Drei Schwerter für Salassar (Gesamtausgabe): Die Saga der Adamanten-Welt (German Edition)
würde.
In einem geheimen Tempel jenseits der Himmelsberge wurden diese uralten Dokumente eines vergessenen Zeitalters aufbewahrt. Die Hüter des Heiligtums waren uralte Männer aus den Tagen, als Chrysalitas noch eine junge Welt war. Der Schatz, den sie im Allerheiligsten eines vom mannsdicken Marmorplatten umgebenen Schreins aus reinem Bergkristall hüteten, spendete ihnen zwar nicht das ewige Leben, doch ließ er die Spanne ihres Daseins nach Jahrtausenden zählen und gab ihren Körpern stets gleichbleibend die Spannkraft eines Mannes in den besten Jahren.
Oft war Dhaytor bei ihnen im Tempel jenseits der Wolken gewesen, denn die Priesterschaft des Kristallschreins kannte noch die Zeit, bevor das verfluchte Reich der Hexenkönige von Szylamar in die Tiefe von Chrysalitas versank und sich an seiner Stelle das Chrysalische See bildete. Keiner der Alten fürchtete deshalb die Drachen. Und sie schrieben nicht nur auf, was ihnen Dhaytor aus den Tagen vor Anbeginn aller Zeit erzählte, sondern sie lasen ihm auch die Bücher vor, die sich in den Regalen der gewaltigen Halle des Wissens bis hinauf in die kuppelartige Decke stapelten.
Und eins jener Bücher waren die verbotenen Prophezeiungen des Endes aller Dinge.
Es waren schon sonderbare Visionen, die von einem Tag kündeten, an dem der Tod alles besiegt. Doch nur, um danach vom Leben überwältigt zu werden. Ein Tag, an dem die Götter sterben – um neu zu entstehen. Doch dieser Teil der Prophezeiung war noch düsterer und unverständlicher als alles, was der fragmentartige Text sonst hergab.
Denn nicht der Prophet selbst hatte die im fortschreitenden Wahnsinn hervorgestoßenen Worte aufgeschrieben, sondern einer seiner Jünger. Doch der hatte die Predigten und Worte seines Meisters, so gut er sie im Gedächtnis behalten hatte, erst viele Jahre später auf Pergament niederschrieb. Und es sah so aus, als habe auch der Prophet, dessen Name in der Buchrolle niemals genannt wurde, immer nur kurze Zeit diese Visionen gehabt und Dinge gesehen, die er dann heraus schrie, ohne zu begreifen, was er sagte. Der Jünger, der Jahre später alles nieder schrieb, hatte selbst Probleme gehabt, die Worte des Meisters ungefähr in die richtige Reihenfolge zu setzen.
Und am Schluss war auch nicht erkennbar, ob nach dem letzten Tag wirklich das Nichts bevor stand – oder ob das Ende ein neuer Anfang war.
Der Krieg der Unsterblichen, der Götterkrieg, stand bevor. Und die Götter würden sterben. Sterben – um neu zu leben. So war es aus einer Stelle im Fragment, die kaum ausreichend zu deuten war, zu erkennen.
Es war von einem Weg die Rede, den der Schicksalsfaden nehmen würde. Ein Weg, der mit einem Fluss zu vergleichen war, dessen Wasser sich von der Quelle her immer den Weg sucht, auf dem es ohne Hindernisse voran kommt. Also muss man dem Wasser des Schicksals den Weg frei machen, damit es sich nicht staut und sich dann mit vernichtender Wut selbst den Platz schafft, den es benötigt, um sein Ziel zu erreichen.
Manchmal waren diese Hindernisse, die das Schicksal sich dem Schicksal in den Weg stellten und es vielleicht auch aufhalten konnten, lebende Wesen. Lebten sie, wurde die Bahn des Schicksals anders gelenkt als wenn sie starben.
Aus den Worten des Lektors, der ihm in halb singendem Tonfall die alten Prophezeiungen vorgelesen hatte, hatte der uralte Drache ganz klar erkannt, dass er, Dhaytor, selbst eins der gewaltigsten Hindernisse war, die das Schicksal für eine Weile aufhalten konnten. Was kommen musste, würde sich anders entwickeln, wenn der Drachenvater lebte als wenn er starb.
Ob zum Guten oder zum Bösen – das vermochte sicher nicht einmal Dhasor, der Welten-Vater, zu sagen.
Der Regenbogendrache spürte, dass jetzt, in diesem Augenblick, der Schicksals-Quell den Felsen, in dem er vom Anfang der Zeit an verschlossen war, zerbrach und zu sprudeln begann.
Er konnte nicht wissen, dass dies bereits an dem Tage geschehen war, als Sina, Ferrol und Churasis zum ersten Male zusammen trafen und gemeinsam das „Herz von Achrann", einen mächtigen Zauberkristall, zerstörten und damit die Stadt Salassar vor dem Untergang bewahrten. Dhaytor konnte nicht wissen, dass der Fluss des Schicksals bereits die Quelle verlassen hatte und sich seinen Weg bahnte. Und dass die drei Menschen auf dem fliegenden Teppich bereits die Erfüller dessen waren, da man als Schicksal bezeichnet.
Dennoch spürte der
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