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Drei sind einer zuviel

Drei sind einer zuviel

Titel: Drei sind einer zuviel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Noack
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gewöhnt. Ich meine
die Bioarbeit von der Traudi Frischler.« Traudis Vater besaß die größte
Apotheke von Nebel. »Mündlich ist sie ’ne glatte Drei. Aber sobald sie eine
Klaßarbeit schreibt, setzt was aus bei ihr. Ich versteh das nicht.«
    »Wie ist denn die Traudi so?« fragte Karlchen.
»Maßlos empfindlich. Ein lautes Wort — schon kullern ihr die Tränen. Richtige
Heulsuse.«
    »Das muß doch einen Grund haben. Vielleicht lebt
sie in der Furcht des Herrn?«
    »Wieso? Ich tu ihr nichts.«
    »Aber vielleicht der von der Apotheke, was ihr
Papa ist«, überlegte Benedikt.
    »Es gibt Kinder, die sind bei Klassenarbeiten so
verstört, daß sie eine Fünf schreiben, obgleich sie den Stoff beherrschen«,
sagte Karlchen. »Du darfst Traudi keine Fünf geben, Peter, das verkraftet sie
nicht.«
    Er sah sie gereizt an. »Du machst mir Spaß! Ich
soll ihre total verhauene Klassenarbeit besser benoten als die der andern, bloß
weil sie empfindsamer ist und leichter losheult?«
    »Du kennst ja nicht die Gründe, weshalb sie so
verstört ist. Vielleicht machen sie ihre Eltern fertig, wenn sie mit ’ner
schlechten Note nach Hause kommt. Vielleicht steht sie unter Erfolgszwang.«
    »Im Grunde hat sie eine Sechs verdient. Sie soll
froh sein, wenn ich ihr ’ne Fünf gebe.«
    Er schrieb die Note unter Traudis Arbeit, dazu
das Datum und sein Autogramm.
    »Du mußt ja wissen, was du tust«, sagte
Karlchen, als er das Heft zu- und ein nächstes aufklappte. »Von Psychologie
verstehst du jedenfalls so viel wie die Kuh vom Donnern.«
    »Aber du verstehst was davon«, konterte er mit
sich steigerndem Zorn. »Das hat man gemerkt, wie Anna da war. Da hast du dich
benommen wie eine dumme, gekränkte — « Er wollte Pute sagen, schluckte es aber
lieber herunter. »Hör mir mal gut zu, Charlotte Müller! Du bist ein liebes
Mädchen, und wir sind dir sehr dankbar — für alles, was du für uns getan hast.
Aber seit einiger Zeit fängst du an, dich in unsere ureigensten Angelegenheiten
einzumischen. Du tust so, als ob wir dein Eigentum wären, und dagegen bin ich
allergisch!«
    »Komm, Peter, mach’s ’ne Nummer kleiner —
Karlchen meint es nicht so«, versuchte Benedikt zu vermitteln.
    »Laß ihn nur«, winkte sie ab und erhob sich.
»Ich weiß schon, wie er’s meint. Ich gehe euch auf den Wecker. Überhaupt ist
alles so verfahren mit uns...«
    Sie stand auf.
    Peter
— über seinen Heften — antwortete nicht. »Wo willst du hin?« fragte Benedikt.
    »Ich geh schlafen. Nacht.«
    »Ohne Buttermilch?«
    »Danke. Heut mag ich nicht. Lumpi, komm — « Sie
verließ die Küche.
    »Schlaf
schön«, sagte Benedikt hinter ihr her. Peter meinte: »Endlich ist Ruhe...«, und
warnend über den Tisch: »Fang du jetzt bloß nicht auch noch Streit an!!«
     
    Peter wurde am nächsten Morgen durch das Geräusch
eines abfahrenden Wagens geweckt. Er brauchte einen Augenblick, um zu
begreifen, dann sprang er aus dem Bett und riß das Fenster auf.
    Der Kombi rumpelte die furchige Ausfahrt
hinunter und verschwand zwischen den Bäumen, da wo der Weg in die Kurve ging.
Peter lief hinüber in ihre Kammer. Sie war aufgeräumt, das Bett abgezogen, all
ihre persönlichen Sachen hatte sie mitgenommen.
    Er rüttelte Benedikt aus dem Schlaf.
    »Karlchen ist fort.«
    Benedikt setzte sich im Bett auf und wischte
seine Augen, um Peter mit unverschleiertem Vorwurf betrachten zu können.
»Wunderst du dich darüber nach gestern abend?«
    Peter ging in die Küche und schaute sich dort
um. Ihr Becher mit der Aufschrift »Für Karlchen« war fort. Nicht mal Frühstück
hatte sie vorbereitet, das tat sie sonst immer, bevor sie morgens auf Tournee
ging.
    »Wie spät ist es eigentlich?« fragte Benedikt,
der ihm nachgekommen war. »Erst sechs? Wer so früh fährt, meint es ernst.«
    Der Hund fiel ihm ein — »Lumpi!!!« — , aber auch
sein Wassernapf war nicht mehr da.
    »Lumpi hat sie mitgenommen.« Benedikt angelte
sich in seinen Morgenrock und ging auf den Hof hinaus.
    Auf der Bank vorm Haus saß Müller-Mallersdorf,
neben sich eine Plastiktüte. An seiner Brust heftete ein Zettel:
    »Liebe Zwei,
    ich gehe lieber, bevor Ihr mich nicht mehr
leiden mögt. Alles hat seine Zeit, und unsere ist wohl vorüber. Ich werde diese
Monate mit Euch nie vergessen. Lumpi war auch gern hier. Paßt gut auf Euch auf
und findet endlich die richtigen Mädchen. Ich werde Euch bestimmt nicht mehr
dabei stören. Den Hund nehme ich mit. Herrn Müller-Mallersdorf lasse ich hier.
In der

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