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Drei Kameraden

Drei Kameraden

Titel: Drei Kameraden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Maria Remarque
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uralten Lehrerin geschoben hätten.
     »Weshalb haben sie denn das gemacht?« fragte ich.
    »Er ist geheilt und fährt in den nächsten Tagen ab«,
    erwiderte Antonio. »Da werden immer solche Streiche gemacht.«
     »Das ist der berühmte Galgenhumor der Zurückbleibenden, Liebling«, sagte Pat.
     »Hier oben wird man kindisch«, meinte Antonio entschuldigend.
     Geheilt, dachte ich, einer ist geheilt und fährt zurück. – »Was willst du trinken, Pat?« fragte ich.
     »Einen Martini. Einen trockenen Martini.«
     Ein Radio begann zu spielen. Wiener Walzer. Sie wehten
    durch die warme, sonnige Luft wie leichte, helle Fahnen. Der Kellner brachte die Martinis. Sie waren sehr kalt und perlten noch, während die Sonne hineinschien. »Schön, so zu sitzen, wie?« fragte Pat.
     »Herrlich«, erwiderte ich.
    »Aber manchmal ist es nicht zum Aushalten«, sagte sie.

    Wir blieben zum Essen unten. Pat wollte es gern. Sie hatte in der letzten Zeit immer im Sanatorium bleiben müssen, und dieses war ihr erster Ausgang; da meinte sie, sie fühle sich doppelt so gesund, wenn sie einmal im Dorf essen könne. Antonio aß mit uns. Nachher fuhren wir wieder hinauf, und Pat ging in ihr Zimmer, weil sie zwei Stunden liegen mußte. Köster und ich holten Karl aus der Garage und sahen ihn nach. Wir mußten zwei gebrochene Federblätter auswechseln. Der Garagemeister hatte Werkzeug da, und wir machten uns an die Arbeit. Dann füllten wir Öl nach und schmierten das Chassis durch. Als alles fertig war, schoben wir ihn hinaus. Dreckbespritzt, mit
    hängenden Ohren, stand er im Schnee.
    »Wollen wir ihn waschen?« fragte ich.
     »Nein, nicht unterwegs«, sagte Köster. »Das nimmt er übel.«
     Pat kam hinzu. Sie sah warm und ausgeschlafen aus. Ihr Hund tobte um sie herum. »Billy!« rief ich. Er stutzte, aber er war nicht übermäßig freundlich. Er kannte mich nicht wieder und wurde ganz verlegen, als Pat ihn auf mich aufmerksam machte. »So geht's«, sagte ich. »Gottlob, daß die Menschen ein besseres Gedächtnis haben. Wo war er denn gestern?«
     Pat lachte. »Er hat die ganze Zeit unterm Bett gelegen. Er ist eifersüchtig, wenn ich Besuch bekomme, und zieht sich dann ärgerlich zurück.«
     »Du siehst wunderbar aus«, sagte ich.
     Sie blickte mich glücklich an. Dann trat sie an Karl heran. »Ich möchte mal wieder drinsitzen und ein kleines Stück fahren.«
     »Natürlich«, sagte ich, »was, Otto?«
     »Selbstverständlich. Sie haben ja einen dicken Mantel an, und hier sind noch Schals und Decken genug.«
     Pat setzte sich nach vorn, hinter die Windschutzscheibe, neben Köster. Karl brüllte auf. Die Auspuffgase dampften weißblau in die kalte Luft. Der Motor war noch nicht warm. Langsam begannen die Ketten klappernd durch den Schnee zu mahlen. Karl kroch fauchend, knallend und brummend zum Dorf hinunter und die Hauptstraße entlang, ein geduckter Wolf unter dem Getrabe der Pferde und dem Glockenläuten der Schlitten.
     Wir kamen aus dem Dorf heraus. Es war später Nachmittag, und die Schneefelder schimmerten rötlich, überhaucht von der tiefen Sonne. Ein paar Heuschober am Hang lagen fast begraben im Weiß. Wie schmale Kommas schwangen die letzten Skiläufer zu Tal. Sie passierten dabei die rote Sonne, die mächtig noch einmal hinter dem Hang hervorkam, ein Ball düsterer Glut.
     »Seid ihr gestern hier entlanggekommen?« fragte Pat.
     »Ja.«
     Der Wagen gewann die Kuppe der ersten Anhöhe. Köster
    hielt. Die Aussicht von hier oben war überwältigend. Am Tage vorher, als wir durch den gläsernen blauen Abend hindurchklirrten, hatten wir nichts davon bemerkt. Wir hatten nur auf die Straße geachtet.
     Hang hinter Hang öffnete sich ein vielfältiges Tal. Die Kanten des fernen Gebirges standen scharf und klar vor dem blaßgrünen Himmel. Sie leuchteten golden. Goldene Flecken, wie abgestäubt, lagen auch auf den Schneefeldern unterhalb der Gipfel. Die Hänge gingen von Sekunde zu Sekunde immer mehr in ein prunkvolles Weißrot über, und die Schatten wurden immer blauer. Die Sonne stand gerade in der Lücke zwischen zwei schimmernden Gipfeln, und das weite Tal mit seinen Höhen und Hängen wirkte wie eine mächtige, stumme, leuchtende Parade vor einem untergehenden Herrscher. Das violette Band der Straße schlängelte sich um die Hügel, verschwand, tauchte wieder auf, dunkel in den Kurven, an Dörfern vorbei, und lief dann gerade auf den Paßsattel am Horizont zu.
     »So weit vom Dorf war ich noch nie«, sagte

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