Drei Wunder zum Glück (German Edition)
ihren Ärmel gedrückt, denn die Worte waren gedämpft. Hazel blieb stehen und drehte sich um. »Hast du etwas gesagt?«, fragte sie und hoffte fast, sie hätte es sich nur eingebildet.
Jaime hob den Kopf und sah sie wieder an. Ihre Augen waren weit aufgerissen und blickten starr, und ihre Schultern hoben sich, als sie tief Luft holte. »Wenn du es irgendjemandem erzählst, bring ich dich um«, sagte sie. »Das ist kein Scherz. Ich weiß, wo du schläfst.«
Hazel nickte. Sie merkte, wie ihre Augen brannten, weil sie so lange nicht blinzelte. »Okay«, sagte sie schließlich. »Was ist es?«
Jaime sah an Hazel vorbei zum Wasser. Ihre Augen spiegelten das reflektierte Mondlicht im Teich, und ihre Haut sah zart und glatt aus. In dieser Stille und in dem Licht gab es keinen Zweifel: Jaime war sehr hübsch.
Sie holte noch einmal tief Luft und sah dann zurück zu Hazel.
»Ich bin nicht durcheinander, weil ich wegziehen muss. Ich bin nicht einmal wegen Rosanna durcheinander. Ich bin nicht durcheinander «, erklärte sie. »Ich bin schwanger.«
13
»Warte hier«, sagte Jaime. »Wenn ich nicht bald etwas esse, breche ich zusammen.«
Hazel stand vor dem Fährhaus und sah leicht benommen zu, wie die Autos von der Fähre herunter aufs Festland fuhren. Am Vorabend hatte sie mit Jaime vereinbart, mit ihr in die Klinik zu gehen. Dabei war ihr nicht klar gewesen, dass das bedeutete, sich praktisch einen ganzen Tag freizunehmen, in die Stadt zu fahren, wo sie noch eine Fähre nehmen mussten, um dann noch einmal ewig an einer Bushaltestelle zu warten.
Jaime kam mit einem Müsliriegel vom Automaten zurück und ließ sich auf die Holzbank fallen. »Ich glaube es einfach nicht, dass ich mich von dir dazu habe überreden lassen.«
Hazel verdrehte die Augen. »Du kannst dich nicht nur auf einen Schnelltest aus der Apotheke verlassen«, sagte sie. Nicht, dass sie wirklich groß Ahnung von diesen Dingen hatte, aber nach ein paar Fernsehfilmen und einem ziemlich unangenehmen halben Jahr Wahlkurs »Gesundheitsvorsorge und menschlicher Körper« schien es doch wichtig, sich in einer solchen Situation ärztlich untersuchen zu lassen. »Und wenn du dich nicht in eine Klinik auf der Insel traust …«
»Ich hab dir schon gesagt, dass das nichts mit trauen zu tun hat«, zischte Jaime. »Ich will einfach nicht dorthin. Die Sekretärin kenne ich aus der Schule, und die Krankenschwester ist Mauras Stiefmutter.«
Hazel stieß mit der Fußspitze in den staubigen Boden. Es war ein wunderbarer Tag, und das Wasser glitzerte in der Sonne. Fast kam es ihr surreal vor, dass sie angeboten hatte, diese Fahrt mit Jaime zu machen. Aber letztlich hatte sie auch gar keine Wahl gehabt. Wenn Jaime jemand anderen hätte fragen können, hätte sie das sicher getan. Hazel bildete sich nicht ein, dass sie Jaimes Lieblingsbegleitung war.
Endlich kam der Bus. Jaime setzte sich auf einen der vorderen Plätze und lehnte sich gegen das Fenster. Hazel sah zu, wie sie einen ziemlich mitgenommenen Discman herausholte – sie selbst konnte sich kaum an die Zeit erinnern, bevor es iPods gab – und die klobigen schwarzen Kopfhörer aufsetzte. Hazel ließ sich auf einen leeren Platz auf der anderen Seite des Gangs fallen.
Einerseits war Hazel erleichtert, dass sie sich nicht unterhalten musste, andererseits hatte sie jede Menge Fragen. Wie hatte das passieren können? Wer war der Vater? War es der Freund, den Emmett erwähnt hatte? Warum hatte Hazel ihn noch nie gesehen?
Hazel blickte aus dem Fenster und stemmte sich in ihren Sitz, als der Bus scharf um die Ecke des Parkplatzes fuhr. Was machte sie eigentlich hier? Sie war wohl kaum in der Lage, irgendeine Art von Rat zu geben – um den Jaime sie eh nicht bitten würde. Hazel hatte in ihrem Leben nur einmal einen Jungen geküsst: Max, der in der Nachbarschaft in San Francisco gewohnt hatte. Er hatte sie immer eingeladen, mit ihm Videospiele zu machen, wenn seine Eltern bei der Arbeit waren. Der Kuss war eine einmalige Angelegenheit gewesen und hatte kaum mehr als eine Sekunde gedauert. Danach war sie Max aus dem Weg gegangen und hatte jedes Mal einen Umweg um den Block gemacht, um nicht an seinem Haus vorbei zu müssen, und das war’s dann.
Hazel seufzte. Da war sie nun auf der anderen Seite des Landes und in der Vergangenheit aufgewacht, mit der Gelegenheit, ihre Mutter kennenzulernen. Und jetzt saß sie hier bei Jaime, der einzigen Person, der sie seit ihrer Ankunft auf der Insel aus dem Weg gegangen war.
Es
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