Drei Wünsche
Was sollte ein schlaues Mädchen da tun?
Sie hatte mit Fragen nach Gemüse begonnen, und er hatte weiße Türkische Bohnen empfohlen, die brachten schon bei wenigen Pflanzen gute Ernte, und Gelben Savoyer Kohl.
«Salat», erklärte er weiter und nun schon eifrig, «ist immer gut. Blutroter Hanauer gedeiht auch bei uns leicht und schmeckt würzig, die Sommer-Endivie auch, ein bisschen bitterlich, was manche besonders gern mögen, aber …»
Ein schadenfrohes Lachen unterbrach ihn . «Guck mal, Anton», rief Mieke, die Buchbinderin, «guck dir das mal an. Deine Elsi macht sich an den hübschen Einarmigen ran. Du stiehlst dem Gödeke nur die Zeit, Elsi», rief sie, «du hast doch gar keinen Garten. Oder nennst du die drei Töpfe in euerm Hinterhof etwa ’n Garten?»
Elsi wurde blass, nicht vor Schwäche, sondern vor Zorn. Trotzdem wäre sie gerne in den Erdboden versunken. Oder hätte der Buchbinderin ihren Leim über den Kopf geschüttet. Anton Schaffer fasste seine Tochter hart am Arm und zerrte sie die drei Schritte durch den Gang zurück zu ihrem Stand. Er sagte nichts, er schnaubte nur, was wenig Gutes verhieß.
er Morgen des 23. Dezember war grau, und Theda fror, als sie erwachte. Es dämmerte erst, und ihr Federbett war halb heruntergerutscht. Sie hatte unruhig geschlafen, nicht tief genug, um die Schrecken des gestrigen Abends zu vergessen. Bevor sie sich wieder in die wärmende Decke hüllte, schürte sie die Glut im Küchenfeuer und legte Torf auf. Schon nach diesen wenigen Tagen hatte sie sich daran gewöhnt, faul zu sein, langsam zu gehen und zu handeln, nicht mehr zuerst daran zu denken, welche Pflicht umgehend erledigt werden musste, wer oder was auf sie wartete. Niemand wartete, das war schwer und leicht zugleich. Heute Morgen schwer, weil sie ihre Sorgen allzu gern geteilt hätte.
Am Fußende unter dem Federbett hatte sich inzwischen das Hündchen zusammengerollt und begrüßte sie mit einem seiner seltsamen Laute. Natürlich gehörte ein Hund nicht in ein Bett, nicht einmal in der Abseite hinter einer fremden Küche, aber die Wärme des lebendigen kleinen Körpers im weichen Fell war ein großer Trost. Trotz der Müdigkeit nach dieser unruhigen Nacht war Theda nun hellwach, die Bilder des vergangenen Abends standen vor ihr wie ein Menetekel an der Wand.
Der Schlachter auf dem Hopfenmarkt hatte ihren Schrecken bemerkt und auf ihre gestotterte Erklärung, man habe sie bestohlen, einen mitleidigen Sonderpreis gemacht. Ein paar Pfennige und Schillinge hatten noch in ihrem Muff gesteckt, sie hatte damit bezahlt, verwirrt, vor Schreck und ohne nachzudenken. Sonst hätte das Hündchen hungrig bleiben müssen. Zugleich hatte sie erleichtert festgestellt, der Schlüssel zur Wohnung der Reimanns war noch da, gut verwahrt im Taschenfach des Muffs. Hätte sie doch auch den Geldbeutel dort verwahrt!
Endlich schob sie das harte Kissen in den Rücken und besah, was sie am Abend auf den Schemel neben dem Bett gelegt hatte, um zu überlegen, was sie davon verkaufen könnte. Es musste mindestens bis nach Weihnachten, möglichst bis zum Ende des Monats und einige Tage über den Jahreswechsel reichen – vorher fuhr keine Kutsche nach Ostfriesland – und natürlich für das Billett. Falls sie nur eine Kutsche bekam, die unterwegs über Nacht an Gasthöfen Station machte, musste es auch dafür reichen.
Da war niemand in der Stadt, den sie um Geld bitten konnte, niemand, der ihr vertraut genug war. Außerdem neigte sie von jeher dazu, niemandem zur Last zu fallen und nur auf sich selbst zu vertrauen. Der Gedanke, es könne jemandem Freude machen, ihr zu helfen, existierte in ihrer Welt nicht.
Es gab keinen Grund, mit dem Schicksal zu rechten, sie trug ganz allein die Schuld. Zuerst war sie nicht, wie es sich gehört hätte und erwartet wurde, gleich zurück nach Aurich gefahren, sondern hatte sich frech in einer fremden, ihr ausschließlich zur gelegentlichen Aufsicht anvertrauten Wohnung eingenistet. Dann war sie so leichtfertig gewesen, Punsch zu trinken, und als der sie erhitzt hatte, den Kapuzenumhang abzunehmen und über den Arm zu legen, ohne darauf zu achten, die eingenähte Tasche nach innen zu schlagen.
Fast alles, was zu verkaufen war, hatte Theda schon nach Friedrichs Tod verkauft, drei Dinge waren übrig geblieben, weil sie sich nicht von ihnen trennen konnte. Nun würde sie es müssen, wenn sie nicht auf den Straßen betteln wollte, was nur dazu führen würde, dass die Weddeknechte und
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