»Deshalb sind sie ja reich«, sagte ich. »Wenn wir es wären, würden wir es bestimmt nicht lange bleiben.«
»Das glaube ich auch. Wir würden es sicher irgendwie verlieren.«
»Vielleicht würden wir auch aus Sorge, es zu verlieren, nichts davon haben. Heute ist Reichsein direkt ein Beruf. Und gar kein so ganz einfacher.«
»Die armen Reichen!« sagte Pat. »Da ist es wahrscheinlich besser, wir bilden uns ein, wir wären es schon gewesen und hätten alles bereits wieder verloren. Du hast einfach vor einer Woche Bankrott gemacht und alles verkaufen müssen – unser Haus und meinen Schmuck und deine Autos. Was meinst du dazu?«
»Das ist sogar höchst zeitgemäß«, erwiderte ich.
Sie lachte. »Dann komm! Wir beiden Bankrotteure gehen jetzt in unser kleines Pensionszimmer und erzählen uns Geschichten aus den vergangenen großen Zeiten.«
»Das ist eine gute Idee.«
Wir gingen langsam weiter durch die abendlichen Straßen. Immer mehr Lichter flammten auf, und als wir am Friedhof waren, sahen wir durch den grünen Himmel ein Flugzeug ziehen, dessen Kabinen hell erleuchtet waren. Es flog einsam und schön durch den klaren, hohen, einsamen Himmel, wie ein wunderbarer Vogel der Sehnsucht aus einem alten Märchen. Wir blieben stehen und sahen ihm nach, bis es verschwunden war.
Wir waren kaum eine halbe Stunde zu Hause, als es an
meine Zimmertür klopfte. Ich dachte, es sei wieder Hasse, und ging, um zu öffnen.
Aber es war Frau Zalewski. Sie sah verstört aus.
»Kommen Sie doch rasch einmal«, flüsterte sie.
»Was ist denn los?«
»Hasse.«
Ich sah sie an. Sie zuckte mit den Achseln. »Er hat sich
eingeschlossen und antwortet nicht.«
»Augenblick.«
Ich ging zurück und sagte zu Pat, sie solle sich etwas
ausruhen; ich hätte inzwischen etwas mit Hasse zu besprechen.
»Gut, Robby. Ich bin auch schon wieder müde.«
Ich folgte Frau Zalewski über den Korridor. Vor Hasses
Tür stand bereits fast die ganze Pension – Erna Bönig im bunten Drachenkimono, mit roten Haaren; vierzehn Tage vorher war sie noch weißblond gewesen – der Briefmarken sammelnde Rechnungsrat in einer Hausjacke von militärischem Schnitt –Orlow, blaß und ruhig, gerade heimgekehrt vom Tanztee –Georgie, nervös klopfend und mit gedämpfter Stimme Hasse anrufend –; und endlich Frida, schielend vor Aufregung, Angst und Neugier.
»Wie lange klopfst du schon, Georgie?« fragte ich.
»Über 'ne Viertelstunde«, platzte Frida sofort hochrot
dazwischen, »und zu Hause ist er, er ist überhaupt nicht mehr 'rausgegangen, seit Mittag nicht, nur 'rumgelaufen ist er fortwährend, ewig hin und her, und dann war es ruhig...«
»Der Schlüssel steckt von innen«, sagte Georgie. »Es ist abgeschlossen.«
Ich sah Frau Zalewski an. »Wir müssen den Schlüssel herausstoßen und aufmachen. Haben Sie noch einen zweiten Schlüssel?«
»Ich hol' mal das Schlüsselbund«, erklärte Frida ungewohnt dienstfertig. »Vielleicht paßt einer.«
Ich ließ mir einen Draht geben, schob damit den Schlüssel gerade und stieß ihn
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