Drei Wunder zum Glück (German Edition)
bevor sie zum Bus rannte.
Hazel verspürte ein winziges Zupfen um die Herzgegend und fragte sich kurz, ob sie ihn je wiedersehen würde, diesen Märchenprinzen, der plötzlich aufgetaucht war und ihren Tag gerettet hatte. Aber das zerknitterte Papierstück in ihrer Hand erinnerte sie daran, weshalb sie hier war. Sie war kurz davor, das zu finden, wonach sie so lange gesucht hatte.
Ihre Mutter war nur noch eine Busfahrt entfernt.
7
»Da sind wir schon.«
Nachdem sie, wie ihr vorkam, meilenweit eine holprige Straße entlanggefahren waren, wurde der Bus langsamer und hielt schließlich an. Der Fahrer, ein gutgelaunter Mann mit roter Schirmmütze, drückte auf den Türöffner, und Hazel trat hinaus auf einen Schotterweg.
»Dort entlang«, erklärte der Fahrer und deutete über Hazels Schulter auf eine große Wiese. Hinter hohen grünen Klippen war schon das Meer zu sehen, tiefblau mit rollenden weißen Schaumkronen. »Wenn du im Wasser landest, bist du zu weit gegangen.«
Hazel bedankte sich und blieb weiter stehen, während der Kleinbus über den Schotterweg zurückfuhr. Sie ging los, unter ihren Füßen knirschten Lagen voller zerkrümelter Muscheln, in deren Überresten noch ein blasses Purpur leuchtete.
Das einstöckige Haus stand am Rand der Wiese. Überdachte Wege verbanden die verschiedenen Bereiche, und runde Kuppeln ragten zwischen dem mit weißen Zedernschindeln gedeckten Dach hervor. Hazel stand am Eingang und zupfte die inzwischen schon sehr klebrige Seide von ihrem Körper. Sie holte tief Luft und wollte schon klopfen, als sie ein Geräusch hinter sich hörte. Es klang, als ob eine Tür zufiel. Während sie noch lauschte, drang sanfte klassische Musik an ihr Ohr, unterbrochen vom rollenden Rhythmus der Wellen in der Ferne.
Hazel trat wieder auf den Weg und folgte der Geigenmusik. Der Geruch von frisch gemähtem Gras vermischte sich mit der salzigen Seeluft, und Hazel betrachtete staunend die sanften Hügel, den gepflegten Garten und genoss den wunderbaren Blick auf die leichte Brandung. Am Rande der Klippen entdeckte sie ein gemütliches Holzhaus und ging darauf zu.
Ein scharfer Stich durchfuhr sie. Es war der schönste Ort, den sie je gesehen hatte. Und es hätte ihr Zuhause sein können. Es hätte ihr Zuhause sein sollen . Wenn ihre Mutter sie nicht weggegeben hätte.
Die Fliegengittertür zum Haus stand leicht offen, und Hazel spähte hinein. Es war nur ein einziger Raum, mit dunklen Holzpaneelen und einem riesigen Fenster in der Form eines Steuerrads, durch das man den Horizont sehen konnte. Die Wände waren mit bunt bemalten Leinwänden bedeckt, manche gerahmt, manche halbfertig, weitere befanden sich aneinandergelehnt am Boden.
Eine Frau stand in der gegenüberliegenden Ecke des Raumes an einer Staffelei am Fenster. Sie war groß und dünn, mit breiten Schultern und langem blonden Haar, das in Wellen ihren Rücken hinabfiel. Die Arme vor sich verschränkt, wippte sie ganz leicht auf den Fußsohlen und starrte auf die leere Leinwand, als warte sie darauf, dass die ihr sagte, wo sie anfangen solle.
Hazel stand immer noch draußen vor der Tür, die wachsende Aufregung und Begeisterung verdrängten jegliche negativen Gedanken. Auch wenn sie Rosannas Foto nicht gesehen hätte, hätte sie gewusst, dass dies die Frau war, die sie ihr ganzes Leben lang hatte kennenlernen wollen. Allein in ihrer Nähe zu sein, löste bei Hazel ein unglaubliches Gefühl von Wärme und Zufriedenheit aus. Sie hatte Angst, auch nur ein Wort zu sagen. Sie hatte Angst, irgendetwas zu tun, was dieses Gefühl vertreiben könnte.
»Ich kann dich hören, Buster«, rief Rosanna, ohne sich umzudrehen. Hazel holte tief Luft, um etwas zu sagen. Doch dann drehte Rosanna sich um und senkte ihre hochgezogenen Brauen wieder, als sie Hazel an der Tür bemerkte.
»Ach du meine Güte, ich dachte, es wäre der Hund«, sagte Rosanna lachend und ließ den Pinsel sinken. Sie hatte einen übergroßen, honigfarbenen Sweater über den Schultern liegen, dessen weite Ärmel herabhingen wie Flügel, und eine dunkle, enge Jeans, die über ihren gebräunten Füßen zweimal umgekrempelt war.
»Komm doch herein«, fügte sie lächelnd hinzu, und Hazel erkannte sofort die perfekte Reihe glänzend weißer Zähne. »Was kann ich für dich tun?«
Hazel zog die Tür auf und machte einen vorsichtigen Schritt hinein. »Hallo«, sagte sie und strich ihr Haar hinter die Ohren. »Ich wollte nur … Ich habe Ihre Anzeige gesehen. In der Stadt. Und
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