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Drei sind einer zuviel

Drei sind einer zuviel

Titel: Drei sind einer zuviel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Noack
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Tüte ist Wäsche für ihn zum Wechseln und sein Sonntagshemd. Macht’s gut,
Ihr Zwei — Euer Karlchen.«
    Peter nahm Herrn Müller-Mallersdorf den Zettel
ab und las ihn nun selbst noch einmal.
    »Na ja«, sagte er, »Reisende soll man nicht
aufhalten. Ist vielleicht auch besser so.«
    Er drehte sich um und ging ins Haus. Benedikt
folgte ihm. »Was? Wieso besser? War doch schön mit Karlchen, oder?«
    »Ja doch. Aber kein Zustand auf die Dauer. Überhaupt
kein Zustand — so zu dritt. Uns wächst ja langsam ein Heiligenschein.«
     
    Am Montag drauf, so gegen sechs Uhr abends, kam
der Bichlersohn herübergeradelt.
    »Herr
Melchior, Sie möchten sofort in die Schule kommen. Rektor Nachtmann hat
angerufen.«
    »Ach,
du Schande«, sagte Peter und griff nach seinen Autoschlüsseln, »wenn der selber
anruft, dann ist die Kacke am Dampfen.«
    Er fuhr so schnell er konnte zur Schule und
parkte im leeren Hof. Aus den geöffneten Fenstern der Aula hörte er eine
Mädchenstimme deklamieren:
    »Der Retter naht,
er rüstet sich zum Kampf.
    Vor Orleans soll
das Glück des Feindes scheitern.
    Seine Maß ist voll,
er ist — «
    »Mehr Betonung auf >Maß ist vollFrau Sommerblühn dazwischen, »und es heißt nicht seine Maß, sondern sein Maß,
wann begreifst du das endlich?«
    Zu Weihnachten und vor Beginn der Großen Ferien
pflegte sie ein Theaterstück einzuüben. Das hatte für Schüler, die mitmimten,
den Vorteil, daß sie von einigen Unterrichtsstunden und Hausaufgaben befreit
wurden und mit besseren Noten in den Fächern rechnen konnten, in denen Frau
Sommerblühn unterrichtete. Andererseits fanden zweimal pro Woche am Nachmittag
Proben statt, das hatte keiner gern.
    Hausmeister Gumpizek fegte wie immer, wenn er
befürchtete, daß ihm etwas entgehen könnte, vorm Eingang herum. Er schien Peter
geradezu erwartet zu haben.
    »Sin scho alle in Rektorat, Herr Frischler auch.«
    »Frischler? Wieso denn der?«
    »Is wegen seine Traudi. Is nich zu Hause
gekommen nach Schule. Was bedeitet, is verschwunden seit ieber sieben Stunden.«
    Peter ließ Gumpi stehen und rannte im
Laufschritt die Treppe hinauf. In Nachtmanns Zimmer saßen Frischler, Christl Schäfer
und Oberlehrer Schlicht.
    Nachtmann ging auf und ab und erklärte die Lage.
    »Die hiesige Polizei ist alarmiert, auch die
Reviere der umliegenden Ortschaften. — Ach, Herr Melchior, gut, daß Sie
kommen.«
    »Ich habe schon von Gumpizek gehört.«
    »Traudi hält sich nie auf, sie geht immer sofort
heim nach der Schule. Vielleicht ist sie entführt worden!«
    »Sie hatte letzte Stunde Biologie bei Ihnen,
Herr Melchior«, erinnerte Rektor Nachtmann. »Ist Ihnen da nichts an ihr
aufgefallen?«
    »Ich habe die Arbeiten zurückgegeben. Traudi war
unglücklich — sie hatte eine Fünf.« Peter war plötzlich sehr mulmig zumute.
    »Eine Fünf! Das ist ja unerhört!« fuhr Frischler
aus seiner Rolle des besorgten Vaters und war nur noch ein in seiner Eitelkeit
gekränkter, von seinem Kind enttäuschter Apotheker. »Das ist bereits die dritte
Fünf im letzten halben Jahr! Aber ich sag es ja, das Mädel ist faul — sie hat zuviel
Ablenkung im Kopf — «
    »—und zuviel Angst vor Ihnen, was ich inzwischen
begreife, Herr Frischler«, fuhr Peter dazwischen. »Aber leider habe ich das zu
spät erkannt. Ich mache mir große Vorwürfe.«
    »Wie ist die Arbeit im allgemeinen ausgefallen?«
wollte Frischler wissen.
    »Nicht gut. Eine Sechs und drei Fünfer — nur
zwei Zweier.«
    »Was hat denn das alles mit Traudis Verschwinden
zu tun?« rief Christl Schäfer ungeduldig dazwischen.
    »Indirekt schon. Der Sechser und die beiden Fünfer
haben sich nach Haus getraut, Traudi nicht.«
    »Vielleicht bist du wirklich zu streng mit dem
Mädel, Walter«, sagte Schlicht.
    »Was heißt streng? Ich kann nicht jede
Schlamperei durchgehen lassen, wo kämen wir denn da hin?« wehrte sich
Frischler. »Schließlich soll sie mal die Apotheke erben. Schlimm genug, daß sie
die Oberschule nicht geschafft hat.«
    Er sah Peter gezielt an. »Vielleicht liegt es
auch an Ihrem Unterricht, daß sie so schlechte Noten kriegt.«
    »Oder an Ihrem falschen Ehrgeiz, mit dem sie das
Mädchen überfordern«, konterte er.
    Christl Schäfer legte sich die Hände auf die
Ohren.
    »Ich kann’s nicht mehr hören! Das Kind schwebt
vielleicht in Lebensgefahr, und hier streiten sich erwachsene Männer wie
Marktweiber.« Sie lief aus dem Zimmer.
    »Recht hat sie«, sagte Peter hinter ihr her.
     
    Gumpi machte

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