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Drei Maenner fuers Leben

Drei Maenner fuers Leben

Titel: Drei Maenner fuers Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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waren nackt und seine großen Hände mit Farbe beschmiert.
    Vor seinem geistigen Auge spielten sich Gefühlsausbrüche ab – Leidenschaft und Lust, Begierde und Verlangen. Und all das brachte er auf die Leinwand, während der Fußboden unter dem ohrenbetäubenden Lärm der Rockmusik, die aus den Boxen der Stereoanlage dröhnte, erbebte.
    Jedes Gemälde war für ihn eine Schlacht, eine, die zu gewinnen er entschlossen war. Wenn er in der richtigen Stimmung war, arbeitete er, bis sein Arm schmerzte und er die Finger nicht mehr bewegen konnte. War er nicht in der richtigen Stimmung, kam es vor, dass er der Leinwand für Tage, wenn nicht gar für Wochen den Rücken kehrte.
    Es gab Leute, die behaupteten, D. C. MacGregor mangele es an Disziplin. Die fragte er grundsätzlich, was, zum Teufel, er mit Disziplin solle.
    Plötzlich blitzten seine Augen triumphierend auf. Dann klemmte er sich den Pinsel zwischen die Zähne und griff nach einem Palettenmesser, um ein kühnes Smaragdgrün aufzutragen.
    Jetzt hatte er es. Die Schlacht war fast geschlagen. Der Schweiß lief ihm in Rinnsalen über den Rücken. Die Sonne, die glühend heiß durch die Scheiben schien, verwandelte das Atelier in einen Backofen, weil er wieder einmal vergessen hatte, die Klimaanlage einzuschalten oder ein Fenster zu öffnen, um die frische Frühlingsluft hereinzulassen.
    An Mahlzeiten hatte er ebenso wenig gedacht wie daran, seine Post heraufzuholen, seine Anrufe entgegenzunehmen oder einen Blick aus den herrlich großen Fenstern seines Apartments zu werfen. Aber die Lust am Malen packte ihn stets so plötzlich und heftig, dass er darüber alles andere vergaß.
    Als D. C., den Pinsel noch immer wie ein Piratenmesser zwischen die Zähne geklemmt und das Palettenmesser wie einen Dolch in der Hand haltend, einen Schritt von der Leinwand zurücktrat, verzog sich sein entschlossener, leicht bedrohlich wirkender Mund zu einem Lächeln.
    »Das ist es«, murmelte er, nahm den Pinsel aus dem Mund und stellte ihn in ein Glas mit Terpentin. Dann begann er mit mechanischen Bewegungen das Messer zu säubern, während er sein Werk studierte. Dringlichkeit, entschied er. Ja, er würde es einfach »Dringlichkeit« nennen.
    Jetzt erst fiel ihm auf, wie stickig es im Zimmer war und dass die vertrauten Gerüche von Terpentin und Farben schwer in der Luft hingen. Er ging über den rohen Holzfußboden zu einem der Fenster, schob es hoch und atmete tief die frische Luft ein.
    Die großen Fenster mit dem Blick auf den C&O Canal waren es gewesen, die ihn veranlasst hatten, diese Wohnung zu kaufen, nachdem er sich entschieden hatte, wieder nach Washington zurückzukehren. Er war hier aufgewachsen und hatte acht Jahre seines Lebens als Sohn des Präsidenten im Weißen Haus verbracht.
    Er hatte ein paar Jahre in New York gelebt und gearbeitet, und er hatte sie genossen. Auch in San Francisco hatte er gelebt und gearbeitet, und er hatte es ebenfalls genossen. Und doch hatte während der rastlosen Zeit zwischen zwanzig und dreißig immer irgendetwas an ihm gezerrt. Heimweh.
    Washington war sein Zuhause.
    Die Hände in den Taschen seiner verschlissenen Jeans, lehnte er am Fenster und blickte hinaus. Die Kirschbäume standen in voller Blüte, der Kanal glitzerte in der Nachmittagssonne, Jogger trabten den Pfad am Wasser entlang.
    Während D. C. einen Moment müßig darüber nachdachte, welcher Wochentag wohl heute sein mochte, merkte er plötzlich, dass er kurz vor dem Verhungern stand. Ohne die Musik abzustellen, die noch immer auf voller Lautstärke lief, ging er hinunter in die Küche.
    Das Penthouse erstreckte sich über zwei Ebenen, wovon die obere als Schlafzimmer vorgesehen war. Dort hatte er sich allerdings sein Atelier eingerichtet, während er auf einer Matratze auf dem Boden im angrenzenden Gästezimmer schlief. Er war bisher noch nicht dazu gekommen, sich nach einem richtigen Bett umzuschauen.
    Die meisten seiner Sachen steckten noch in den Umzugskartons, mit denen sie vor fast zwei Monaten angekommen waren. Dort waren sie seiner Meinung nach gut aufgehoben, bis er die Zeit fand, sich einen Schrank zu besorgen.
    Auf der unteren Ebene lag das weiträumige Wohnzimmer mit Fenstern nach allen Seiten, die noch keine Vorhänge hatten. In der Mitte stand eine einsame Couch – das Preisschild hing noch daran – und ein wunderschöner Duncan-Phyfe-Tisch mit einer daumendicken Staubschicht darauf sowie eine Stehlampe mit einem eingedellten Metallschirm. Der Kiefernholzboden war

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