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Drei Zeichen sind ein Wort - Band 1

Titel: Drei Zeichen sind ein Wort - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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also«, fährt er dann fort, »war irgendwann an Isabelle gekommen. Die Dinge – ich sage dir gleich, welche – an ihre Brüder. Es war so bestimmt, dass sie ausschließlich in männlicher Hand sein durften, doch nie in einer allein. Und nur die wissende Frau konnte sie zum Ganzen fügen.«
    »Ich verstehe gar nichts«, sagt Leonie.
    »Warte, alles wird dir klar werden.« Wieder lächelt er, und Leonie spürt, wie sehr er sich Mühe gibt, die Geduld zu bewahren; sein Werben um ihr Interesse. »Als wir, Isabelle und ich, uns kennenlernten und unsterblich ineinander verliebten, Leonie, das war vor mehr als fünfundfünfzig Jahren. Damals lebte die Familie Laskère einträchtig im Grenzland zwischen Frankreich und Deutschland, im Elsass, beiden Ländern geistig verbunden. Isabelle war die schönste Frau der Welt – für mich ist sie das noch heute! –, eine wahre jüdische Prinzessin, und sie hatte drei Brüder. Sie waren die Hüter von den drei Dingen, auf die ich noch zu sprechen komme. Entscheidenden Dingen.«
    Er wirft Leonie einen Seitenblick zu. Sie sitzt jetzt entspannter als vorher, langsam fängt die Geschichte offensichtlich doch an, sie in ihren Bann zu ziehen.
    »Und dann begann der erste der unseligen Kriege zwischen dem Deutschen Reich und La France, der Krieg von 1870/71, und die Familie Laskère brach auseinander, als würde sie in Stücke gerissen. Jeder der drei Brüder nämlich hatte eine andere politische Auffassung und vertrat sie mit aller Heftigkeit. Der eine, dein Urgroßvater, ging mit seiner Familie nach Deutschland, nach Berlin. Das Deutsche hatte ihm immer mehr am Herzen gelegen als das Französische.Der zweite der Brüder war ein wilder junger Mann voller Leidenschaft, der für Gerechtigkeit glühte. Er ging nach Spanien, um mit den Basken, die dort leben, für ihre Rechte zu kämpfen. Der dritte schließlich wollte überhaupt nichts mehr von Europa und seinen Kämpfen und Krämpfen wissen. Er ging zunächst nach Konstantinopel, in die Türkei, wohin bereits einmal Laskères ausgewandert waren, wie ich dir schon erzählt habe. Er lebte dort bei seinen Verwandten und gründete, wie es heißt, ein Handelshaus. Isabelle aber blieb zurück und war verzweifelt.«
    Drei Brüder. Das ist wie in Sagen und Märchen, denkt Leonie.
    »Warum war sie so verzweifelt? Es passiert doch nun mal, dass Familien auseinanderbrechen, oder?«, fragt sie, dreht sich das erste Mal zu Gaston. »Sie hatte doch dich?«
    Der alte Mann nickt ihr zu. »Ja. Sie hatte mich. Aber es geschieht selten, dass sich jüdische Familien derart entzweien. Die Sippen halten zusammen; das muss so sein, wenn man in einer feindlichen Umwelt am Leben bleiben will.
    Jedoch für Isabelles Verzweifl ung gab es noch einen anderen Grund. Die drei hatten, jeder für sich, etwas in ihrem Gepäck, was eigentlich zusammengehörte. Das, was immer die Männer gehütet hatten, wie gesagt – aber die Anwendung kannten nur die Frauen. Kannte Isabelle. Drei Dinge. Die drei Zeichen.« –
    Leonie spürt: Nun kommt wieder etwas, das diese ganze Familiensaga umkippen lässt in die Bereiche, denen sie gerade entfl iehen will. Erneut legt sich ihr ein Ring von Beklemmung und banger Erwartung um die Brust. Und nun muss sie wohl doch nachfragen. Sie sieht ja, dass der alte Mann förmlich darauf wartet.
    »Was für drei Zeichen?«
    Gaston atmet tief ein und sagt genau das, was sie erwartet hat: »Jetzt geht es wieder zu den Mythen. Hör einfach mit offenen Ohren zu. Ohne Vorbehalte. Wie wenn dir jemand eine Legende erzählt.«
    Leonie nickt. Sie hat sich von ihrem Hut getrennt; er liegt nicht mehr auf ihrem Schoß, sondern neben ihr auf der harten Bank. »Es geht um diesen Golem. Du musst nicht zusammenzucken.
    Hör einfach zu. Um ihn zum Leben zu erwecken, sagen die Kabbalisten, müssen auf seiner Stirn drei Buchstaben eingesetzt werden. Drei Buchstaben, die in den Zeiten der Vertreibung aus Spanien hierher überliefert wurden. Sie sind ... sie waren im Besitz der Familie Lasker.«
    »Buchstaben? Wie denn?«
    »Jawohl, Buchstaben. Buchstaben im Hebräischen sind anders als in unseren europäischen Sprachen, Kind. Das hat mir alles Isabelle beigebracht. Dass diese Buchstaben auch Zahlenwerte haben, hast du ja schon gehört, aber davon später mehr. Das Lamed zum Beispiel, der Buchstabe, mit dem der Name Lasker anfängt, hat zugleich den Wert von dreißig.
    Um den Menschen aus Lehm, den Golem, zum Leben zu erwecken, wenn man ihn denn geschaffen hat, müssen

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