Drei Mal täglich
nach Houston fliegen. Ich kann dein Auto ja später holen.”
“Das ist wirklich nett von dir”, bemerkte sie. “Doch eine innere Stimme sagt mir, dass meine Urgroßmutter nicht besonders krank ist. Wir sollten heimfahren.”
“Das kann man bei einer Frau ihres Alters nie genau wissen.”
“Ich habe schon allein deswegen ein schlechtes Gewissen, weil du mich wegen dieses Fehlalarms hierher gefahren hast.”
“Du hast mich zu nichts gezwungen, Lacy. Ich bin hier, weil ich hier sein möchte. Mit dir.”
Oh, dachte Lacy. Warum sagt er bloß immer genau das Richtige? Sie schaute in seine Augen, und ihr Ärger verschwand. Er war ein wunderbarer Mensch. Trotzdem bedeutete das noch lange nicht, dass er der passende Mann für sie war.
“Bennett, ich möchte, dass wir nach Houston zurückfahren. Jedenfalls wenn du dich nach einer Nacht ohne Schlaf dazu fit genug fühlst.”
“Du machst Witze. Es waren doch nur vierundzwanzig Stunden. Das ist gar nichts. Während der Ausbildung haben wir Schichten von sechsunddreißig Stunden geschoben. Oft haben wir die ganze Zeit kein Auge zugemacht. Ich komme damit schon klar.”
Lacy nickte. “Dann lass uns allen auf Wiedersehen sagen und uns auf den Weg machen.”
Sie humpelte an ihren Krücken ins Schlafzimmer zurück, um ihre Urgroßmutter von ihrem Entschluss zu informieren.
“Du scheinst wild entschlossen zu sein”, meinte die alte Dame.
“Ich weigere mich einfach, Bennett zu irgendetwas zu überreden, was er gar nicht will.”
“Du bist schon ein kleines, stures Ding,
Drahy
. Du schlägst ganz nach mir.”
Lacy beugte sich über ihre Urgroßmutter und küsste sie auf die Stirn. “Ich hab dich lieb und bin dir dankbar für deine Hilfe. Aber ich darf Bennett nicht anlügen. Wenn er mich will, dann gut. Wenn nicht …” Sie nahm all ihre Kraft zusammen, um nonchalant mit den Achseln zu zucken, und nicht zu zeigen, dass allein der Gedanke, Bennett zu verlieren, ihr das Herz zerriss.
“Schickst du mir deine Großmutter, ehe du gehst?”, bat Urgroßmama Kahonachek.
“Gern.”
Lacy verabschiedete sich und ging nach draußen, wo Bennett auf sie wartete. Zusammen gingen sie nach unten, wo sie die anderen Familienmitglieder beim Frühstück fanden. Lacy richtete ihrer Großmutter Nony aus, dass die Urgroßmutter sie sprechen wollte. Danach begann sie, sich von den anderen zu verabschieden.
“Unsinn”, meinte ihre Mutter. “Bleib doch wenigstens zum Frühstück.”
Lacy schüttelte den Kopf. Die Versuchung war zu groß. Die Versuchung, zu essen, danach ein Nickerchen zu machen, und zuzulassen, dass währenddessen der Rest ihrer Familie ihr Leben neu organisierte. Das versuchten sie ja seit neunundzwanzig Jahren mehr oder weniger erfolgreich. Es war Zeit, dass sie ihr Leben selbst in die Hand nahm.
“Bennett, reden Sie ihr gut zu”, forderte Lacys Mutter ihn auf.
Er hob die Hände und lachte. “Ich bin leider nur der Chauffeur.”
“Wir müssen losfahren, Mom”, sagte Lacy. “Ich bin überzeugt, dass es Urgroßmama bald wieder gut gehen wird. Sie hatte vermutlich bloß eine Verdauungsstörung. Viel Spaß bei der Landwirtschaftsmesse.”
Nach vielen Umarmungen und guten Wünschen verließen Lacy und Bennett endlich das Haus. Lacy an Krücken, Bennett neben ihr, um ihr die Beifahrertür des Wagens zu öffnen und ihr ins Auto zu helfen.
Lacy fühlte sich erschöpft, körperlich und seelisch. Eine tiefe Ernüchterung war es, die sie wieder zurück nach Houston trieb. Sie lehnte sich zurück und seufzte. Sie brauchte Zeit allein in ihrem Apartment, um ihre aufgewühlten Gefühle zu sortieren.
Bennett setzte sich ans Steuer. Lacy musste sich gewaltsam dazu zwingen, nicht einfach zu sagen: “Ach, bleiben wir doch da.” Er drehte den Zündschlüssel, um den Motor anzulassen.
Nichts geschah.
Er trat das Gaspedal durch und startete erneut.
Nichts.
Er warf einen Blick zu Lacy. “Wie alt ist deine Batterie?”
“Ich hab sie vor ungefähr sechs Monaten gekauft.”
“Dann liegt es vermutlich nicht daran.” Bennett fuhr sich nachdenklich mit dem Finger übers Kinn. “Leider verstehe ich nicht viel von Autos.”
Lacy seufzte innerlich entnervt. Sie hatte aber auch ein Glück. Alles, was sie wollte, war, ihrer überfürsorglichen Familie zu entfliehen. Und jetzt saß sie mitten unter ihren wohlmeinenden Verwandten fest.
Probleme mit dem Auto! Warum jetzt das noch?
“Irgendwie erscheinen mir Frühstück und Nickerchen gerade ziemlich
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