Drei Wunder zum Glück (German Edition)
sah Rosanna in die Augen.
»Wunderbar.« Rosanna lächelte. »Wohnst du hier auf der Insel? Bist du mit deiner Familie da?«
Hazel schüttelte schnell den Kopf und blickte auf den rotbraunen Holzboden. Die Absurdität der Situation traf sie plötzlich mit voller Wucht. Sie kannte keinen Menschen auf der Insel und besaß keinen einzigen Cent. Was dachte sie sich nur? Was hatte Posey sich nur dabei gedacht, sie ohne Erklärung, ohne Kontakte und ohne Geld quer durchs Land zu schicken?
»Nein«, sagte sie schließlich. »Meine Eltern sind auf Reisen. In Europa. Ich bin ganz alleine hier.«
Hazel hielt die Luft an und hatte zu viel Angst, um aufzusehen. Es war das erste Mal in ihrem Leben, dass sie die Worte meine Eltern laut ausgesprochen hatte, und als sie so ungeschickt aus ihrem Mund kamen, hatte sie fast Angst, sie könnten irgendeinen Alarm auslösen. Falsch! Nicht möglich! Existieren nicht!
Doch wenn ein Alarm losgegangen war, konnte nur Hazel ihn hören. Rosanna hatte Hazels Zögern bemerkt und zuckte mit den Schultern. »Kein Problem«, antwortete sie und nahm freundlich ihren Arm. »Wir haben jede Menge Platz im Gästehaus. Nichts Besonderes, aber Jaime – unsere Haushälterin – hat es sich dort ganz gemütlich gemacht.«
Rosanna ging durch die Tür, legte die Hände wie einen Trichter um den Mund und stieß einen lauten Pfiff aus. Kurz darauf rannte ein kräftiger schwarzer Labrador durch eine Baumgruppe auf sie zu, bremste hechelnd vor ihr ab und scharrte begeistert im Gras.
»Buster, hier haben wir …« Rosanna hielt inne und drehte sich zu Hazel um. »Ich habe dich noch nicht einmal nach deinem Namen gefragt«, sagte sie und schüttelte über sich selbst den Kopf. »Typisch Rosanna.«
»Kein Problem.« Hazel lächelte. »Ich heiße Hazel.«
Rosanna nickte und hakte sich bei Hazel unter. Zusammen gingen sie den Pfad neben dem Haus entlang, die Brandung schlug unter ihnen gegen den Sandstrand.
»Tja, Hazel«, sagte Rosanna und fiel mit ihr in einen Gleichschritt, während sie mit dem anderen Arm eine ausholende Bewegung machte. »Willkommen in deinem neuen Zuhause.«
8
Hazel saß auf ihrem neuen Bett, in ihrem neuen Zimmer, mit Papiertüten voller »neuer« Kleidung zu ihren Füßen.
Eigentlich sollte sie die Tüten auspacken. Die Geschichte, die sie Rosanna erzählt hatte, dass ihr Gepäck beim Flug verlorengegangen sei, hatte beinahe echt geklungen, und Hazel konnte gar nicht fassen, wie schnell sie eine komplette neue Garderobe zur Verfügung hatte. Und nicht einfach irgendeine Garderobe, nein! Stapelweise leicht abgetragene Jeans und weiche Baumwolltops, von denen Rosanna behauptet hatte, sie hätte sie sowieso in die Altkleidersammlung geben wollen.
Hazel kippte eine Tüte auf das Bett und sah den Stapel bequem aussehender Sweater durch. Jeder von ihnen war etwas, was Rosanna getragen hatte. Es war abgelegte Kleidung ihrer Mutter! Zum ersten Mal in ihrem Leben besaß Hazel abgelegte Kleidung aus der Familie.
Und zum ersten Mal hatte sie eine Mutter.
Hazel lächelte, ihr Herz war voll, als sie aus dem hohen Fenster des Schlafzimmers sah. Das Gästehaus war eine kleine, aber sehr geschmackvoll gestaltete Hütte, die oben auf dem Hügel stand und von der aus man einen Blick in den Garten hatte. An der Decke waren dunkle Holzbalken, und dicke weiße Paneele waren an den Wänden zusammengefügt wie ein Puzzle aus Laubsägearbeiten. Rosanna hatte mit Hazel einen schnellen Rundgang durch Küche und Nebenräume gemacht und ihr versichert, dass sie sich alles aus dem Kühlschrank nehmen könne, was sie brauche. Hazel hatte Rosanna durch die offene Tür nachgesehen, als sie zurück über die Wiese in ihr Studio ging, und konnte immer noch nicht ganz glauben, dass all das Wirklichkeit war.
Jetzt blickte Hazel von den Pullis auf ihrem Bett auf. Das Gästehaus hatte nur ein einziges Schlafzimmer, das Hazel mit der Haushälterin teilen würde. Rosanna hatte nicht viel über Hazels neue Zimmergenossin gesagt, außer dass sie einen Teilzeitjob in der Stadt hatte und jede Minute nach Hause kommen musste.
Das Zimmer sah kaum so aus, als wohnte jemand hier. Es gab keine gerahmten Fotos, keine Poster an den Wänden. Hazel öffnete und schloss vorsichtig ein paar der obersten Kommodenschubladen und betrachtete die ordentlichen Stöße von Shorts und Hosen. Selbst der Schrank, in den Hazel Poseys Kleider gehängt hatte, erinnerte an den eines Hotels. Die meisten Kleiderbügel waren leer, bis auf einen
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