Drei sind einer zuviel
bei der Bundeswehr«, erinnerte
Lauterbach.
»Na und?«
»Noch fast ein Jahr ist er da.«
»Na und? Na und?? Als wir Männer in Rußland
waren, haben sich unsere Frauen ja auch nicht rumgetrieben.«
»Aber Ernst!« mahnte Marianne.
»Misch du dich bloß nicht ein!«
Karlchen
ließ die Töpferscheibe auslaufen.
»Erstens
ist Helmut nicht in Rußland, sondern in Kassel, und zweitens ist er schon lange
nicht mehr mein Helmut.«
»Und warum nicht? So einen ordentlichen Menschen
kriegst du nie wieder. So einer ist rar gesät. Und er hätte so gut hier
reingepaßt.«
»Dann
heirate du ihn doch«, sagte Marianne. Einen Augenblick sah es so aus, als ob
Onkel Ernst ihr etwas an den Kopf werfen wollte. Als Marianne ihn nun auch noch
anlachte, verschwand er türenknallend.
»Wie hältst du das mit diesem Mann bloß aus«,
wunderte sich Karlchen.
Marianne zuckte die Schultern: »Er hält es ja
auch mit mir aus.«
Lauterbach lehnte an der Werkstatt-Tür und
rauchte nachdenklich den Regen an. Neben ihm saß Lumpi, Karlchens
Rauhhaardackel, der aussah, als ob ihn Marianne während ihrer Abwesenheit für
irgendein nahes Schlachtfest gemästet hatte. Lumpi wäre eher die Blase
geplatzt, als daß er eine krumme Pfote in die Nässe gesetzt hätte. Beide
schauten zu dem abgestellten Kombi, von dessen Vordersitz Herr
Müller-Mallersdorf zurückglotzte.
Der hat’s gut, dachte Lauterbach neidisch, der
kommt wenigstens herum. Der sieht was von der Welt und muß nicht täglich das
Gemecker von Ernst Müller erleiden.
Und dann sah er den Postboten unter seiner
Regenplane durch die Pfützen radeln. Er brachte die Zeitschrift, die Marianne
an der Haustür abonniert hatte. Außerdem hatte er mehrere Bankbriefe, einen
Gemeindebrief und einen Brief für Karlchen, in München abgestempelt.
Karlchen erkannte sofort die Schrift auf dem
Umschlag. »Ach, das ist aber lieb — «, und riß ihn auf. Heraus fiel das Bild
von Peter und Benedikt, wie sie so Wange an Wange klebend, gefällig-verkrampft
in die Linse lächelten. Auf der Rückseite stand: Erster Sonntag ohne Karlchen.
Karlchen weinte beinah vor Rührung: »Stellt euch
vor, da sind die beiden extra nach München gefahren, um ein Foto für mich
machen zu lassen.«
»Nun zeig endlich — « Marianne nahm es ihr aus
der Hand.
»Der linke ist Benedikt und der schräg
drüber...«
»...müßte dann wohl der Peter sein«, folgerte
Marianne.
»Süß, nicht?«
»Süß —??«
»Allein die Idee.«
Sie gab ihr das Foto zurück. »Und wegen soviel
männlicher Schönheit zieht es dich immer wieder in den Bayerischen Wald?«
»Ich hab die beiden so gern.«
»Und noch immer keinen lieber?«
»Nein. Das ist ja das Umständliche. Beide
zusammen ergäben den idealen Mann. Aber jeder alleine ist wie ein großer Bruder
für mich.«
»Tja, das ist wirklich umständlich«, sagte
Marianne und ließ sich von Lauterbach in ihre Jacke helfen. Er mußte dazu auf
einen Stuhl steigen. »Hoffentlich muß ich beim Arzt nicht lange warten.«
Als sie gegangen war, schaute Karlchen noch
einmal mit Lauterbach das Foto an.
»Ich würde den linken nehmen«, sagte er nach
einer Weile.
»Meinst du?«
»Oder den rechten.«
Da sie ja doch zu keiner Einigung kommen würde
und auch nicht wollte, pinnte Karlchen das Foto erst einmal über ihren
Arbeitsplatz.
10
Nach wenigen Wochen war Mariannes Arm so weit
geheilt, daß sie die Glasuren der Kleinkeramik wieder übernehmen konnte.
Karlchen durfte töpfern, das machte ihr mehr
Spaß. Lauterbach malte wie immer Blumen und Barockkringel und Hirsche und
Waidmänner auf Krüge, Lumpi döste auf der Ofenbank. Das Radio lief den ganzen
Tag, denn Onkel Ernst war für vier Tage verreist.
O seliger Frieden!
Jede Woche erhielt Karlchen Post vom
Schmalzlerhof. Keine langen Briefe, Gott bewahre, höchstens zwei Sätze: »Huhu,
unser Karlchen! Wir sind so ohne Dich! Die Einödhofer.«
»Denen fällt auf Karten auch nicht mehr ein als
deinem Onkel Ernst«, meinte Marianne dazu und drehte die gerade mit der Post
eingetroffene Ansicht um: König Ludwig II. als junger Spund mit lockigem Haar
in Galauniform.
Lauterbach war hingerissen. »Ein schöner Herr —
so groß und stattlich und so trotzdem-! Den möchte ich mal auf Töpfe malen.«
»Versuch’s doch«, meinte Marianne, den »Kini«
betrachtend. »Der würde sich bestimmt besser verkaufen als unser Schnokus.«
»Vor
allem in Bayern«, strahlte Karlchen hoffnungsfroh auf. »Komm, Lauterbach,
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