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Drei sind einer zuviel

Drei sind einer zuviel

Titel: Drei sind einer zuviel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Noack
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zusammen nach
Prag. Haben wir etwas, worauf wir uns freuen können.«

14
     
    Karlchen in einem Geschenkartikelgeschäft in der
Münchner Innenstadt. Die Besitzerin kannte ihr Angebot bereits von früheren
Besuchen und ließ sie gar nicht erst auspacken. Sie suchte Ausgefallenes, keine
Krüge für salontiroler Bauernstuben. Um Karlchens empfindsames Seelchen hatte
sich inzwischen eine Hornhaut gebildet. Sie ließ sich nicht mehr so leicht
kränken wie am Anfang ihrer Verkaufstour. Sie machte sich in großen Läden
unauffällig und wartete den Eintritt unentschlossener Kunden ab. Denen schob
sie ihre Muster ganz zwanglos unter. Manchmal stiegen sie darauf ein, meistens
klappte es nicht.
    An diesem Morgen hatte sie Glück. Die Kundin,
die ein Geschenk suchte, das nicht zu teuer sein sollte, aber mal was anderes,
wie sie sagte, stolperte über eine abgestellte Tasche und fiel in Karlchens hilfreiche
Arme. Zum Dank dafür warf sie einen Blick auf einen gerade ausgepackten
Ludwig-Becher.
    »Hübsch, nicht wahr? Alles handgemalt, von
Eduard Lauterbach, einem Künstler.«
    »Lauterbach? Nie gehört.«
    »Er ist ein Zwerg«, sagte Karlchen.
    »Ein richtiger Zwerg?« Die Kundin nahm den
Becher in die Hand. »Ist das auch wirklich wahr?« Jetzt zeigte sich auch die
Ladenbesitzerin interessiert. König-Ludwig-Becher, von einem Zwerg gemalt, das
fand sie originell und nahm Karlchen zwei Dutzend ab.
    Von nun an schämte sich Karlchen mehrmals am
Tage ihrem alten Freund Lauterbach gegenüber, weil sie seinen Zwergenwuchs als
Verkaufsförderung benutzte. Mancher Ladenbesitzer stellte sogar ein Schild in
die Auslage: »Handgemalte und signierte König-Ludwig-Becher von dem bekannten
Künstler und Zwerg Eduard Lauterbach.« Sie gingen weg wie warme Semmeln.
    Jede Woche zweimal gab Karlchen telefonisch ihre
Bestellungen durch. Lauterbach kam kaum noch nach, so groß war die Anfrage. Er
hatte sein Programm um Richard Wagner und Karl Valentin erweitert.
    Bischofskrüge, »Burg Lahnstein« und Rosamundeservice
blieben weiter Ladenhüter. Der Kitsch florierte. Der Rubel rollte.
    Onkel Ernst kochte. Dieser Lauterbach ließ sich
überhaupt nichts mehr von ihm sagen. Zeigte Starallüren. Bei jedem lauten Wort
drohte er mit Kündigung — Ernst spürte, daß Marianne im Ernstfall eher auf ihn
denn auf den Künstler Lauterbach verzichten würde.
    Die fertige Ware wurde per Eilfracht nach
München geschickt. Karlchen kam überhaupt nicht mehr nach Montabaur. Vier Tage
in der Woche arbeitete sie. Die übrigen verbrachte sie auf dem Schmalzlerhof.
    Das Leben war schön.
     
    Am Freitag wollten sie Peter von der Schule
abholen und Lumpi ausladen. Er sollte das Wochenende, während sie in Prag
waren, bei Gumpi verbringen. Der Hauswart hatte zwar fest versprochen, ihn
nicht zu füttern — aber wann’s Hunderl so traurig schaut, no, dann wird er ihm
wohl a Stickerl geben...
    Wie Karlchen diesen Dackel kannte, begann er mit
dem Traurigsein bereits beim Eintritt in die Hausmeisterküche. Und bis Montag
früh würden böhmische Knödel, Powideltascherl und Germknödel das erreicht
haben, was sie bisher zu verhindern versucht hatte: Lumpis Bauch kriegte
Bodenberührung.
     
    Am Donnerstagnachmittag hatte Karlchen noch gut
in Würzburg verkauft, hatte bereits die Autobahn verlassen und befand sich auf
krummen Landstraßen Richtung Nebel, als es plötzlich beeindruckend krachte.
    Sie ließ den Wagen am Straßenrand ausrollen,
stieg aus, um ihn rundum zu besichtigen — es war alles noch dran — , öffnete
anschließend die Motorhaube, faßte ziellos hinein und verbrannte sich die
Finger.
    Ein Lastwagen schleppte sie zur nächsten
Reparaturwerkstatt mit Tankstelle.
    Der Kombi wurde aufgebockt, Karlchen schaute ihm
gespannt unter den Rock und erfuhr, daß die Kardanwelle gebrochen sei.
    »Wie lange wird die Reparatur dauern?«
    »Heute ist Feierabend, morgen kommen wir nicht
dazu, dann ist Wochenende — Material müssen wir auch noch bestellen — fragen
Sie mal frühestens am Mittwoch nach.«
    »Das ist ja furchtbar! — Wie komme ich denn von
hier nach Nebel?«
    »Na, mit dem Zug.«
    »Und wann geht einer?«
    »Da müssen Sie schon am Bahnhof fragen.«
    »Wo ist der Bahnhof?«
    »Hier am Ort ist keiner. Da müssen Sie erst mit
dem Bahnbus fahren.«
    »Und wo, bitte, geht der ab?«
    »Am Markt.«
    »Aha«, sagte Karlchen, »und wie komme ich zum
Markt?«
    »Der letzte Bus ist vor zehn Minuten gefahren.«
     
    Am Freitag früh stellte Benedikt mit

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