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Drei Seiten für ein Exposé

Drei Seiten für ein Exposé

Titel: Drei Seiten für ein Exposé Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Peter Roentgen
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    Doch Claudia erklärt ihm, dass er zweihundert Jahre hinter dem Mond gelebt und die Frauenbefreiung verschlafen hat. Pech für den Korsen. Wie gelingt es ihm, dennoch Claudias Herz zu gewinnen? Durch die Schilderung aus dem Leben dieser geheimen Beziehung? Egal was, hier sollte man sich etwas einfallen lassen.
    Der nächste Punkt ist die Entführung, für die sich freundlicherweise korsische Separatisten zur Verfügung stellen. Verschärfen wir hier auch die Anforderungen. Napoleon kann nicht selbst mit ihnen in Verbindung treten – sie sind nicht seine direkten Nachfahren –, das muss also Claudia erledigen. Die Separatisten kann sie zwar auftreiben, diese erklären sich auch zur Entführung bereit, haben aber eigene Pläne. Siewollen mit Claudia gefangene Gesinnungsgenossen freipressen, die Gebeine Napoleons sind ihnen ziemlich schnuppe. Doch das begreifen Claudia und der Kaiser erst, als Claudia sich in die Gewalt der Separatisten begeben hat. Vielleicht kann sie sich mit des Kaisers Hilfe befreien? Auch dann hat sie der Polizei einiges zu erklären. Dass sie auf Napoleons Befehl gehandelt habe, wird die wenigsten Polizisten beeindrucken.
    Was nun? Das mit der Entführung ist schiefgelaufen. Pech für unsere Heldin, Glück für den Autor. Fehlschläge beleben einen Roman, egal ob Thriller oder Humoreske.
    Da wäre ja noch die Idee mit dem amerikanischen Präsidenten. Was haben Napoleon und die USA gemeinsam? Richtig, ein Großteil der USA stammt von Napoleon. Dieser hat das Land jenseits des Mississippis den Amerikanern verkauft. Lassen wir mal unsere Phantasie spielen. Was, wenn es da geheime Zusatzabkommen gegeben hätte? Napoleon hat es nur auf Zeit verkauft? Und der Korse weiß, wo sich die Originaldokumente befinden, die die Rückgabe an Frankreich nach zweihundert Jahren festlegen. In einer Schäferhütte in den korsischen Bergen.
    Also, lieber Obama, gib dir Mühe, dann bekommst du den Mississippi zurück. Sonst ist Sarkozy der glückliche Gewinner. Die Kreolen in den Südstaaten jubilieren und planen schon für die Unabhängigkeit von den USA. Spanien fordert prophylaktisch Florida zurück. Dort haben die Latinos sowieso schon die Mehrheit. Das weiße Haus rotiert. Frankreich jubiliert. Die UNO tagt in endlosen Sondersitzungen, kann sich aber nicht festlegen.
    Die französische Regierung bietet diese Wette an, sie sind sicher, kein amerikanischer Präsident wird sich darauf einlassen. Die Presse tobt. Und der amerikanische Präsident tut, was keiner geglaubt hat: Er reist inkognito nach Korsika, um dort mit seiner Frau …
    Was habe ich hier gemacht? Ich habe die vier unbeantworteten Warum-Fragen beantwortet. Und zwar nicht möglichst einfach, sondern so, dass es schwierig wird. Natürlich muss die Antwort glaubwürdig sein. Für einen realistischen Thrillerwürden die obigen Lösungen sich nicht eignen. Für ein witzig-absurdes Buch aber durchaus.
    Stellen Sie sich bei Ihren Romanprojekten, bei Ihren Exposés die Warum-Frage: Warum tun die Personen das, was sie tun? Ist das glaubwürdig? Was wäre, wenn sie es dem Autor schwieriger machen würden? Welche Steine könnten sie ihm in den Weg legen? Welche Steine liegen sowieso auf dem Weg?
    Je mehr Schwierigkeiten, je mehr Konflikte Sie sich entwickeln lassen, desto besser.
    Haben Sie übrigens etwas am Exposé bemerkt, das ich noch nicht erwähnt habe? Das man aber auch korrigieren sollte?
    Richtig, Petra, Ralf und Derek und wer hier mit wem anbandelt. Denn hat das Folgen? Nein, zumindest nicht im augenblicklichen Exposé. Wenn Sie die drei Figuren streichen, straffen Sie die Geschichte. Also sollte man gleich mit Napoleon und seinem letzten Wunsch beginnen.
    Wie könnte das Exposé also aussehen?
Übung
    Formulieren Sie das Napoleon-Manuskript neu. Sie dürfen dafür natürlich eigene Ideen verwenden, je mehr, desto besser. Beginnen Sie mit der Heldin Claudia und Napoleon. Wie entwickelt sich die Geschichte zwischen den beiden? Und wie geht ihre Geschichte aus?
Was ist spannend an einem Stoff?
    Eigentlich sollte es ganz einfach sein, das zu beantworten. Ist es aber nicht. Denn es ist keineswegs selbstverständlich, dass der Autor weiß, was an seinem Stoff fasziniert. Oft entwickelt sich das erst. Lassen Sie es reifen. Erzählen Sie von Ihrer Idee, beobachten Sie die Reaktionen. Oft sind sie erstaunlich.
    Vor einigen Jahren hat der Thrillerautor Andreas Eschbach und der Cheflektor von Perry Rhodan in der Bundesakademie in Wolfenbüttel vielbeachtete

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