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Drei Männer im Schnee

Drei Männer im Schnee

Titel: Drei Männer im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kästner
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zwar viele Millionen und verdienen jedes Jahr noch ein paar dazu, und somit ist es eigentlich überflüssig, daß zwei so talentierte Werbefachleute wie wir ausgerechnet zu Ihnen kommen. Wir sollten lieber für Werke arbeiten, denen es schlecht geht, damit sie wieder auf die Beine kommen. Aber Herr Geheimrat, keine Reklame ist so gut, daß sie nicht mit Kosten verbunden wäre. Wir Propagandisten sind Feldherren; aber unsere Armeen liegen, sauber gebündelt, in Ihrem Geldschrank. Ohne Truppen kann der beste Stratege keine Schlacht gewinnen. Und Reklame ist Krieg! Es gilt, die Köpfe von Millionen Menschen zu erobern. Es gilt, diese Köpfe zum besetzten Gebiet zu machen, Herr Geheimrat Tobler! Man darf die Konkurrenz nicht erst auf dem Markt, man muß sie bereits im Gedankenkreis derer besiegen, die morgen kaufen wollen. Wir Werbefachleute bringen es fertig, aus einem Verkaufsartikel, der dem freien Wettbewerb unterliegt, mit Hilfe der Psychologie einen Monopolartikel zu machen! Geben Sie uns Bewegungsfreiheit, Sire!« Hagedorn holte Atem.
    »Großartig!« meinte Schulze. »Bravo, bravo! Wenn uns der Tobler auch dann noch nicht engagiert, verdient er sein Glück überhaupt nicht.«
    »Du sagst es«, erklärte Fritz pathetisch. »Aber so dämlich wird er ja nicht sein.« Schulze zuckte zusammen.
    »Vielleicht frag ich sie schon heute abend«, sagte Fritz entschlossen.
    »Wen?«
    »Hilde.«
    »Was?«
    »Ob sie meine Frau werden will.«
    »Und wenn sie nicht will?«
    »Auf diesen Gedanken bin ich noch gar nicht gekommen«, sagte Hagedorn. Er war ehrlich erschrocken. »Mach mir keine Angst, Eduard!«
    »Und wenn die Eltern nicht wollen?«
    »Vielleicht hat sie keine mehr. Das wäre das bequemste.«
    »Sei nicht so roh, Fritz! Na, und wenn der Bräutigam nicht will?
    Was dann?«
    Hagedorn wurde blaß. »Du bist übergeschnappt. Meine Hilde hat doch keinen Bräutigam!«
    »Ich verstehe dich nicht«, sagte Schulze. »Warum soll so ein hübsches, kluges, lustiges Mädchen, das ein Grübchen hat und in der Iris goldne Pünktchen – warum soll sie denn keinen Bräutigam haben? Meinst du, sie hat dich seit Jahren vorgeahnt?«
    Fritz sprang auf. »Ich bringe dich um! Aber zuvor gehe ich auf ihr Zimmer. Bleib sitzen, Eduard! Solltest du recht gehabt haben, werde ich dich nachher aufs Rad flechten. Besorge, bitte, inzwischen einpassendes Rad!« Und dann rannte Doktor Hagedorn treppauf.
    Geheimrat Tobler sah ihm lächelnd nach. Einige Minuten später kam Herr Johann Kesselhuth, bereits im Smoking, in die Halle zurück. Er hinkte noch immer ein bißchen. »Sind Sie mir sehr böse, Herr Geheimrat?« fragte er bekümmert. »Ich hatte Fräulein Hildegard versprochen, jeden Tag über unser Befinden zu berichten. Wer konnte denn ahnen, daß sie hierherkämen? Daran ist aber bloß die Kunkel schuld, dieser Trampel.«
    »Schon gut, Johann«, sagte Tobler. »Es ist nicht mehr zu ändern.
    Wissen Sie schon das Neueste?«
    »Ist es etwas mit der Wirtschaftskrise?«
    »Nicht direkt, Johann. Nächstens gibt es eine Verlobung.«
    »Wollen Sie sich wieder verheiraten, Herr Geheimrat?«
    »Nein, Sie alter Esel. Doktor Hagedorn wird sich verloben!«
    »Mit wem denn, wenn man fragen darf?«
    »Mit Fräulein Hilde Schulze!«
    Johann begann wie die aufgehende Sonne zu strahlen. »Das ist recht«, meinte er. »Da werden wir bald Großvater.«
    Nach längerem Suchen fand Hagedorn die Zimmer von Tante Julchen und deren Nichte.
    »Das gnädige Fräulein hat einundachtzig«, sagte das Stubenmädchen und knickste. Er klopfte.
    Er hörte Schritte. »Was gibt’s?«
    »Ich muß Sie dringend etwas fragen«, sagte er gepreßt.
    »Das geht nicht«, antwortete Hildes Stimme. »Ich bin beim Umziehen.«
    »Dann spielen wir drei Fragen hinter der Tür«, meinte er.
    »Also, schießen Sie los, Herr Doktor!« Sie legte ein Ohr an die Türfüllung, aber sie vernahm nur das laute, aufgeregte Klopfen ihres Herzens. »Wie lautet die erste Frage?«
    »Genau wie die zweite«, sagte er.
    »Und wie ist die zweite Frage?«
    »Genau wie die dritte«, sagte er.
    »Und wie heißt die dritte Frage?«
    Er räusperte sich. »Haben Sie schon einen Bräutigam, Hilde?«
    Sie schwieg lange. Er schloß die Augen. Dann hörte er, es schien eine Ewigkeit vergangen zu sein, die drei Worte: »Noch nicht, Fritz.«
    »Hurra!« rief er, daß es im Korridor widerhallte. Dann rannte er davon.
    Die Tür des Nebenzimmers öffnete sich vorsichtig.
    Tante Julchen spähte aus dem Spalt und

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