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Drei Kameraden

Drei Kameraden

Titel: Drei Kameraden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Maria Remarque
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Schnee.
     »Ja.«
     Er zeigte mir, wie man die Schier anmachte und wie man das Gleichgewicht hielt. Es war nicht schwer. Ich fiel ziemlich oft, aber dann gewöhnte ich mich allmählich, und es klappte schon ein wenig. Nach einer Stunde hörten wir auf. »Genug«, meinte Antonio. »Sie werden heute abend Ihre Muskeln schon spüren.«
     Ich schnallte die Schier ab und fühlte, wie kräftig mein Blut strömte.
     »War gut, daß wir draußen waren, Antonio«, sagte ich.
     Er nickte. »Das können wir jeden Vormittag machen. Man kommt auf andere Gedanken dabei.«
     »Wollen wir irgendwo was trinken?« fragte ich.
     »Können wir. Einen Dubonnet bei Forster.«

    Wir tranken den Dubonnet und gingen zum Sanatorium hinauf. Im Büro sagte mir die Sekretärin, der Briefträger wäre für mich dagewesen; er hätte hinterlassen, ich solle zur Post kommen. Es sei Geld für mich da. Ich sah nach der Uhr. Es war noch Zeit, und ich ging zurück. Auf der Post zahlte man mir zweitausend Mark aus. Ein Brief von Köster war dabei. Ich solle mir keine Sorgen machen; es sei noch mehr da. Ich brauche nur zu schreiben.
     Ich starrte auf die Scheine. Wo hatte er das nur her? Und so schnell? Ich kannte doch unsere Quellen. Und plötzlich wußte ich es. Ich sah den rennfahrenden Konfektionär Bollwies vor mir, wie er gierig an Karl herumklopfte, abends vor der Bar, als er seine Wette verloren hatte, und sagte: »Für den Wagen bin ich jederzeit Käufer.« Verflucht! Köster hatte Karl verkauft! Daher auf einmal das Geld! Karl, von dem er gesagt hatte, er verlöre lieber eine Hand als den Wagen. Karl war nicht mehr da. Er war jetzt in den dicken Händen des Anzugfabrikanten, und Otto, dessen Ohr ihn auf Kilometer erkannte, würde ihn durch die Straßen heulen hören wie einen verstoßenen Hund.
     Ich steckte den Brief Kösters und das kleine Paket mit den Morphiumampullen ein. Ratlos stand ich noch immer vor dem Postschalter. Ich hätte das Geld am liebsten sofort zurückgeschickt, Aber es ging nicht, wir brauchten es. Ich glättete die Scheine und steckte sie ein. Dann ging ich hinaus. Verflucht, von jetzt an würde ich um jedes Auto einen Bogen machen müssen. Autos waren Freunde, aber Karl war uns noch viel mehr gewesen. Ein Kamerad! Karl, das Chausseegespenst. Wir hatten zusammengehört. Karl und Köster, Karl und Lenz, Karl und Pat. Ich stampfte zornig und hilflos den Schnee von meinen Füßen. Lenz war tot. Karl war fort. Und Pat? Mit geblendeten Augen starrte ich in den Himmel, diesen grauen, endlosen Himmel eines irren Gottes, der das Leben und das Sterben erfunden hatte, um sich zu unterhalten.

    Nachmittags schlug der Wind um, es wurde klarer und kälter, und abends ging es Pat besser. Sie konnte am nächsten Morgen aufstehen, und ein paar Tage später, als Roth, der Mann, der geheilt war, abreiste, konnte sie sogar
    mit zur Bahn gehen.
     Ein ganzer Schwarm begleitete Roth. Es war hier so üblich, wenn einer abfuhr. Roth selbst war nicht besonders heiter. Er hatte in seiner Weise Pech gehabt. Vor zwei Jahren hatte ihm eine Kapazität auf seine Frage, wie lange er noch zu leben habe, erklärt, daß es höchstens zwei Jahre wären, wenn er sich sorgfältig pflege. Zur Vorsicht hatte er dann noch einen zweiten Arzt auf Wahrheit und Gewissen befragt. Der hatte ihm noch weniger gegeben. Roth hatte darauf sein Vermögen genommen, es auf zwei Jahre eingeteilt und herausgehauen, was ging, ohne sich um seine Krankheit zu kümmern. Mit schweren Blutstürzen wurde er schließlich in das Sanatorium eingeliefert. Und hier begann er sich, anstatt zu sterben, unaufhaltsam zu erholen. Als er kam, hatte er neunzig Pfund gewogen. Jetzt wog er hundertfünfzig und war so gut in Ordnung, daß er wieder hinunterkonnte. Aber sein Geld war weg.
     »Was soll ich bloß unten machen?« fragte er mich und kratzte sich den rothaarigen Schädel. »Sie kommen doch gerade daher, wie ist es denn?«
     »Es hat sich allerhand verändert«, erwiderte ich und betrachtete sein rundes, ausgepolstertes Gesicht mit den farblosen Augenwimpern. Er war gesund geworden, obschon er aufgegeben worden war, sonst interessierte mich nichts an ihm.
     »Ich werde mir eine Stellung suchen müssen«, sagte er. »Wie steht es denn damit jetzt?«
     Ich zuckte die Achseln. Wozu sollte ich ihm erklären, daß er wahrscheinlich keine finden würde. Er würde es früh genug selbst sehen.
     »Haben Sie Verbindungen, Freunde, oder so was?« fragte
    ich.
     »Freunde – na, Sie

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