Drei Wunder zum Glück (German Edition)
Bademantel und ein einziges weißes Sommerkleid, das ganz an der Seite hing.
Die einzige persönliche Note war ein farbenfroher Patchwork-Quilt, der ordentlich zusammengefaltet am Fuße des anderen Bettes lag. Hazel blieb davor stehen und strich darüber, prüfte den verblassten, weichen und etwas abgenutzten Stoff zwischen ihren Fingern.
»Stör ich?«
Hazel zuckte zusammen und drehte sich um. Ein Mädchen stand an der Tür. Sie war relativ klein und hatte langes, dunkles Haar, das auf ihre Schultern fiel, und tiefliegende Augen, die jetzt wütend zusammengekniffen waren. Hätte sie nicht einen Stift im Mundwinkel geklemmt gehabt, so hätte Hazel sie wahrscheinlich gar nicht gleich erkannt.
»Regel Nummer eins«, murrte das Mädchen, nachdem sie den Stift aus dem Mund genommen, sich an Hazel vorbeigedrängt und ihr den Quilt aus der Hand gerissen hatte. »Meine Sachen, sind meine Sachen , nicht deine ! Das heißt, rühr sie nicht an!«
Hazel machte einen Schritt zurück und stieß mit den Kniekehlen gegen ihren Bettrahmen. Sie ließ sich schwer auf die Matratze fallen und sah zu, wie das Mädchen die Decke mit zackigen, entschiedenen Bewegungen neu faltete. Das Mädchen konnte nicht größer als einen Meter fünfzig sein, und Hazel fragte sich, wie so viel Schärfe und Ungeduld in einer so kleinen Person stecken konnten.
»Entschuldigung«, murmelte Hazel, sobald ihr klarwurde, dass das Mädchen nichts weiter sagen würde. »Ich bin … ich bin Hazel, ich bin …«
»Eistee. Ich erinnere mich«, erwiderte das Mädchen schnippisch, während sie zum Schrank ging und ein gefaltetes Handtuch aus einem der oberen Fächer zog. »Ich bin Jaime.«
Hazel blickte schnell weg, als Jaime ihr Cups ’N’ Cones T-Shirt auszog. »Ich glaub es einfach nicht«, sagte Jaime, als spräche sie mit sich selbst. »Rosanna sagt immer, sie stellt jemanden ein, aber sie macht es eigentlich nie.«
Aus den Augenwinkeln sah Hazel, wie Jaime sich aus ihren knielangen Jeans schälte und in ein Handtuch wickelte. »Also, was ist mit dir?«, fragte Jaime. »Weggelaufen? Du siehst nicht wie eine Obdachlose aus.«
Hazel biss sich in die Innenseite ihrer Wangen und merkte, wie ihre Augenbrauen sich zusammenzogen. »Obdachlos?«, wiederholte sie, und ihre Stimme war fest, wenn auch leicht defensiv. »Wie kommst du auf die Idee, ich könnte obdachlos sein?«
Hazel hasste Mädchen wie dieses. An den acht unterschiedlichen Schulen, die zu besuchen sie bisher das Vergnügen gehabt hatte, hatte sie schon einige von ihnen getroffen: zähe, biestige Mädels, die Missachtung ausstrahlten und auf alles eine schlagfertige Antwort wussten. Um genau zu sein, war sie selbst oft genug für so eine gehalten worden. Doch Hazel war überzeugt, dass jeder Mensch, der wirklich unglücklich war, es normalerweise zu verbergen suchte.
»Rosanna nimmt nur Leute auf, die Hilfe brauchen«, sagte Jaime zu einer hohen Kommode. Sie zog ein Paar weiße Sportsocken und blaue Baumwollunterwäsche heraus und knüllte sie zusammen.
Hazel rutschte verlegen auf dem Bett hin und her, und die Sprungfedern quietschten.
»Okay, du brauchst mir auch gar nichts zu erzählen«, seufzte Jaime und knallte die Schublade zu. »Wir haben ja wohl noch genügend Zeit, um Geheimnisse auszutauschen. Du schnarchst doch nicht etwa, oder?« Jaime blieb an der Tür stehen und drehte sich zu Hazel, ihre Augen blickten kühl und stahlhart.
»Nein«, antwortete Hazel ebenso kühl. Die Vorstellung, dass sie und Jaime Geheimnisse austauschten, hätte sie fast zum Lachen gebracht. »Du?«
Jaime hob einen Mundwinkel zu einem angedeuteten Lächeln, während sie sich wieder zum Flur drehte. »Ich zeig dir die Umgebung, wenn ich fertig bin«, rief sie aus dem Badezimmer. Sie schlug die Tür zu, und einen Moment später war das gedämpfte Plätschern des Wasserstrahls zu hören. Hazel rieb sich die Stirn und seufzte, während sie sich zu dem Kleiderstapel auf ihrem Bett drehte. Sie wusste, sie sollte weiter auspacken und einräumen, doch ihre Augen brannten und ihr ganzer Körper schmerzte. Sie schwang ihre Beine hoch, neben die Tüten, lehnte sich gegen die Wand und blickte aus dem Fenster zum Haupthaus hinüber. Weiches gelbliches Licht fiel aus den Fenstern, und Hazel versuchte, sich Rosanna darin vorzustellen.
Ihre Gedanken wanderten weiter, und sie malte sich aus, wie es wohl wäre, im Haupthaus zu wohnen statt hier draußen mit Jaime, die darauf aus schien, ihre gemeinsame Zeit so
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