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Drei Kameraden

Drei Kameraden

Titel: Drei Kameraden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Maria Remarque
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Dabei sah ich, daß ihre Hand etwas zitterte. »Friert dich wirklich so?« fragte ich.
     »Nur einen Augenblick. Jetzt ist es schon besser. Der Rum ist gut. Aber ich geh' bald zu Bett.«
     »Tu das gleich, Pat«, sagte ich, »wir schieben den Tisch dann heran und essen so.«
     Sie ließ sich überreden. Ich holte ihr noch eine Decke von meinem Bett und rückte den Tisch zurecht. »Willst du vielleicht einen ordentlichen Grog haben, Pat? Das ist noch besser. Ich kann rasch einen machen.«
     Sie schüttelte den Kopf. »Ich fühle mich schon wieder wohl.«
     Ich blickte sie an. Sie sah wirklich schon besser aus. Ihre Augen hatten wieder Glanz, der Mund war sehr rot, und die Haut schimmerte matt. »Fabelhaft, wie schnell das geht«, sagte ich. »Das ist sicher der Rum.«
     Sie lächelte. »Es ist auch das Bett, Robby. Ich erhole mich am besten im Bett. Das ist meine Zuflucht.«
     »Merkwürdig. Ich würde verrückt, wenn ich so früh im Bett liegen müßte. Allein, meine ich.«
    Sie lachte. »Für eine Frau ist das etwas anderes.«
    »Sag nicht für eine Frau. Du bist keine Frau.«
    »Was denn?«
     »Ich weiß nicht. Aber keine Frau. Wenn du eine richtige, normale Frau wärest, könnte ich dich nicht lieben.«
     Sie sah mich an. »Kannst du überhaupt lieben?«
     »Na«, sagte ich, »das ist allerhand beim Abendessen. Hast du noch mehr solcher Fragen?«
     »Vielleicht. Aber wie ist es mit dieser?«
     Ich schenkte mir ein Glas Rum ein. »Prost, Pat! Kann sein, daß du recht hast. Vielleicht können wir es alle nicht. So wie früher, meine ich. Aber es ist darum nicht schlechter. Nur anders. Man sieht es nicht so.«
     Es klopfte. Fräulein Müller kam herein. Sie hatte einen winzigen Glaskrug in der Hand, in dem ein bißchen Flüssigkeit hin und her schaukelte. »Hier bringe ich Ihnen den Rum.«
     »Danke«, sagte ich und betrachtete gerührt den gläsernen Fingerhut.
     »Es ist sehr freundlich von Ihnen, aber wir haben uns schon geholfen.«
     »O Gott!« Sie beschaute erschreckt die vier Flaschen auf dem Tisch. »Trinken Sie so viel?«
     »Nur als Medizin«, erwiderte ich sanft und vermied es, Pat anzusehen. »Vom Arzt verschrieben. Ich habe eine zu trockene Leber, Fräulein Müller. Aber wollen Sie uns nicht die Ehre geben?«
     Ich machte die Portweinflasche auf. »Auf Ihr Wohl! Daß das Haus bald voller Gäste ist.«
     »Danke vielmals!« Sie seufzte, machte eine kleine Verbeugung und nippte wie ein Vogel. »Auf gute Ferien!« Dann lächelte sie mir verschmitzt zu. »Der ist aber stark. Und gut.«
     Mir fiel vor Erstaunen über diese Wandlung fast das Glas aus der Hand. Fräulein Müller bekam rote Bäckchen und blitzende Augen und fing an zu reden von allerlei Dingen, die uns nicht interessierten. Pat hatte eine Engelsgeduld mit ihr. Schließlich wandte sie sich an mich. »Herrn Köster geht es also gut?«
     Ich nickte.
     »Er war immer so ruhig damals«, sagte sie. »Oft sprach er tagelang kein Wort. Tut er das jetzt auch noch?«
     »Na, jetzt redet er schon manchmal.«
     »Er war fast ein Jahr hier. Immer allein...«
     »Ja«, sagte ich. »Dann redet man immer weniger.«
     Sie nickte ernsthaft und sah zu Pat hinüber. »Sie sind sicher müde.«
     »Etwas«, sagte Pat.
     »Sehr«, fügte ich hinzu.
     »Dann will ich nur gehen«, erwiderte sie erschreckt. »Gute Nacht also! Schlafen Sie gut!«
    Sie ging zögernd.
     »Ich glaube, die wäre am liebsten noch länger geblieben«, sagte ich.
     »Komisch, auf einmal, was?«
     »Das arme Geschöpf«, erwiderte Pat. »Sitzt sicher jeden Abend allein in ihrem Zimmer und hat Sorgen.«
     »Ach so, ja...«, sagte ich. »Aber ich denke, daß ich mich alles in allem doch ganz nett zu ihr benommen habe.«
     »Das hast du.« Sie strich mir über die Hand. »Mach die Tür ein bißchen auf, Robby.«
     Ich ging hin und öffnete die Tür. Draußen war es klarer geworden, und ein Streifen Mondlicht fiel über den Weg hinweg bis in das Zimmer. Es war, als hätte der Garten nur darauf gewartet, daß die Tür geöffnet würde – so stark drang sofort der Nachtduft der Blumen herein, der süße Geruch von Goldlack, Reseda und Rosen. Er erfüllte das ganze Zimmer.
     »Sieh nur«, sagte ich und zeigte hinaus.
     Man konnte im voller werdenden Mondlicht den ganzen Gartenweg entlang sehen. Die Blumen standen mit geneigten Stengeln am Rande, die Blätter hatten die Farbe oxydierten Silbers, und die Blüten, die am Tage bunt geleuchtet hatten, schimmerten jetzt

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