Drei Tage voller Leidenschaft
dir sagt, oder du denkst über die Folgen meines Zorns nach, falls du das nicht tust.«
Dann wartete er geduldig zehn Sekunden lang, und als er keine Antwort bekam, erhob er sich aus seinem Sessel mit den Worten: »Bitte komm pünktlich zur Kapelle, damit Alisa nicht unnötig herumstehen muß.« Dann verließ er den Raum, und Nikki ließ sich verdrossen auf einen Stuhl fallen.
Fast eine halbe Stunde lang blieb er dort sitzen. In seinem Kopf herrschten weder Emotionen noch Gedanken, und sein Körper war nach der langen durchzechten Nacht wie ausgelaugt. Schließlich mühte er sich auf die Beine, schleppte sich hinauf in sein Zimmer und fiel in einen tiefen erschöpften Schlaf. Als nächstes nahm er wahr, daß man ihn wachrüttelte. Sein Bad war eingelassen, und seine Festgewänder lagen zum Ankleiden ausgebreitet da.
Knapp eine Stunde später durchquerte Nikki die zahlreichen Gänge und Hallen, die zur Hauskapelle führten. Sein Vetter Aleksej und dessen Bruder, die Trauzeugen, folgten ihm dicht auf den Fersen, als er rasch und ohne nachzudenken zu seiner Hochzeit eilte. Die Kapelle war klein und faßte nur knapp zweihundert Personen. Als Nikki den mit vergoldetem Stuck überladenen Raum betrat, der vom flackernden Licht von Tausenden von Wachskerzen erhellt war und in dem zehntausend Blumen ihren Duft verströmten, stießen die versammelten Gäste einen hörbaren Seufzer aus. Er kam eine Viertelstunde zu spät.
Nikki schlenderte nach vorn zum Altar und nahm seinen Platz unter einem großen Baldachin aus mit Orchideen verziertem Holzflechtwerk ein. In diesem Augenblick erschien Alisa am Hauptportal und schritt durch den Mittelgang. Ein wunderschöner Gesang wurde angestimmt.
Sie sah atemberaubend und makellos aus in ihrem cremefarbenen Seidenkleid mit Applikationen aus kostbarer Spitze. Die Schwangerschaft war durch die modische Tunika perfekt verborgen, bei der der Stoff meterweise und sehr vorteilhaft vorn drapiert und hinten in vielen Falten zusammengesteckt wurde. Ihre umfangreicher gewordene Taille, der Alptraum von Madame Vevay, war kaum zu erkennen, wenn man nicht Alisas ursprüngliche Schlankheit kannte. Eine kleine Tiara, die mit Diamanten und Edelsteinen besetzt war – ein Geschenk von Prinz Michail –, krönte ihre rotgoldene Haarpracht und hielt den langen Schleier aus handgearbeiteter Spitze, den man auf tausend Rubel pro Meter schätzte. Der Schleier war aus feinstem Material, und das Muster aus Rosen und Lilien wirkte so echt, daß die Blumen sich abzuheben schienen. Volle sechs Meter lang schleppte sie ihn hinter sich her. Ein Smaragdanhänger von Nikki hing um ihren Hals, und in den Ohren trug sie Aleksejs Geschenk, ein Paar Brillantohrringe.
Nikki hielt den Atem an und verharrte reglos, um ihre Schönheit voll in sich aufzunehmen. Dann trat er vor, nahm ihre Hand und zog seine stille, gefügige Braut an seine Seite. Beide traten auf einem Streifen Satin, und man gab ihnen eine brennende Kerze in die Hand, die sie die gesamte Zeremonie lang hielten. Die Priester in dunkelblauem, reich mit Silberfäden besticktem Samt, begannen mit der Zeremonie.
Nikki und Alisa steckten beide einen Ring an die rechte Hand, und man reichte ihnen ein Glas Wein, aus dem sie beide nacheinander dreimal tranken. Dann wurden kostbare goldene Kronen gebracht, die der amtierende Priester vor sie hielt und die dann von den Trauzeugen über ihren Köpfen gehalten wurden. Die beiden Vettern bekamen davon sehr schnell müde Arme und mußten die Hand wechseln. Der Priester mit seiner prachtvollen Baßstimme intonierte eine lange, schön klingende Liturgie, doch er kürzte die Hymnen unvermittelt auf ein scharfes Nicken von Prinz Michail hin ab. Nikkis Vater hatte Alisa scharf beobachtet und bemerkt, daß sie leicht erblaßt war.
Die Gebete wurden ebenfalls gekürzt, und nach der Aussegnung verkündete die tiefe Stimme des russisch-orthodoxen Priesters, daß sie nun vor dem Angesicht Gottes verheiratet seien.
Alisa klammerte sich an Nikkis Arm, als sie die Kapelle verließen. Sie fühlte sich von dem engen kleinen Raum voller Menschen und dem schweren Duft der Blumen einer Ohnmacht nahe. Nikki hatte in den vergangenen zwei Tagen mit ihr keine zwei Sätze gewechselt, denn trotz seiner Bemühungen, die herrischen Befehle seines Vaters zu befolgen, nagte ungeheure Wut an ihm.
Rational erkannte Nikki, daß Alisa ebensosehr ein Opfer dieser Farce war wie er, vielleicht sogar noch mehr, denn sie war zusätzlich mit einem
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