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Drei Kameraden

Drei Kameraden

Titel: Drei Kameraden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Maria Remarque
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in matten Pastelltönen geisterhaft und zart. Das Mondlicht und die Nacht hatten ihren Farben die Kraft genommen – dafür aber war ihr Duft voller und süßer als jemals am Tage.
     Ich sah zu Pat hinüber. Zart und schmal und zerbrechlich lag ihr Kopf mit dem dunklen Haar auf den weißen Kissen. Sie hatte nicht viel Kraft – aber auch sie hatte das Geheimnis des Zerbrechlichen, das Geheimnis der Blumen in der Dämmerung und im schwebenden Licht des Mondes.
     Sie richtete sich ein wenig auf. »Ich bin wirklich sehr müde, Robby. Ist das schlimm?«
     Ich setzte mich zu ihr an das Bett. »Gar nicht. Du wirst gut schlafen.«
     »Aber du willst doch noch nicht schlafen.«
     »Ich gehe dann noch etwas an den Strand.«
     Sie nickte und legte sich zurück. Ich blieb noch eine Weile sitzen. »Laß die Tür über Nacht offen«, sagte sie schlaftrunken. »Das ist, als ob man im Garten schläft...«
    Sie begann tiefer zu atmen, und ich stand leise auf und ging
    in den Garten hinaus. Neben dem Holzzaun blieb ich stehen und rauchte eine Zigarette. Ich konnte von hier in das Zimmer hineinsehen. Pats Bademantel hing über einem Stuhl, ihr Kleid und ein bißchen Wäsche waren darübergeworfen, und auf dem Boden, vor dem Stuhl, standen ihre Schuhe. Einer war umgekippt. Ich hatte ein merkwürdiges Gefühl von Heimat, als ich das so sah, und ich dachte daran, daß nun jemand da war und dasein würde, daß ich nur wenige Schritte zu machen brauchte, um ihn zu sehen und bei ihm zu sein, heute, morgen und auf lange Zeit vielleicht...
     Vielleicht, dachte ich, vielleicht – immer dieses Wort, ohne das man nicht mehr auskam! Es war die Sicherheit, die einem fehlte – es war die Sicherheit, die allem und allen fehlte.
     Ich ging zum Strand hinunter, zum Meer und zum Wind, zu dem dumpfen Brausen, das wie ferner Kanonendonner heraufscholl.

      16 Ich saß am Strande und sah zu, wie die Sonne unterging. Pat war nicht mitgekommen. Sie hatte sich den Tag über nicht wohl gefühlt. Als es dunkel wurde, stand ich auf, um nach Hause zu gehen. Da sah ich hinter dem Walde das Dienstmädchen herankommen. Es winkte und rief etwas. Ich verstand es nicht; der Wind und das Meer waren zu laut. Ich winkte zurück, sie solle stehenbleiben, ich käme schon. Aber sie lief weiter und hob die Hände zum Mund. »Frau...«, verstand ich – »rasch...«
     Ich lief. »Was ist los?«
     Sie jappte nach Luft. »Rasch – Frau – Unglück...«
     Ich rannte den Sandweg entlang, durch den Wald, dem Hause zu. Das hölzerne Gartentor verhedderte sich, ich sprang hinüber und stürzte ins Zimmer. Da lag Pat auf dem Bett, mit blutiger Brust und gekrampften Händen, und Blut lief ihr aus dem Munde. Neben ihr stand Fräulein Müller mit Tüchern und einer Schale Wasser.
     »Was ist los?« rief ich und schob sie beiseite.
     Sie sagte etwas. »Bringen Sie Verbandzeug!« rief ich. »Wo ist die Wunde?«
     Sie sah mich mit zitternden Lippen an. »Es ist keine Wunde –«
     Ich richtete mich auf. »Ein Blutsturz«, sagte sie.
     Mir war, als hätte ich einen Hammerschlag erhalten. »Ein Blutsturz?« Ich sprang auf und nahm ihr die Schüssel mit Wasser aus der Hand. »Holen Sie Eis, holen Sie rasch etwas Eis.«
     Ich tauchte das Handtuch in die Schüssel und legte es Pat auf die Brust. »Wir haben kein Eis im Hause«, sagte Fräulein
    Müller.
     Ich drehte mich um. Sie wich zurück. »Holen Sie Eis, um Gottes willen, schicken Sie zur nächsten Kneipe, und telefonieren Sie sofort dem Arzt!«
     »Wir haben doch kein Telefon...«
     »Verflucht! Wo ist das nächste Telefon?«
    »Bei Maßmann.«
     »Laufen Sie hin. Schnell. Telefonieren Sie sofort an den nächsten Arzt. Wie heißt er? Wo wohnt er?«
     Ehe sie einen Namen nannte, schob ich sie hinaus. »Schnell, schnell, laufen Sie rasch! Wie weit ist es?«
     »Drei Minuten«, sagte die Frau und hastete los.
     »Bringen Sie Eis mit!« rief ich ihr nach.
     Sie nickte und lief.
     Ich holte Wasser und tauchte das Handtuch wieder ein. Ich wagte nicht, Pat anzurühren. Ich wußte nicht, ob sie richtig lag, ich war verzweifelt, weil ich es nicht wußte, das einzige, was ich wissen mußte: ob ich ihr das Kissen unter den Kopf schieben oder sie flach hinlegen sollte.
     Sie röchelte, dann bäumte sie sich, und ein Schuß Blut quoll aus ihrem Munde. Sie atmete hoch und jammernd ein, ihre Augen waren unmenschlich entsetzt, sie verschluckte sich und hustete, und wieder spritzte das Blut, ich hielt sie fest und gab nach,

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