Drei Wünsche hast du frei: Roman (German Edition)
umarrangiert worden. Der Gehweg ist voller Zigarettenkippen, und der Teich ist gesäumt von Trauerweiden und graffitibedeckten Mülltonnen. In der Mitte des Parks erhebt sich auf einem kleinen Hügel eine einzelne Eiche, hoch und stolz tasten sich ihre Zweige in den Sternenhimmel hinein. Sie ist genau wie die Bäume in Caliban – sie werden größer, aber niemals alt . Ich schlurfe auf die Eiche zu und lasse mich zwischen den bemoosten Wurzeln auf die Erde fallen.
Es gibt keine Sterne in Caliban. Auch keine Wolken. Es gibt die Sonne und den Mond, aber niemals Regen oder Schnee, Blitze oder Sterne. In Caliban gibt es nicht einmal sehr viel Nacht – einfach nur Sonnenuntergänge, die zu Sonnenaufgängen und neuen Tagen werden. Es gibt Parks wie diesen hier, wenn auch ohne Schimpfworte aus Klebebuchstaben, und es gibt Häuser wie das meiner Herrin, allerdings ohne grauenhaft rosa Zimmer. In der Stadt stehen Wolkenkratzer, doch es existieren weder Autos noch Smog. Tausende von Dschinn, aber kein Unglauben und keine Wut.
Ich muss nach Hause gehen. Wie ertragen es die Menschen nur, auf der Erde zu leben, festgekettet durch die Sterblichkeit ihrer eigenen Körper? Die Sehnsucht nach Caliban flutet über mich hinweg, erfüllt meine Gliedmaßen und meine Adern, bis ich das Gefühl habe, unter dem Druck zu explodieren.
Ich muss wieder nach Hause.
3
Viola
I m Kunstsaal ist es kalt. Der alte Steinboden ist mit Papierschnipseln und Paraffinsplittern bedeckt. An den Wänden entlang ziehen sich Herdplatten und Spülbecken – vor langer Zeit war hier mal der hauswirtschaftliche Fachraum, aber das war, bevor man an meiner Schule zu dem Schluss gekommen ist, dass es sexistisch ist, Schülerinnen das Kochen beizubringen. Ich nehme nicht an, dass es sehr wichtig ist – stattdessen hat man den Kunstsaal hier untergebracht, und ich kann so oder so nicht kochen. Es ist halb sieben an einem Freitagmorgen, im Schulgebäude ist es also fast vollkommen still bis auf das leise Wischgeräusch, mit dem der Hausmeister ein paar Gänge weiter die Fußböden wachst. Im Gang hinter mir ruft ein Lehrer einem seiner Kollegen etwas zu, und ich fahre bei dem Geräusch der Stimme zusammen. Sich Sorgen zu machen, weil jeden Moment ein Dschinn auftauchen könnte, ist nicht gut für die Nerven. Für meine Nachtruhe war es auch nicht gerade förderlich – ich habe letzte Nacht vielleicht eine Stunde geschlafen. Höchstens .
Schluss jetzt. Vergiss ihn. Vergiss das mit den Wünschen. Denk einfach ans Malen.
Ich stelle mehrere Staffeleien auf und hole die Bilder heraus, die ich für die bevorstehende Ausstellung der Kunst-AG vorgesehen habe. Das Ausstellungsthema, das sie uns für dieses Jahr vorgegeben haben, lautet Landschaften , und ich komme einfach nicht über das Gefühl weg, dass meine Berglandschaften noch ein paar Bäume brauchen könnten oder … irgendwas jedenfalls. Als ich einen Schritt zurücktrete, wandert mein Blick zum anderen Ende des Raums und zu den dort aufgebauten Staffeleien hinüber – Ollie Marquez’ Bildern.
Ich bin eifersüchtig, ich geb’s ja zu. Ich habe für die Ausstellung Sümpfe, Wüsten und Berge gemalt. Sie sind ganz in Ordnung, aber etwas Besonderes sind sie nicht. Ollies Bilder sind viel einfallsreicher – sie zeigen Schlafzimmer im Gebirge, Esszimmer unter Wasser und Fernseher an den Ufern eingeschneiter Seen. Ich stehe auf und gehe zu den Werken hinüber. Ollie hat mit Rot, Pink und Neonorange gemalt. Ich habe Olivgrün und stumpfe Farben verwendet, weil ich geglaubt habe, meine Bilder würden dann mehr nach echten, natürlichen Landschaften aussehen. Immer, wenn ich versuche, mutiger zu sein, und Farben wie Ollies verwende, kommen mir die Bilder verkrampft und billig vor, wie Imitationen eines Originals von Ollie Marquez.
Es hat nichts zu bedeuten, dass Ollie und ich fast immer die gleichen Preise gewinnen und in den gleichen Kunstklassen sitzen. Ollie ist die Künstlerin . Tatsächlich hat sie selbst etwas von einem Gemälde, einem aus irgendeinem Präsentationsraum in Manhattan importierten Kunstwerk, makellos bis hin zu den Kreolen in den Ohren und den Schals im Haar.
Und sie malt mit Neonorange.
Und sie ist mit Aaron Moor zusammen. Sie sind König und Königin unserer königlichen Familie. Auch Ollie gehört zu diesen attraktiven Menschen, die überall dazugehören, die mühelos zwischen den anderen Gruppen umherschweben, die sie anbeten.
Ich streiche mit der Hand über die Farben; sie
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