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Drei Männer im Schnee

Drei Männer im Schnee

Titel: Drei Männer im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kästner
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rief: »Hallo, Doktor! Was machen Ihre kleinen Katzen?
    Grüßen Sie sie von mir!« Sie verschwand mit Riesenschritten im Hotel. Hildegard ging schweigend neben Fritz her. Erst als sie, nach einer Wegbiegung, allein waren, fragte sie: »Wollte diese impertinente Person ebenfalls gerettet werden?«
    Hagedorns Herz hüpfte. »Sie ist schon eifersüchtig«, dachte er gerührt. Dann sagte er: »Nein. Sie hatte andere Pläne. Sie erklärte, daß wir jung, blühend und gesund seien. So etwas verpflichte.
    Platonische Vorreden seien auf ein Mindestmaß zu beschränken.«
    »Und was wollte sie mit Ihren Katzen?«
    »Vor einigen Tagen klopfte es an meiner Tür. Ich rief »Herein!«, weil ich dachte, es sei Eduard. Es war aber Frau Casparius. Sie legte sich auf den kostbaren Perserteppich und spielte mit den Kätzchen.
    Später kam dann Eduard, und da ging sie wieder. Sie heißt Hortense.«
    »Das ist ja allerhand«, meinte Hildegard. »Ich glaube, Herr Doktor, auf Sie müßte jemand aufpassen. Sie machen sonst zuviel Dummheiten.«
    Er nickte verzweifelt. »So geht es auf keinen Fall weiter. Das heißt: Eduard paßt ja auf mich auf.«
    »Eduard?« fragte sie höhnisch. »Eduard ist nicht streng genug.
    Außerdem ist das keine Aufgabe für einen Mann!«
    »Wie recht Sie haben!« rief er. »Aber wer soll es sonst tun?«
    »Versuchen Sie’s doch einmal mit einem Inserat«, schlug sie vor.
    »Kinderfrau gesucht!«
    »Kinderfräulein«, verbesserte er gewissenhaft. »Kost und Logis gratis. Liebevolle Behandlung zugesichert.«
    »Jawohl!« sagte sie zornig. »Mindestens sechzig Jahre alt! Besitz eines Waffenscheins Vorbedingung!« Sie verließ den Weg und stolperte, vor sich hinschimpfend, über ein blütenweißes Schneefeld.
    Er hatte Mühe, einigermaßen Schritt zu halten.
    Einmal drehte sie sich um. »Lachen Sie nicht!« rief sie außer sich.
    »Sie Wüstling!« Dann rannte sie gehetzt weiter.
    »Wollen Sie gleich stehenbleiben!« befahl er. Im selben Augenblick brach sie im Schnee ein. Sie versank bis an die Hüften. Erst machte sie ein erschrockenes Gesicht. Dann begann sie wild zu strampeln.
    Aber sie glitt immer tiefer in den Schnee. Es sah aus, als gehe sie unter.
    Hagedorn eilte zu Hilde. »Fassen Sie meine Hand an!« sagte er besorgt. »Ich ziehe Sie heraus.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Unterstehen Sie sich! Ich bin keine von denen, die sich retten lassen.« In ihren Augen standen Tränen.
    Nun war er nicht mehr zu halten. Er bückte sich, packte zu, zog sie aus der Schneewehe, umfing sie mit beiden Armen und küßte sie auf den Mund.
    Später sagte sie: »Du Schuft! Du Kanaille! Du Halunke! Du Mädchenhändler!« Und dann gab sie ihm den Kuß, ohne Abzüge, zurück. Hierbei hämmerte sie anfangs mit ihren kleinen Fäusten auf seinen Schultern herum. Später öffneten sich die Fäuste. Dafür schlossen sich, ganz allmählich, ihre Augen. Noch immer hingen kleine Tränen in den langen dunklen Wimpern.
    »Na, wie war’s«, fragte Schulze, als sie wiederkamen.
    »Das läßt sich schwer beschreiben«, sagte Hagedorn.
    »Ja, ja«, meinte Herr Kesselhuth verständnisvoll. »Diese Gletscher und Durchblicke und Schneefelder überall! Da fehlen einem die Worte.«
    »Vor allem die Schneefelder!« bestätigte der junge Mann. Hilde sah ihn streng an.
    Tante Julchen erwachte gerade. Ihr Gesicht war rotgebrannt. Sie gähnte und rieb sich die Augen. Hilde setzte sich und sagte:
    »Komm, Fritz! Neben mir ist noch ein Platz frei.«
    Die Tante fuhr elektrisiert hoch. »Was ist denn passiert?«
    »Nichts Außergewöhnliches«, meinte das junge Mädchen.
    »Aber du duzt ihn ja!« rief die alte Frau.
    »Ich nehme das Ihrer Nichte nicht weiter übel«, bemerkte Hagedorn.
    »Er duzt mich ja auch!« sagte Hilde.
    »Es ist an dem«, erklärte Fritz. »Hilde und ich haben beschlossen, während der nächsten fünfzig Jahre zueinander du zu sagen.«
    »Und dann?« fragte Tante Julchen.
    »Dann lassen wir uns scheiden«, behauptete die Nichte.
    »Meine herzlichsten Glückwünsche!« rief Herr Kesselhuth erfreut.
    Während die Tante noch immer nach Luft rang, fragte Schulze:
    »Liebes Fräulein, haben Sie zufällig irgendwelche Angehörigen?«
    »Ich bin so frei«, erklärte das junge Mädchen. »Ich bin zufällig im Besitz eines Vaters.«
    Hagedorn fand das sehr gelungen. »Ist er wenigstens nett?« fragte er.
    »Es läßt sich mit ihm auskommen«, meinte Hilde. »Er hat glücklicherweise sehr viele Fehler. Das hat seine väterliche Autorität

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