Drei Wunder zum Glück (German Edition)
Verkehrspolizist heftig mit dem Arm wedelte und sie über den Zebrastreifen winkte.
»Geht’s vielleicht heute noch, Prinzessin?«
Hazel erwachte aus ihrer Trance und sah, dass sie die Einzige war, die noch am Randstein stand. Sie wollte sich bewegen, aber es ging einfach nicht. Poseys Mitteilung befand sich zerknittert in ihrer Hand, und sie umklammerte sie mit aller Kraft, als wäre es das Einzige, was sie aufrecht hielt.
Atmen, befahl Hazel sich. Einfach weiteratmen!
Sie drehte sich um und warf noch einen Blick zur Fähre, deren Ladeklappen offen standen wie ein riesiges Maul, das nun die langen Reihen von Autos und Passagieren verschlang. Sie wusste, das Schiff würde sie nicht zurück nach Kalifornien bringen, trotzdem wäre sie am liebsten zurück an Bord gegangen.
Atmen, erinnerte sie sich wieder. Sie sah zum Verkehrspolizisten, der ihr einen genervten Blick zuwarf und mit dem Fuß ungeduldig auf das Pflaster tippte. Sie hatte keine Ahnung, wohin sie gehen sollte, aber sie konnte ja nicht ewig am Randstein stehen bleiben.
Während Hazel dem gepflasterten Gehweg in die Stadt folgte, sah sie sich vorsichtig in der Gegend um. Zu ihrer Linken befand sich eine große Rasenfläche, umgeben von farbenfrohen viktorianischen Häusern. Zu ihrer Rechten, entlang des Wassers, erstreckte sich eine Reihe von Pensionen, deren gemalte BELEGT-Schilder in der leichten Brise schaukelten.
Hazel ging an Ständern mit Ansichtskarten und Schlüsselanhängern vorbei, an Imbissbuden mit Muscheln und Pizza, in deren Umkreis die Luft vom schweren Geruch nach heißem Fett erfüllt war. Vor ihr blinkte ein Neonschild auf: SPIELHALLE, und das Klappern eines Flipperautomaten drang durch die Fenster im ersten Stock.
Hazel ging weiter, bis der Gehsteig abrupt vor einem mit Schindeln gedeckten Gebäude endete, das die Form eines alten Zirkuszeltes hatte. Blecherne Musik drang heraus, und durch die schrägen Fenster konnte Hazel verschwommen ein Karussell fahren sehen. Die Jahrmarktmusik kam ihr plötzlich irgendwie merkwürdig vor, und Hazel merkte, dass sie Angst hatte. Was war das nur für ein Ort? Wie kam sie hierher? Und was sollte sie jetzt tun?
Sie wusste nicht einmal, wie spät es war. Ihre Uhr blinkte schon seit sie auf der Fähre aufgewacht war in horizontalen Linien, als hätte sie eine Fehlfunktion. Es kam Hazel vor wie später Vormittag, aber auf ihr Zeitgefühl konnte sie sich hier sowieso nicht verlassen.
Achtzehn Jahre in der Vergangenheit.
Hazel knurrte der Magen, und dieses vertraute Gefühl war beinahe ein Trost. Sie hatte seit Mittag des vergangenen Tages nichts mehr gegessen. Erleichtert, wenigstens irgendeinen Plan zu haben, drehte sie sich vom Hafen weg und schaute in eine der Seitenstraßen. Ihr Blick fiel auf die Großbuchstaben eines Schildes: MARTHA’S CUPS ’N’ CONES.
Es war noch zeitig für Eiscreme, aber offenbar war es ihre einzige Option. Nach allem, was sie bisher erlebt hatte, schien Eiscreme zum Frühstück nicht der merkwürdigste Teil ihres Tages zu sein.
Hazel holte tief Luft und betrat das Café, in dem bereits großer Andrang herrschte. Eine gekühlte Glastheke mit jeder vorstellbaren Geschmacksrichtung von Eiscreme nahm eine Seite des Raums ein, darauf standen Schalen voller farbenfroher Garnierungen. An den Wänden zeigten Karikaturen die verschiedenen Größen und Preise an und priesen besondere Eisbecher mit Namen wie »Dickerchens Wonne«. Der süße, verlockende Duft von hausgemachten Waffeln und frisch geschlagener Sahne erfüllte den Raum.
Eine umhertollende Horde Kinder in identischen orangefarbenen T-Shirts, die anscheinend in einem Zeltlager hier Ferien machten, bewarf sich über einen langen Tisch, auf dem völliges Chaos herrschte, mit zusammengeknüllten Servietten. Hazel schätzte die Kinder auf ungefähr acht oder neun … was bedeutete, dass sie in der Zukunft um so viel älter als Hazel selbst sein würden. Bei diesem Gedanken bekam sie ein merkwürdiges Gefühl im Bauch. Ob man wohl merkte, dass sie irgendwie anders war?
Eine Frau kam an ihr vorbei, ihr blondes Haar war zu einem hohen Pferdeschwanz zusammengebunden. Sie schob einen Kinderwagen mit einem rotblonden Zwillingspärchen, deren feine Locken von der Hitze feucht waren. Als sie mit ihnen zur Tür fuhr, streckte eines der Mädchen seine klebrige Hand aus, fasste Hazels Kleid und zupfte spielerisch daran.
»Violet!«, schalt die Frau, schob die Hand des Mädchens zur Seite und drehte sich mit einem verlegenen
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