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Drei sind einer zuviel

Drei sind einer zuviel

Titel: Drei sind einer zuviel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Noack
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ihn
sogar zuerst. Er wußte, wem er das zu verdanken hatte.
    Peter wurde zusammen mit 250 Gramm
Vorderschinken als »endlich mal ein guter Lehrer, unser neuer Lehrer« über den
Ladentisch verkauft.

13
     
    Benedikt hatte den Entwurf für die neue Schule
fertiggestellt. Nicht nur die Pläne dafür, auch das Modell. Peter hatte ihm
dabei zugesehen.
    Es war erstaunlich, was für handwerkliche
Fähigkeiten in dem Berliner steckten, wenn er nur wollte. Zuletzt hatte
Benedikt seinen Badeschwamm zerfleddert, grün angestrichen und das Schulterrain
mit kleinen Büschen bepflanzt. Danach lud er Karlchen und Peter zu einer
Besichtigung ein.
    »Ich
habe versucht, den ganzen Komplex durch verschieden große und
verschiedenförmige einzelne Baukörper aufzulösen und zu gliedern.« Ihren das
Schulmodell durchwandernden Blicken hatte sich eine Stubenfliege angeschlossen.
    »Sind die Treppengeländer breit genug zum
Rutschen?« wollte Karlchen wissen.
    »Hast du auch nicht die gläsernen Fensterfronten
nach Süden vergessen, unter denen man wie ein Brummer unterm Brennglas
schmort?« erkundigte sich Peter.
    »Und wo soll Gumpi wohnen?«
    »Hier. Mit Nachmittagssonne und eigenem Ausgang.«
    »Wenn diese Schule gebaut ist, bin ich längst
nicht mehr hier«, sagte Peter.
    Sie schlugen das Modell vorsichtig in eine Rolle
Packpapier ein, ehe sie es in den Laderaum des Kombis stellten.
    »Schade, daß es schon weg muß. Hätte man so
schön mit spielen können«, bedauerte Karlchen, auf einem umgestülpten
Futtereimer im Hof sitzend. »Selbst wenn du bloß den zehnten Platz machst, für
mich bleibt es das schönste Modell«, versicherte sie Benedikt.
    »Nun nimm ihm doch nicht von vornherein die
Hoffnung«, ärgerte sich Peter.
    »Hast ja recht«, gab sie zu. »Aber ich hab mich
nun mal in meinem Leben so sehr daran gewöhnt, daß ein Trostpreis auch ein
Preis ist.«
    So fuhren die beiden denn das Modell vorsichtig
um die Kurven nach Nebel und lieferten es im Landratsamt ab.
    Karlchen saß noch eine Weile auf dem
Futtereimer, kraulte mechanisch auf dem fetten Bauch ihres Dackels herum, der
sich mit abgespreizter Hinterpfote vor ihr ausgestreckt hatte, und war traurig.
    Sie konnte Peters letzten Satz beim Verladen des
Modells nicht vergessen: »Wenn diese Schule fertig ist, bin ich längst nicht
mehr in Nebel.«
    Es war alles ein Provisorium hier, für das sie
als einzige Heimatgefühle hegte.
    Da mochte sie Gardinen nähen und Kissen und ein
Puppensofa anschaffen und Geschirr und Hühner und einen Hahn und einen Hund und
Radieschen säen und Blumen pflanzen — nichts hatte den Wunsch nach
Seßhaftigkeit in den beiden Kerlen angeregt.
    In der Küche überm Ausguß mit der einzigen
Wasserquelle des Hauses hatte Peter einen Kalender aufgehängt, auf dem er
täglich nach dem Rasieren einen Tag abstrich — einen Tag weniger bis zu den
großen Ferien. Keine Stunde länger wollte er hier verbringen und erst am
letzten Ferientag, Mitte September, zurückkommen. Wer weiß, was nach diesen
Ferien sein würde. Vielleicht wurde er in einen anderen Ort versetzt.
Vielleicht war auch Benedikt inzwischen schon nicht mehr da.
    Sie schlossen das Haus einfach ab und gingen
fort ohne Nachgedanken.
    Aus den Augen, aus dem Sinn, pflegte Onkel Ernst
zu sagen.
    Wir
sind noch nie miteinander verreist, fiel Karlchen ein. Nicht mal bis nach
München. Wenigstens verreisen wollte sie noch einmal mit den beiden...
     
    Bei ihrer Rückkehr vom Landratsamt scholl ihnen
Musik in voller Lautstärke entgegen.
    »Mann, das ist doch die >Wolgaüberlegte Peter.
    »Nee, ich glaube, >Moldau<. Auf alle Fälle
ein Fluß von Smetana.«
    »Und warum fließt der so laut?«
    »Mußt du Karlchen fragen.«
    »Karlchen! — He! — Charlotte!!!«
    Sie hörte nichts.
    Peter
rutschte gleich zum Fenster hinein. Karlchen saß am Boden, vor sich eine
Autokarte. Sie fuhr mit dem Finger eine Linie nach. Benedikt kam zur Tür herein
und stellte die »Moldau« leiser.
    Sie sah auf. »Wart ihr schon mal in Prag?«
    »Nein«, sagte Benedikt, und Peter: »Auch nicht.«
    »Ich fahre gerade mit euch die Moldau herunter.«
    »Das muß man ihr lassen, egoistisch ist sie
nicht. Sie nimmt uns in Gedanken immer mit.« Karlchen lauschte verzückt den
Schlußtakten der symphonischen Dichtung.
    »Gewaltig, nicht? Friert’s einen richtig, schaut
mal — « Sie mußten die Gänsehaut auf ihrem Arm bewundern. »Und damit ihr’s
wißt, wir beantragen sofort ein Visum und fahren ein Wochenende

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