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Drei Seiten für ein Exposé

Drei Seiten für ein Exposé

Titel: Drei Seiten für ein Exposé Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Peter Roentgen
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Verzögerung
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    Auch nicht länger, aber sehr viel anschaulicher.
    Als Sophies Wunschzettel in der Werkstatt ankommt, ist guter Rat teuer. Der Weihnachtsmann kann sich nicht entscheiden, ob er ihr denWunsch erfüllen soll. Nicht, dass er dagegen ist, aber in letzter Zeit gibt es so viele Probleme, mit deren Folgen er immer noch kämpft. Nachdem der Weihnachtsmann immer verzweifelter und unbrauchbarer wird, hat seine Frau den rettenden Einfall für eine Lösung
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    Konkreter:
    Der Weihnachtsmann hat so viele Probleme, dass er Sophies Wunsch ablehnen möchte. Doch dann kommt ihr Brief mit dem Bild, und seine Frau setzt durch, dass Sophie eingeladen wird
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    Nicht nur anschaulicher, jetzt wird auch das gerettete Bild in die weitere Geschichte eingebunden.
    Weiter geht es im Exposé mit „nicht zu umgehenden Hindernissen“:
    Doch als der lang ersehnte Tag näher rückt, baut sich vor ihr ein unerwartetes und nicht zu umgehendes Hindernis auf. Unglücklich fügt sie sich ihrem Schicksal und kann es nicht fassen, als sie sich plötzlich doch in der Werkstatt des Weihnachtsmannes befindet
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    Was, bitte, ist das unerwartete Hindernis?
    Als der lang ersehnte Tag näher rückt, erfährt Sophie, dass ihre Mutter für sie einen Ski-Urlaub in der Schweiz gebucht hat. Die Mutter lässt sich davon nicht abbringen, und Sophie kann ihr doch nicht sagen, dass sie auf eine Einladung vom Weihnachtsmann hofft. Doch am Abend vor Weihnachten klingelt es vor dem Hotelfenster und ein Schlitten mit sechs Rentieren wartet draußen darauf, Sophie zum Nordpol zu bringen
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    Und was ist mit dem Satz:
Zusammen mit ihm und seinen Elfen erlebt Sophie eine unvergesslich schöne und aufregende Zeit
?
    Kein Zweifel, auch der ist allgemein. Doch hier kann sich jeder Leser vorstellen, was damit gemeint ist. Diesen Satz würde ich stehen lassen.
    Nicht aber die Bemerkung:
Gleichzeitig entdeckt sie jedoch etwas, das sie ein schlechtes Gewissen gegenüber Julia bekommen lässt
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    Was sie entdeckt, sollte der Leser schon wissen. Vielleicht:
    Gleichzeitig entdeckt sie jedoch, dass es dem Weihnachtsmann egal ist, ob man an ihn glaubt. Er wird auch Julia beschenken
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    Damit, dass die beiden Mädchen sich aussprechen und ihre Freundschaft erneuern, endet die Geschichte. Mehr ist für ein Exposé nicht nötig. Im Text kann Sophie dann noch ein paar Neuigkeiten erfahren, die sie freuen. Im Exposé brauchen wir das nicht.
    Dass ich hier so auf den allgemeinen Behauptungen im Exposé herumgeritten bin, hat einen Grund. Bedenken Sie, welche Wirkungen allgemeine Behauptungen auf den Leser – und vor allem auf Lektoren! – haben. Solche Behauptungen erwecken den Eindruck, dass der Autor sich seine Geschichte nicht genau überlegt hat, dass sie genauso allgemein, unanschaulich bleibt wie das Exposé. Dass das „unerwartete und nicht zu umgehende Hindernis“ in Wirklichkeit nichts Unerwartetes, sondern etwas Banales, Langweiliges ist.
    Und in vielen Fällen stimmt das. Oft verdecken allgemeine Behauptungen Lücken im Plot, ist das, was sich hinter den pompösen Behauptungen verbirgt, einfach banal, nicht ausreichend, oder gar unglaubwürdig. Vorsicht also, wenn Sie in Ihrem Exposé solche allgemeinen Behauptungen entdecken. Prüfen Sie Ihren Text an dieser Stelle. Und schreiben Sie das Exposé um, benennen Sie konkret, was an dieser Stelle passiert. Ist das wirklich spannend? Überraschend? Falls nicht, falls Sie keine konkreten fesselnden Entwicklungen haben, müssen Sie noch am Plot feilen. Die Versuchung, das Problem mit allgemeinen Behauptungen zu übertünchen, ist groß.
    Geben Sie der Versuchung nicht nach. Sie tun sich damit keinen Gefallen. Ihre Bewerbung bei Verlagen oder Agenten landet so auf dem Stapel „Ablehnen!“, und Sie versäumen obendrein die Chance, Plotlöcher in Ihrer Geschichte zu stopfen und einen besseren Text zu schreiben.
Übung
    Das Exposé „Sophie und ihr Weihnachtswunsch“ ist aus der Perspektive von Sophie geschrieben. Sie ist schließlich die Heldin, die Protagonistin dieser Geschichte.
    Natürlich könnte man die Geschichte auch aus der Sicht des Weihnachtsmanns schreiben. Der bekommt einen Brief von einem kleinen Mädchen, das den Wunsch hat, ihn zu besuchen. Zugleich ist Stress angesagt, denn der Nachschub vom Südpol stockt. Und als seine Frau die rettende Idee hat und er das Mädchen abholen will, findet er es nicht, weil es verreist ist.
    Schreiben Sie dieses Exposé.
    Was hier nur eine Übung ist, das können Sie an vielen

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