Drei Maenner fuers Leben
seine Finger über ihr Kinn wandern, ihren Kiefer entlang, dann an ihrem Hals abwärts, wo er in ihrer Halsgrube den jagenden Puls ertastete.
Er wünschte sich, seinen Mund dorthin zu legen, um diesen wilden Pulsschlag unter seinen Lippen zu spüren.
Immer mit der Ruhe, befahl er sich und griff wieder nach seinem Stift, obwohl er nicht wusste, wie, zum Teufel, er mit diesen tauben Fingern zeichnen sollte.
»Ich dachte …« Sie räusperte sich. »Ich dachte, Sie malen nur Formen … die moderne Schule.«
»Ich male, was mich anspricht.« Sein Blick flog zwischen ihr und der Skizze hin und her, während sich sein Stift wieder über das Papier zu bewegen begann. »Und das tun Sie offensichtlich. Auf einer bestimmten Ebene.«
Entspann dich, sagte sie sich und öffnete die Hände, die sie unter dem Tisch zu Fäusten geballt hatte. »Eine Freundin erzählte mir von Ihren Bildern. Sie hatte vor zwei Jahren Ihre Ausstellung in New York besucht. Ich selbst habe sie nicht gesehen.«
»Macht nichts. Ich selbst kaufe auch nie bei ›Drake’s‹ ein, dafür aber meine Mutter.«
Layna lachte leise auf, und das Lächeln blieb lange genug auf ihrem Gesicht, um ihn erneut zu erregen. »Schön, ich nehme an, wir haben jetzt genug unterschwellige Beleidigungen ausgetauscht. Was machen wir jetzt?«
»Wir könnten versuchen, uns normal zu unterhalten. Wie gefällt es Ihnen, wieder in Washington zu sein?«
»Sehr gut. Ich habe dieses Haus und diese Gegend immer geliebt.« Sie warf einen Blick hinter sich auf die Stiefmütterchen, die sie gepflanzt hatte. »Ich bin mir sicher, dass es mir großen Spaß machen wird, mich hier einzurichten.« Sie hob eine Augenbraue. »Was meinten Sie eigentlich damit, als Sie sagten, ich solle sie schwungvoller pflanzen?«
»Hm? Ach, die Blumen. Mehr in einem Bogen, weniger gerade Linien. Eher so wie Monet es in Giverney gemalt hat.«
»Ja, Sie haben recht.« In ihre Augen trat ein weicher Glanz, und ihre Mundwinkel bogen sich leicht nach oben, als sie sich das Bild vorstellte. »Ich neige dazu, exakt die Regeln zu befolgen, wenn ich lerne. Man macht auf diese Weise weniger Fehler.« Sie neigte leicht den Kopf, Sonnenflecken huschten über ihr Gesicht und ließen es weich und verträumt erscheinen. »Aber Sie sehen die Dinge eben von der Warte des Künstlers aus. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie sich besonders viele Gedanken um eventuelle Fehler machen.«
»Normalerweise nicht.« Aber jetzt hatte er plötzlich Angst, einen Fehler zu machen, hier bei ihr, wo das Licht so weich und die Luft von leiser Musik und dem Geruch nach Erde und Blumen, der sich mit ihrem Duft mischte, erfüllt war.
»Ich schon, deshalb plane ich jeden Schritt sorgfältig im Voraus und weiche nur sehr selten von meinem vorgezeichneten Weg ab.« Obwohl irgendetwas an ihm in ihr den Wunsch erweckte, wenigstens ein einziges Mal eine impulsive Kehrtwendung zu machen. Und sie konnte sich vorstellen, dass dieser Weg dann fast genauso wild und schnell sein würde wie die gestrige Fahrt mit ihm in seinem Wagen.
Die Art von Fahrt, die für eine Frau sehr abrupt und sehr schmerzhaft enden kann, ermahnte sie sich.
»Ich schätze, das reicht fürs Erste«, sagte er unvermittelt und schob seinen Zeichenblock in die Tasche. Er wollte gehen, bevor es zu spät war. »Ich weiß es zu schätzen, dass Sie mir Ihre wertvolle Zeit geschenkt haben.«
»Nichts zu danken.« Als er sich erhob, tat sie es auch, in der Absicht, ihn hinauszubegleiten. Aber dann standen sie sich einfach nur gegenüber, und die Distanz zwischen ihnen war zu gering, um sich wohlzufühlen.
»Ich finde allein hinaus.« Er trat als Erster einen Schritt zurück, denn er befürchtete, womöglich etwas Dummes zu tun, wenn sie mit ihm ins Haus ginge. Wie zum Beispiel sie an sich zu ziehen und zu küssen. Und sie anschließend auf den Boden zu zerren und noch viel mehr zu tun, während um sie herum die Musik von Chopin aufbrandete.
»Ja, gut. Also dann, auf Wiedersehen.«
»Auf Wiedersehen.« Er schulterte seine Tasche und wandte sich um. Er war schon fast an der Tür, als er sich gegen seinen Willen noch einmal nach ihr umdrehte. Sie stand, von Sonnenlicht überflutet, noch immer an derselben Stelle und beobachtete ihn aus diesen verschleierten grünen Augen.
»Im Smithsonian wird am Mittwoch eine Dalí-Ausstellung eröffnet. Ich hole Sie um sieben ab.«
Nein, auf keinen Fall. »Gut«, hörte sie sich selbst mit einem Anflug von Überraschung in der Stimme
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