Drei Mal täglich
eine konservative junge Frau war. Sie brachte nicht ständig neue Verehrer mit nach Hause, damit sie ihre Familie kennenlernten. Deshalb akzeptierten sie ihn, Bennett, wohl auch so schnell. Die gesamten Verwandten schienen davon auszugehen, dass der Mann, den Lacy mitbrachte, ihr Lebensgefährte sein musste.
Bennett schluckte hart. Wo war er da nur hineingeraten? Lacy war eine nette Frau, die traditionelle Werte schätzte. Das hatte er gleich geahnt, als er ihr im OP-Saal das erste Mal begegnet war. Damals schon hatte er sich befohlen: Hände weg! Lacy in ihrem Elternhaus zu erleben beseitigte auch den letzten Zweifel. Lacy war keine Frau, mit der man eine kurze Affäre haben konnte. Die sexy Sirene, die er im Nachtclub kennengelernt hatte, war nur Fassade gewesen. Sie hatte eine Rolle gespielt und so getan, als sei sie jemand anderer.
Doch weshalb bloß?
Und dann gab es ja auch noch diese Küsse. Die waren real genug gewesen. Heißer und leidenschaftlicher als alles, was er in dieser Hinsicht bisher erlebt hatte. Diese Küsse waren nicht gespielt gewesen.
Doch Bennett war sich im Klaren darüber, dass es in seinem Leben keinen Platz für eine Beziehung gab, die über eine kurze Affäre hinausging. Seine Karriere stand im Vordergrund, würde es auch die nächsten Jahre noch tun. Er durfte sich nicht verlieben. Jedenfalls nicht jetzt.
Und Lacy zu bitten, auf ihn zu warten, ging natürlich auch nicht. Sicher wollte sie bald heiraten und Kinder haben. Das war es, was sie verdiente. Sie brauchte einen Mann, der ihr all seine Fürsorge, seine Liebe und seine Aufmerksamkeit widmen konnte, und keinen jungen Chirurgen, der seinen Platz in der Welt noch nicht erobert hatte. Einen angehenden Arzt, der noch nicht genug verdiente, um eine Familie zu ernähren, und der außerdem noch sein Studiendarlehen zurückzahlen musste.
Irgendwie machte es Bennett etwas aus, dass er niemals zu dieser fröhlichen Großfamilie gehören würde, die untereinander so innig verbunden war. Auf der anderen Seite fühlte er sich plötzlich bedroht. Es war, als zöge ihn eine unsichtbare Macht irgendwo hinein, wo er nicht hinwollte. Für einen gebildeten Mann fiel es ihm in letzter Zeit ziemlich schwer, genau auszudrücken, was er empfand.
Die Manschettenknöpfe, die Lacys Urgroßmutter, um den Disput zu beenden, kurzerhand in seine Brusttasche hatte gleiten lassen, befanden sich noch immer dort. Bennett war klar, dass sie einen großen Symbolwert besaßen.
Liebe auf den ersten Blick. Eine Hochzeit im Rausch des ersten Glücks. Und dann? Er musste immer wieder an die Scheidung seiner Eltern denken.
Es lag nicht daran, dass er nichts für Lacy empfand. Im Gegenteil. Er fühlte sich stark zu ihr hingezogen. Vielleicht sogar zu stark. Doch er wollte keine Erwartungen in ihr wecken, die er nicht erfüllen konnte. Jedenfalls nicht zu diesem Zeitpunkt. Er weigerte sich ganz einfach, sich zu verlieben oder zu heiraten, ehe er nicht reif genug dafür war. Seine Eltern hatten diesen taktischen Fehler einst begangen, und die übereilte Bindung hatte sie fast ruiniert.
Seine Kindheitserinnerungen waren alles andere als angenehm. Das eine Jahr verbrachte er Weihnachten bei der Mutter, das nächste beim Vater. Nie waren sie eine richtige Familie. Immer stand er zwischen den Fronten. Er erinnerte sich nur zu gut daran, wie sich seine Eltern um jede Kleinigkeit stritten. Wer die Zahnarztrechnung für das Kind bezahlen sollte. Wer ihm die Uniform für die Kinderliga zu kaufen hatte. Wie oft hatte er nächtelang in sein Kissen geweint und sich gefragt, was er machen sollte, damit sich seine Eltern wieder lieb hatten.
Irgendwann fand er heraus, dass es gar nicht an ihm lag. Das Problem war einzig und allein gewesen, dass seine Eltern körperliches Begierde für Liebe gehalten hatten. Wenn sie sich die Zeit genommen hätten, sich besser kennenzulernen, hätten sie bald herausgefunden, dass sie nicht zusammenpassten. Wenn schon nichts anderes, dann hatte Bennett wenigstens diese Lektion von seinen Eltern gelernt.
“Großmutter Nony”, begann Lacy, “wenn wir schon hier festsitzen, bis Dylan sich um mein Auto kümmern kann, dann könntest du doch mit den anderen auf die Expo fahren, oder? Bennett und ich können dafür sorgen, dass es Urgroßmama gut geht.”
“Bist du sicher?”, fragte Großmutter Nony erfreut. “Ich hoffe nämlich, dass mein Apfelmus dieses Jahr einen ersten Preis gewinnt.”
“Fahren Sie nur”, mischte sich Bennett ein, und erst
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