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Drei Wünsche

Drei Wünsche

Titel: Drei Wünsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker , Andrea Offermann
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Zweifel. Die Tasche war leer. Der kleine, hübsch bestickte und gut zu verschließende Beutel war weg. Mit ihm alles Geld, das sie besessen hatte.

      
    adam Augusta war im Herrmanns’schen Haus am Neuen Wandrahm geboren und aufgewachsen. Nach ihrem langen Leben in der dänischen Hauptstadt vor einem Jahrzehnt hierher zurückgekehrt, hoffte sie, auch hier zu sterben. Am liebsten nicht so bald und halbwegs gemütlich in ihrem Bett – wer wünschte sich das nicht?! Die Vorstellung, wie der alte Kütering während einer stürmischen Kutschfahrt über Land mit einer schweren Kolik das letzte Stündlein zu erfahren, erschien ihr nicht nur höchst unangenehm, sondern absurd. Andererseits wäre sie in einer Kutsche nicht allein. Eine Dame, erst recht eine betagte, fuhr niemals allein irgendwohin, schon gar nicht über Land. Blieb die Frage, ob sie in ihrer letzten Stunde auf Erden überhaupt Gesellschaft haben wollte. Wahrscheinlich ja, aber welche?
    Ihr fielen gleich zwei oder drei Menschen ein, die sie dann keinesfalls … an der Stelle angekommen, hatte sie gelacht, zugegeben, ein wenig angestrengt, und sich töricht geschimpft. Gleichwohl wusste sie, es war nicht töricht. Sie war eine alte Frau, sie verstand ihr Leben zu genießen, aber sie war dem, was das Schicksal für sie bereithielt, nie ausgewichen. Sie hatte sich allerdings hin und wieder gewünscht, es sei leichter, sich selbst zu belügen.
    Es musste am nahenden Weihnachtsfest liegen, das machte immer gut verpackte Erinnerungen lebendig und stimmte sie rührseliger, als es ihr lieb war. So hatte sie den großen Kerzenleuchter genommen und war die Treppe hinaufgestiegen, hoffend, niemand werde ihr begegnen und Fragen stellen.
    Sie war lange nicht mehr hier oben gewesen, tatsächlich seit Annekes Tod. Die Dienstbotenräume waren kein Terrain für die Herrschaft. Das Haus war groß, eine ganze Reihe von Räumen wurde nur gebraucht, wenn auswärtige Gäste mitsamt ihrer Bedienung unterzubringen waren. So musste Annekes Zimmer nicht gleich geräumt werden, wie es sonst notwendig gewesen wäre. Aus dem «nicht gleich» waren nun zwei Jahre geworden.
    Vielleicht wäre es doch schön, wieder eine eigene Zofe zu haben. Sie lächelte bei dem Gedanken, das Wörtchen «Zofe» erschien ihr gar zu adelig und lächerlich, aber es war erst recht lächerlich, eine erwachsene Frau, eine so alte wie es Anneke gewesen war, als «Mädchen» zu bezeichnen.
    Augusta drückte die Klinke herunter, noch ein wenig atemlos. An den Treppen spürte sie ihr Alter deutlich, wie gut, dass diese enge Stiege zu den Dienstbotenräumen nicht zu ihrem täglichen Weg gehörte. Anneke war kein einfaches Dienstmädchen gewesen, sie hatte wie sonst nur die Köchin ein Zimmer für sich allein gehabt. Obwohl von bescheidener Größe, hatte es ein gutes Fenster, und es war wohnlich eingerichtet. Jetzt war es kalt und roch muffig; obwohl es draußen fast dunkel war, öffnete Augusta das Fenster, der Luftzug ließ die Flammen ihres Leuchters sanft flackern. Sie hatte gedacht, sie werde sich hier oben schlecht fühlen, in die Trauer zurückkehren, die Annekes Tod bedeutet hatte, aber als sie sich in den mit braunem Samt bezogenen Sessel setzte, den Blick auf das kleine Aquarell von Kopenhagens Hafen gerichtet, auf das schmale Bett darunter, spürte ihr Herz tiefen Frieden.

      
    in kleiner Garten nur? Dann macht man einfach kurze Reihen.» Anders Gödekes Stimme klang ein bisschen fahrig, er schob seine Tütchen hin und her, griff in den ihm am nächsten stehenden Korb und zog noch zwei heraus, steckte eine zurück, fand zwei neue. Endlich sah er seine Kundin an, vorsichtig, als könnte sie sich wie ein Trugbild in ein Nichts auflösen, was nur daran lag, dass er Elsi nicht genug kannte. Er wusste nicht, dass sie einmal Entschiedenes stets mit Beharrlichkeit verfolgte. Heute hatte sie beschlossen, die drei Schritte zum Stand gegenüber zu gehen und einfach ein paar Minuten zu plaudern. Leider hatte sie feststellen müssen, dass es ihr dort anders als sonst ungemein schwerfiel, einfach draufloszuschwatzen. So hatte sie zu einem Hilfsmittel gegriffen.
    Dass Männer sich vor allem für ihr eigenes Metier interessieren, wusste sie, seit sie laufen konnte, und es war ihr schon oft dienlich gewesen. Also wollte sie Anders Gödeke nach seiner Ware fragen und, wenn es sich so ergab, das eine oder andere Gärtnergeheimnis erklären lassen. Schon hatte er nach Größe und Beschaffenheit ihres Gartens gefragt.

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