Drei Mal täglich
von Natur aus eine grundehrliche Person und hasste Lügen, auch wenn sie einem guten Zweck dienten.
Erst hatte sie Janet und CeeCee erlaubt, sie in ein sexy Outfit zu stecken und sie zu überreden, so zu tun, als sei sie ein freizügiges Partygirl. Das Gegenteil war doch der Fall! Erst diese Schwindelei, und nun saß sie richtig in der Patsche. Ihre Urgroßmutter zog die Fäden und erwartete, dass sowohl Lacy als auch Bennett nach ihrer Pfeife tanzten.
Der Blitz hatte eingeschlagen? Von wegen!
Es ärgerte sie, dass sie ihre gesamte Zeit damit vergeudet hatte, auf jenen ominösen Moment zu warten, bis der Blitz der Liebe sie traf. Sie hatte dieses Märchen sogar dafür benutzt, sich hinter ihrer angeborenen Schüchternheit zu verstecken. Sie hatte einfach nicht gelebt. Es war viel einfacher gewesen, so zu tun, als käme alles irgendwann von selbst. Der Ritter in der glänzenden Rüstung würde schon auftauchen und sie erobern.
Die Erkenntnis, dass sie seit Jahren ein fröhliches, ungezwungenes Liebesleben hätte führen können, traf sie hart. Wie Janet und CeeCee hätte sie einfach das Leben genießen können. Bloß, dass sie viel zu sehr an den Familienmythos geglaubt hatte, um ihren Freundinnen Gehör zu schenken. Trotzdem hoffte sie immer noch ein bisschen, dass die Geschichte mit dem Blitz der Liebe auf Wahrheit beruhte und dass Bennett tatsächlich der Mann ihres Lebens war.
Lacy humpelte an ihren Krücken durch den Flur. Hin und zurück, hin und zurück. Sie war nervös bei dem Gedanken, was ihre Urgroßmutter Bennett wohl gerade erzählen mochte. Neugierig lauschte sie an der Tür, doch sie hörte nichts außer Geflüster.
Zu nervös, um das Warten noch länger auszuhalten, klopfte Lacy kurz und betrat dann das Schlafzimmer ihrer Urgroßmutter. Bennett saß noch immer auf der Bettkante neben Urgroßmutter Kahonachek.
Er sah hinüber zu Lacy und zwinkerte ihr zu. Ihr Herz begann zu klopfen. Sie mussten dieses Haus verlassen, ehe die Dinge außer Kontrolle gerieten. Urgroßmama war quietschfidel. Keine Spur von Herzattacke. Also nichts wie weg hier.
“Da es dir wieder besser geht, glaube ich, dass Bennett und ich nach Houston zurückfahren sollten”, meinte Lacy.
“Wozu die Eile,
Drahy
? Du gibst uns nicht gerade oft Gelegenheit, dich zu sehen. Außerdem hast du heute Nacht nicht geschlafen. Dein junger Mann übrigens auch nicht. Schau mal, wie er gähnt.”
Tatsächlich gähnte Bennett hinter vorgehaltener Hand. Dann grinste er verlegen.
“Ja, aber im Krankenhaus wartet einer von Bennetts Patienten auf eine Herztransplantation. Jede Sekunde kann Bennetts Pieper ertönen. Es ist besser, wenn wir sofort losfahren.”
Die alte Dame legte eine Hand auf ihr Herz, lehnte sich erschöpft in die Kissen und schloss die Augen. “Oh. Mein Herz hat gerade so komisch geholpert.”
Bennett war im Nu an ihrer Seite, um ihr den Puls zu fühlen. Er schaute besorgt drein.
“Das zieht nicht, Urgroßmama”, sagte Lacy fest. “Wir fahren ab.”
Die alte Lady öffnete ein Auge. “Na schön. Prima. Wenn ich dich am nötigsten brauche, reist du ab.”
“Wenn du wirklich krank wärst, würdest du uns erlauben, dich ins Krankenhaus zu bringen.” Lacy hatte nicht vor, die Komödie ihrer Urgroßmutter weiter mitzuspielen. Genug war genug.
“Lacy”, begann Bennett. “Meinst du wirklich, es wäre eine gute Idee, deine Urgroßmutter aufzuregen?”
“Glaub mir, es geht ihr gut.”
“Darf ich draußen im Flur ein Wort mit dir reden?”, fragte Bennett.
“Natürlich.”
Als sie im Gang standen und die Tür geschlossen hatten, beugte sich Bennett nah zu Lacy und flüsterte: “Hör zu, Lacy, es macht mir überhaupt nichts aus, noch eine Weile hierzubleiben, und dafür zu sorgen, dass deine Urgroßmutter sich wieder erholt. Wenn du nur meinetwegen abreisen möchtest, dann solltest du noch mal drüber nachdenken. Ich habe mit Dr. Laramie gesprochen. Er hat gesagt, dass es nicht unbedingt notwendig ist, dass ich bei Mr. Marshalls Operation anwesend bin.”
“Aber es wäre doch deine allererste Herztransplantation. Wenn du die Gelegenheit nicht wahrnimmst, könnte es sein, dass es lange dauert, bis du wieder die Möglichkeit hättest, bei einem solchen Eingriff zu assistieren.”
“Zunächst einmal stehen die Chancen nicht so gut, dass für Mr. Marshall schon an diesem Wochenende ein geeignetes Spenderherz gefunden wird. Doch sobald man mir Bescheid sagt, werde ich natürlich zum Flughafen in Waco fahren und
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