Drei Kameraden
Sie wiederholte die Nummer und hängte ab.
Ich stand da, allein. Die schwankenden Köpfe, die Glatze, die Brosche, das andere Zimmer waren weit weg, glänzender Gummi, der schwankte. Ich sah mich um. Ich war fertig hier. Ich brauchte den Leuten nur noch zu sagen, daß sie mich holten, wenn angerufen wurde. Aber ich konnte mich nicht entschließen, das Telefon loszulassen. Es war, als ließe ich ein Rettungsseil los. Und plötzlich hatte ich es. Ich hob den Hörer wieder ab und sagte Kösters Nummer hinein. Er mußte da sein. Es ging einfach nicht anders.
Und da kam sie, aus dem Gebrodel der Nacht, die ruhige Stimme Kösters. Ich wurde sofort selbst ruhig und sagte ihm alles. Ich fühlte, er schrieb schon mit.
»Gut«, sagte er, »ich fahre sofort los, ihn zu suchen. Ich rufe an. Sei ruhig. Ich finde ihn.«
Vorbei. Vorbei? Die Welt stand still. Der Spuk war aus. Ich lief zurück.
»Nun?« fragte der Arzt, »haben Sie ihn erreicht?«
»Nein«, sagte ich, »aber ich habe Köster erreicht.«
»Köster? Kenne ich nicht! Was hat er gesagt? Wie hat er sie behandelt?«
»Behandelt? Behandelt hat er sie nicht. Köster sucht ihn.«
»Wen?«
»Jaffé.«
»Herrgott, wer ist denn dieser Köster?«
»Ach so – entschuldigen Sie. Köster ist mein Freund. Er sucht Professor Jaffé. Ich konnte ihn nicht erreichen.«
»Schade«, sagte der Arzt und wandte sich wieder Pat zu.
»Er wird ihn erreichen«, sagte ich. »Wenn er nicht tot ist, wird er ihn erreichen.«
Der Arzt sah mich an, als ob ich verrückt geworden wäre. Dann zuckte er die Achseln.
Das Licht der Lampe brütete im Zimmer. Ich fragte, ob ich helfen könne. Der Arzt schüttelte den Kopf. Ich starrte aus dem Fenster. Pat röchelte. Ich schloß das Fenster und stellte mich in die Tür. Ich beobachtete den Weg.
Plötzlich hörte ich rufen. »Telefon!«
Ich drehte mich um. »Telefon. Soll ich hingehen?«
Der Arzt sprang auf. »Nein, ich. Ich kann ihn besser fragen. Bleiben Sie hier. Tun Sie nichts weiter. Ich komme sofort wieder.«
Ich setzte mich zu Pat an das Bett. »Pat«, sagte ich leise. »Wir sind alle da. Wir passen auf. Es wird dir nichts passieren. Es darf dir nichts passieren. Der Professor spricht jetzt schon. Er sagt uns alles. Morgen kommt er sicher selbst. Er wird dir helfen. Du wirst gesund werden. Weshalb hast du mir denn nie etwas davon gesagt, daß du noch krank bist? Das bißchen Blut ist nicht schlimm, Pat. Wir geben es dir wieder. Köster hat den Professor geholt, jetzt ist alles gut, Pat.«
Der Arzt kam zurück. »Es war nicht der Professor...«
Ich stand auf.
»Es war ein Freund von Ihnen, Lenz.«
»Köster hat ihn nicht gefunden?«
»Doch. Er hat ihm Anweisungen gegeben. Ihr Freund Lenz hat sie mir telefoniert. Ganz klar und richtig sogar. Ist Ihr Freund Lenz Arzt?«
»Nein. Er wollte es werden. Und Köster?«
Der Arzt sah mich an. »Lenz hat telefoniert, Köster sei vor wenigen Minuten abgefahren. Mit dem Professor.«
Ich mußte mich anlehnen. »Otto«, sagte ich.
»Ja«, fügte der Arzt hinzu, »das ist das einzige, was er
falsch gesagt hat. Er hat gemeint, sie wären in zwei Stunden hier. Ich kenne die Strecke. Sie brauchen bei schärfster Fahrt über drei Stunden. Immerhin...«
»Doktor«, erwiderte ich, »Sie können sich darauf verlassen. Wenn er sagt zwei Stunden, dann ist er in zwei Stunden hier.«
»Es ist unmöglich. Die Strecke ist kurvig, und es ist Nacht.«
»Warten Sie ab«, sagte ich.
»Immerhin – wenn er dann hier ist – es ist besser, daß er kommt.«
Ich konnte es nicht mehr aushalten. Ich ging ins Freie. Draußen war es neblig geworden. Das Meer rauschte in der Ferne. Von den Bäumen tropfte es. Ich sah mich um. Ich war nicht mehr allein. Hinter dem Horizont im Süden heulte jetzt ein Motor. Hinter den Nebeln raste die Hilfe über die blassen Straßen, die Scheinwerfer spritzten Licht, die Reifen pfiffen und zwei Hände hielten eisern das Steuer, zwei Augen bohrten sich in das Dunkel, kalt, beherrscht: die Augen meines Freundes –
Später hörte ich von Jaffé, wie es gewesen war.
Köster hatte sofort nach dem Anruf Lenz telefoniert, er
solle sich bereit halten. Dann hatte er Karl geholt und war mit Lenz zur Klinik Jaffés gerast. Die Stationsschwester nahm an, der Professor sei zum Abendessen gegangen. Sie nannte Köster eine Anzahl Lokale, in den er vielleicht zu treffen wäre. Köster fuhr los. Er überfuhr alle
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