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Drei Männer im Schnee

Drei Männer im Schnee

Titel: Drei Männer im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kästner
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restlos untergraben.«
    »Und wenn er mich nun absolut nicht leiden kann?« fragte der junge Mann bekümmert. »Vielleicht will er, daß du einen Bankdirektor heiratest. Oder einen Tierarzt aus der Nachbarschaft. Oder einen Studienrat, der ihm jeden Morgen in der Straßenbahn gegenübersitzt.
    Das ist alles schon vorgekommen. Na, und wenn er erst hört, daß ich nicht einmal eine Anstellung habe!«
    »Du wirst schon eine finden«, tröstete Hilde. »Und wenn er dann noch etwas dagegen hat, grüßen wir ihn auf der Straße nicht mehr. Das kann er nämlich nicht leiden.«
    »Oder wir machen ihn so rasch wie möglich zum zehnfachen Großvater«, erwog Fritz. »Und dann stecken wir alle zehn Kinder in seinen Briefkasten. Das wirkt immer.«
    Tante Julchen riß den Mund auf und hielt sich die Ohren zu.
    Schulze sagte: »So ist’s recht! Ihr werdet ihn schon kleinkriegen, den ollen Kerl!«
    Herr Kesselhuth hob abwehrend die Hand. »Sie sollten von Herrn Schulze nicht so abfällig sprechen, Herr Schulze!«
    Tante Julchen wurde es zuviel. Sie stand auf und wollte nach Bruckbeuren zurück. »Aber mit der Drahtseilbahn fahre ich nicht!«
    »Zu Fuß ist die Strecke noch viel gefährlicher«, sagte Hagedorn.
    »Außerdem dauert es vier Stunden.«
    »Dann bleibe ich hier oben und warte bis zum Frühling«, erklärte die Tante kategorisch.
    »Ich habe doch aber schon die Rückfahrkarten gelöst«, meinte Kesselhuth. »Soll denn Ihr Billett verfallen?« Tante Julchen rang mit sich. Es war ergreifend anzusehen. Endlich sagte sie: »Das ist natürlich etwas anderes.« Und dann schritt sie als erste zur Station.
    Sparsamkeit macht Helden.

Das siebzehnte Kapitel - Hoffnungen und Entwürfe
    Am frühen Nachmittag, während die älteren Herrschaften je ein Schläfchen absolvierten, gingen Hildegard und Fritz in den Wald.
    Sie faßten sich bei den Händen. Sie blickten einander von Zeit zu Zeit lächelnd an. Sie blieben manchmal stehen, küßten sich und strichen einander zärtlich übers Haar. Sie spielten Haschen. Sie schwiegen meist und hätten jede Tanne umarmen mögen. Das Glück lastete auf ihren Schultern wie viele Zentner Konfekt.
    Fritz meinte nachdenklich: »Eigentlich sind wir doch zwei ziemlich gescheite Lebewesen. Ich unterstelle es jedenfalls als wahr. Wie kommt es dann, daß wir uns genau so albern benehmen wie andere Liebespaare? Wir halten uns an den Händchen. Wir stolpern Arm in Arm durch die kahle Natur. Wir bissen einander am liebsten die Nasenspitzen ab. Ist das nicht idiotisch? Frollein, ich bitte um Ihre unmaßgebliche Stellungnahme!«
    Hilde kreuzte die Arme vor der Brust, verneigte sich dreimal und sagte: »Erhabener Sultan, gestatte deiner sehr unwürdigen Dienerin die Bemerkung, daß die Klugheit im Liebeskonzert der Völker noch nie die erste Geige spielte.«
    »Stehen Sie auf, teuerste Gräfin!« rief er pathetisch, obwohl sie gar nicht kniete. »Stehen Sie auf! Wer so klug ist, daß er die Grenzen der Klugheit erkennt, muß belohnt werden. Ich ernenne Sie hiermit zu meiner Kammerzofe à la suite!«
    Sie machte einen Hofknicks. »Ich werde sogleich vor Rührung weinen, Majestät, und bitte, in meinen Tränen baden zu dürfen.«
    »Es sei!« erklärte er königlich. »Erkälten Sie sich aber nicht!«
    »Keineswegs, Meister«, sagte sie. »Die Temperatur meiner Zähren pflegt erfahrungsgemäß zwischen sechsundzwanzig undachtundzwanzig Grad Celsius zu schwanken.«
    »Wohlan!« rief er. »Und wann treten Sie Ihren Dienst an meinem Hofe an?«
    »Sobald du willst«, erklärte sie. Dann begann sie plötzlich, trotz der Nagelschuhe, zu tanzen. »Es handelt sich um den Sterbenden Schwan«, fügte sie erläuternd hinzu. »Ich bitte, besonders auf meinen langen Hals zu achten.«
    »Tanzen Sie weiter!« meinte er. »Ich hole Sie abends wieder ab.«
    Er ging. Sie kam laut heulend hinter ihm her und gab vor, sich zu fürchten. Er nahm sie bei der Hand und sagte: »Törichtes Kind!«
    »Aber der Schwan ist doch gestorben«, erklärte sie eifrig.
    »Und mit einem so großen toten Vogel allein im Wald – huhuhu!«
    Er gab ihr einen Klaps, und dann setzten sie den Weg fort. Nach einiger Zeit wurde er ernst. »Wieviel Geld muß ich verdienen, damit wir heiraten können? Bist du sehr anspruchsvoll? Was kostet der Ring, den du am Finger hast?«
    »Zweitausend Mark.«
    »Ach, du grüne Neune«, rief er.
    »Das ist doch schön«, meinte sie. »Den können wir versetzen!«
    »Ich werde dich gleich übers Knie legen! Wir werden

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