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Drei Wünsche

Drei Wünsche

Titel: Drei Wünsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker , Andrea Offermann
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besonders geschmückten und beleuchteten Räumen auch besonders kostbare Ware anboten. So ersparten sie sich selbst die Standgebühr, viel Arbeit und Verluste durch Diebereien, die in der schummerigen und ob des ewigen Gedränges unübersichtlichen Domkirche alltäglich waren, ihrer betuchten Kundschaft ersparten sie unredliche Händler, die Begegnung mit dem Pöbel und der Meute geschickter Taschendiebe. Reiche Leute besuchten den Markt im Dom wegen des Trubels und der Jahrmarktsvergnügen, um den Kindern Zuckerwerk und Spielzeug zu kaufen, vielleicht auch die Geschenke für die Dienstboten, Wertvolles kaufte man zumeist in den sicheren und vertrauten Läden.
    Theda bog in den Jungfernstieg ein, überquerte zwischen Fußgängern, Karren und Fuhrwerken, Kutschen und Reitern die breite Straße entlang der Binnenalster und lehnte sich auf ein Geländer am Ufer. Es hatte lange nicht geregnet, die Straßen waren halbwegs passierbar, aber es war kalt, der Wind wehte scharf über das Wasser. Es kümmerte sie nicht, nur das Hündchen drückte sich zitternd und mit anklagendem Blick in ihre Röcke. Wie immer, wenn ihr Weg sie hier vorbeiführte, genoss sie den Blick über den See bis zum Lombardhaus und zur alten Holländermühle und zwischen den beiden weit aus der Stadt über den Alstersee. Das gab ihr ein Gefühl von Freiheit, von Weite, wie sie es von früher gewohnt war. Weites Land. Frische Luft. Hoher Himmel. Heute genoss sie den Blick weitaus weniger, was nur daran liegen konnte, dass das weite Land ihrer Erinnerung nun auch ihre Zukunft war, dass zwar das Land immer noch weit, ihr Leben dort hingegen eng sein würde. Ehrbar, unbedingt. Und erstickend eng. Nichts wünschte sie in diesem Moment so heiß, so sehnsüchtig, wie hierzubleiben, eine Anstellung zu haben, die ihr neben dem Lohn auch ein Zuhause wurde, dafür geachtet zu werden, vielleicht sogar gemocht.
    Man bekommt nicht immer, was man sich wünscht, dachte sie vernünftig, und sah zwei Mädchen mit alten Gesichtern und in schmuddeligen, geflickten Kleidern nach, die vorbeieilenden Männern eindeutige Avancen machten und rasch in der Menge der Passanten untertauchten, als zwei streng blickende Uniformierte näher kamen. Anderen geht es schlecht, mir nicht.
    Auch entlang des Jungfernstieges gab es Läden für teure Waren, ob Perücken aus feinstem Haar und nach neuester Mode frisiert, Hüte und anderen Kopfputz aus Paris, Schuhe und seidene Strümpfe, schmückendes Beiwerk, Borten und Knöpfe, echte Juwelen oder kostbar gekleidete Puppen aus London, prächtig gebundene und bebilderte Bücher, auch lehrreiche für neugierige Kinder, Kupferstiche, etliche koloriert. Die Händler für Mode- und Galanteriewaren machten jedoch die besten Geschäfte, auch die Verkäufer exquisiter Genüsse wie Käse aus der Schweiz, geräucherte Gänsebrüste aus Pommern, Elixiere für das Wohlbefinden, insbesondere nach schweren Mahlzeiten, hörten dieser Tage von früh bis spät die Münzen in ihrer Kasse klingeln.
    Theda blickte durch die Glasscheiben der Türen, zweimal gewährte ein Fenster Einblick, und entschied schnell, hier werde man sie nur verächtlich behandeln, gar argwöhnen, sie habe ihren Silberschatz gestohlen.
    «Komm, Hündchen», murmelte sie, drehte sich um und lief eilig, damit ihr warm werde und der Mut nicht abhandenkomme, über die Reesendammbrücke und zu St. Petri hinauf, bog in die nächste Straße und stand schon vor dem eigenen Portal des Schappendoms. Die Posaunenbläser waren noch nicht da, doch schon einiges Volk.
    Schnell fand sie einen Händler, der auch Goldschmiedwaren verkaufte. Er drehte das für Theda so kostbare Silberherz hin und her, zog die Mundwinkel nach unten, verwies auf zwei Beulen, die allerdings nur er wahrnahm, auf den Geruch, die schlechte Legierung – nun, die Dose sei recht hübsch, doch von geringem Wert. Was er ihr bot, war deprimierend, es reichte nicht einmal für die Kutsche bis Bremen.
    Bevor Theda entscheiden konnte, was nun zu tun sei, hörte sie ungeduldiges Räuspern, eine Hand legte sich schwer auf ihre Schulter, und als sie empört herumfuhr, blickte sie in ein griesgrämiges Gesicht, das alles andere als unsittliche Absichten zeigte.
    «Hunde sind hier verboten», blaffte der Mann. Er war von Kopf bis Fuß schwarz gekleidet, sein ehemals weißes Hemd gelblich und stockfleckig, der fadenscheinige Rock an den Ärmeln voller Staub. Seine dunkle Perücke sah aus, als brauche sie dringend einen Kamm, sein Gesicht mit

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