Drei Wunder zum Glück (German Edition)
ungemütlich wie möglich zu machen. Doch sie war nicht hier, um Freundschaften zu schließen, erinnerte sich Hazel selbst. Sie war hier, um ihre Mutter kennenzulernen.
Ihre Lider wurden schwer, und sie rollte sich zusammen, Haarsträhnen fielen ihr ins Gesicht. Es würde nicht schaden, sich einen Moment auszuruhen, nur bis Jaime aus der Dusche kam. Nur eine Minute, und vielleicht konnten sie dann von vorne anfangen. Vielleicht sah nach einer Dusche und einem kleinen Nickerchen alles ganz anders aus.
9
»Raus aus den Federn, Langschläferin!«
Hazel öffnete blinzelnd die Augen, als Jaime die Vorhänge zurückzog und das schwache Sonnenlicht hereinließ. Hazel drehte sich um, so dass ihr Gesicht zur Wand blickte. In ihrem Hinterkopf machte sich ein leichtes Pochen bemerkbar. Einige Momente starrte sie die Holzpaneele an, dann erst erinnerte sie sich, wo sie war.
»Nachdem dir schlafen wichtiger war als meine Führung, werden wir sie wohl jetzt machen müssen.« Jaime stand am Fuß von Hazels Bett, drehte eine Handvoll ihres kräftigen, dunklen Haars und stieß wie gestern einen Stift hindurch.
Hazel blickte an sich hinab und stellte fest, dass sie immer noch Rosannas gelbes Shirt und die Jeans trug. Sie stützte sich auf die Ellbogen und blinzelte, während Jaime ein Sweatshirt aus einer Schublade zog. Auch wenn es Ende Juni war, spürte Hazel eine frische Morgenbrise durch das Fenster hereinwehen. »Wie spät ist es denn?«, fragte sie gepresst und wischte sich rasch über die Mundwinkel, um etwaige Sabberspuren zu beseitigen.
»Das hier sind keine Ferien, Blondie«, fuhr Jaime sie an, zog den Reißverschluss ihres marineblauen Sweatshirts zu und ging zur Tür. »Du befindest dich jetzt in meiner Welt, und da steht ›Bis mittags Pennen‹ nicht auf dem Stundenplan. Wir treffen uns in fünf Minuten draußen.«
Sie warf Hazel ein aufgesetztes Lächeln zu und schloss die Tür hinter sich.
Hazel ließ sich wieder zurück aufs Bett fallen. Vor nicht einmal vierundzwanzig Stunden war sie in San Francisco unterwegs gewesen, wo alles vertraut war und Sinn machte. Jetzt war sie an einem ganz anderen Ort, in einer ganz anderen Zeit und teilte das Zimmer mit einem Mädchen, bei dem die Beschreibung ganz anders zur Untertreibung des Jahres wurde.
Hazel warf die Decke zurück, wechselte die Jeans und zog ein abgetragenes geknöpftes Shirt an. Der Stoff war weich auf ihrer Haut und roch leicht nach Sonnencreme. Hazel vergrub ihr Gesicht im Kragen und atmete den Geruch ihrer Mutter so tief ein, wie sie nur konnte. Im Badezimmer wusch sie sich das Gesicht und betrachtete ihr Spiegelbild. Aus lauter Gewohnheit blickte sie hoch in die Ecke, wo sie zu Hause Wendys Foto hängen hatte, und fragte sich unwillkürlich, was Roy wohl jetzt machte. Würde er sich schon Sorgen machen? Hatte er überhaupt bemerkt, dass sie fort war?
Hazel trocknete sich Gesicht und Hände ab und eilte hinaus. Jaime hatte auf der Treppe zur Veranda gesessen, stand jedoch auf und ging direkt los, als Hazel herauskam.
Hazel beeilte sich, ihr zu folgen. Das Grundstück sah in der Morgensonne noch eindrucksvoller aus als am Vortag, grün und üppig und praktisch wie das pralle Leben selbst. Die kühle Luft roch süß, und das Gras war noch feucht vom Tau.
Hazel folgte Jaime hinauf zum Haupthaus und durch die massive Haustür.
Innen war das Haus elegant und schlicht gestaltet. Ein antiker Kronleuchter begrüßte sie im großen Foyer, und Hazel blickte in das offene Wohnzimmer, das ganz in Weiß gehalten war, mit einem massiven gemauerten Kamin und einer Fensterfront, die die Weite des Ozeans und des Himmels hereinholte.
Am Ende eines schmalen Flurs wurde eine Tür geöffnet, und ein Mann kam auf sie zu.
»Morgen, Jaime«, grüßte er. Sein zimtfarbenes Haar war zerzaust, und er hatte den leicht benommenen Blick von jemandem, der stundenlang auf einen Computerbildschirm gestarrt hatte.
»Hi Billy«, sagte Jaime und trat zur Seite, um ihn vorbeigehen zu lassen. »Das ist Hazel«, fügte sie zögernd hinzu. »Sie arbeitet jetzt wohl hier.«
Jaime drehte sich um, ging weiter und ließ Hazel mit Billy im Foyer stehen. Billy streckte seine Hand aus, und während Hazel sie ergriff, hatte sie Schwierigkeiten, ihm in die Augen zu sehen. Ein merkwürdiges Gefühl hatte sich bereits in ihrem Magen ausgebreitet. Das war der Mann von der Veranstaltung im Ferry Building . Der Mann, der allein an der Bar gestanden und traurig in seinen Drink gestarrt hatte.
Weitere Kostenlose Bücher